Verknappen, Verlieren und Verteuern

Titelbild: © WESTOCK – stock.adobe.com

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Wenn Deutschland Wohlstand verliert, gewinnen ihn andere

Verlierer Familie

Hier kommt der Bericht eines Familienvaters. Er bewohnt mit Frau und zwei Kindern ein gemietetes Einfamilienhaus aus den 1980er-Jahren. Von 2013 bis 2020 zahlte er jährlich rund 1.500 EUR für Erdgas. 2021 waren es 2.200 EUR. Für 2022 rechnet er derzeit mit 6.500 EUR.

Die Zahlen transportieren nicht die Gedanken des Mannes, die Ängste und den zerknirschten Unmut der Familie. Aber sie lassen ahnen, in welcher Breite gerade über Generationen erarbeiteter Wohlstand in der Mitte der Gesellschaft vernichtet wird aufgrund von Entscheidungen der Politik.

Sparen an Wärme im Winter ist an Haut, Körper und Seele zu spürender Verlust von Wohlstand. Dazu kommt der Wohlstandsverlust durch gestiegene Geldaufwendungen für Energie. Geld ist aufgespeicherte Arbeit und Lebenszeit, die hier in der Breite der Bevölkerung unwiederbringlich verloren gehen.

Durch Erfindergeist, Ingenieurskunst und Tatkraft haben unsere Vorfahren und wir uns den Zugang zu günstiger Energie erarbeitet, sogar in unserem rohstoffarmen Land. Durch solche Energie können oder konnten wir und unsere Kinder ein modernes und produktives Leben führen, mit steigender Lebenserwartung bei guter Gesundheit, mit Fortschritten in Wissenschaft und Forschung.

All das ist nun gefährdet. Auch das Staatsgebilde kann auf die schiefe Ebene geraten. Der private Konsum wird zurückgehen, gleichzeitig werden Produkte aufgrund der gestiegenen Energiepreise teurer. Da der Verbrauch geringer werden wird, braucht es weniger Investitionen. In der Folge gehen die Steuereinnahmen zurück, und der Staat bekommt bald Schwierigkeiten, seinen größten Einzeletat „Arbeit und Soziales” weiter zu finanzieren.

Während Familien aus der Mittelschicht angesichts hoher Gasrechnungen verärgert ihre Konten plündern und womöglich an Ersparnisse gehen müssen, könnten dann auch jene unruhig werden, die von Politik und einigen Medien mit abschätzigem Unterton als „Prekariat” bezeichnet werden. Die Verzichtsromantiker würden in dem Fall unversehens ein überraschend energiegeladenes Treffen mit der Realität der Energiearmut erleben.

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Gewinner Buffett

Bereits letzten Mittwoch wiesen wir im Smart Investor Weekly auf Warren Buffetts Einstieg bei Occidental Petroleum hin. Während Deutschland sich selbst den Zugang zu billiger Energie kappt, hatten Investor Buffett und alle, die es ihm nachmachten, in den letzten Tagen eine Menge Spaß mit der amerikanischen Öl-Aktie, die seit unserem Mittwochshinweis bis gestern ein Plus von 16% erreichte.

Warren Buffett kann nun in die Vollen gehen. Die Regulierungsbehörde hat zugestimmt, dass der erfolgreichste Investor aller Zeiten bis zu 50% der Occidental-Aktien kaufen darf für sein ebenfalls börsennotiertes Anlageunternehmen Berkshire Hathaway. Occidental Petroleum hält die größte Position an dem ertragreichsten nordamerikanischen Ölfeld und erwirtschaftet enorme Cash-Beträge für seine Shareholder. Buffett, das ist bekannt, liebt solche einfachen Geschäftsmodelle.

Gewinner BYD

BYD ist Chinas größter Hersteller von elektrisch angetriebenen Autos. BYD hat ein erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich und die Aussichten sind bestens. Chinas Kommunistische Partei unterstützt das Unternehmen und die Kunden stehen Schlange, um ein BYD-Vehikel kaufen zu dürfen. Die Investmentbanker von Goldman Sachs erwarten, dass BYDs Anteil am chinesischen E-Automarkt von 26% im ersten Quartal 2022 steigen wird auf 36% im nächsten Jahr und 45% im Jahr 2025.

Das Geheimnis von BYDs Erfolg ist, dass der Konzern die entscheidenden Teile seiner E-Autos selbst produziert: die Batterien, Motoren und die meisten Halbleiter. So vermeidet BYD Lieferschwierigkeiten und kann Innovationszyklen verkürzen. Auch hier ist Warren Buffett aufgetaucht. Er hat sich bereits bei BYD eingekauft. Der Mann besitzt einfach ein Näschen fürs Geschäft.

Tankschiffe gesucht

Erst Pipeline sperren, dann Flüssiggas-Tankschiffe suchen. So geht vorausschauende Energiepolitik in Deutschland. Zurzeit ist weltweit wohl nur noch ein einziger Flüssiggastanker frei buchbar und zwar für den asiatischen Raum – und auch das erst frühestens in zwei Monaten. Das sagt Jason Feer, und der Mann sollte es wissen. Er ist Chef der Business Intelligence von Poten & Partners, einem spezialisierten Schiffsbroker. Sein Kollege Toby Copson, Chef Trading and Advisory bei Trident LNG, Shanghai, reibt sich die Hände: „Gerade bieten sich Europa und Asien gegenseitig in die Höhe.”

Die Experten erwarten keine Entspannung der Charterlage bei LNG-Schiffen, da gerade viele Staaten versuchen, ihre Flüssiggaslager für die Wintersaison zu füllen und dafür die speziellen Tankschiffe brauchen. Allerdings hat Deutschland auch noch gar keine Hafenanlagen, an welchen die nicht verfügbaren Gastanker anlegen könnten, um ihr Flüssiggas zu entladen, zu erwärmen und ins Netz einzuspeisen. Insofern passt in der Energiepolitik Deutschlands doch wieder alles zusammen.

Steaks werden billiger

Immer wieder kann überraschen, wie effektiv am Markt das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage vermittels des Preises funktioniert. Der Markt scheint oft ein geradezu perfekt selbstregulierendes kybernetisches System zu sein. So käme wahrscheinlich kein Planer auf die Idee, dass hochwertiges Rindfleisch im derzeitigen Inflationsumfeld für den Verbraucher eher preisgünstiger wird. Vormals billiges Hackfleisch jedoch im Preis anzieht. Genau das passiert gerade an vielen Orten in den USA. Supermärkte überbieten sich mit Sonderangeboten für Steaks.

Der Grund: Über Monate stiegen die Nahrungsmittelpreise wegen immer höheren Produktions- und Transportkosten. Darauf reagierten Verbraucher. Sie sparten und verzichteten, vor allem auf Luxusprodukte wie teure Fleischstücke.

Händler aber wollen ihr Premiumfleisch trotzdem verkaufen und senken daher dessen Preise. Während das stärker nachgefragte Billigfleisch teurer wird sind die Rindfleischpreise in den USA im Vergleich zum Vorjahr aktuell durchschnittlich um 0,7% gefallen.

Der Anstieg der US-Inflation verlangsamte sich im Juli leicht, die Spritpreise fielen sogar. Der Fed-Chef Jerome Powell, wird über all diese ökonomischen Daten im Bilde sein. Er will sich am kommenden Freitag während eines Symposiums in Jackson Hole, Wyoming, zur Wirtschaftslage äußern. Die Börsianer werden genau zuhören. Am spannendsten ist natürlich die Frage, wie es mit den Zinserhöhungen beim Dollar weitergeht.

Der Euro schwächelt

Das ist nun keine Überraschung, sondern eine Folge der faktischen Schwachwährungspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Der Wechselkurs des Euros sinkt in dieser Woche erneut unter die Parität zum US-Dollar. Seit März hob die US-Notenbank Fed angesichts der starken Inflation den Leitzins für den Dollar auf mittlerweile 2,5% an. Die Inflation in Europa ist ähnlich hoch wie in den USA, doch die EZB zögert die an sich nötigen Zinsanhebungen hinaus, da diese die Spannungen innerhalb des Euro-Systems weiter verschärfen würden und dessen Ende heraufbeschwören könnten.

Immerhin tastete sich die EZB im Juli mit einem 0,5%-Minizinsschritt vor, viel zu wenig, um die Inflation zu bremsen. Die internationalen Märkte werten den Euro nun gegenüber dem Dollar weiter ab. Es kann der Beginn eines langen Abstiegs sein, denn der EZB sind die Hände weiter gebunden und die Politik scheint mit jedem weiteren Schritt die Probleme eher zu verschlimmern als zu lösen – Energiekrise, wachsende Staatsschulden, auseinanderdriftende Volkswirtschaften, etc.

Smart Investor 9/2022 – „Zukunft“

Mehr zu den extrem negativen Perspektiven des Euro – lesen Sie auch im brandneuen Smart Investor 9/2022, der zum Wochenende erscheint. In unserer Titelstory „Zukunft – Der Blick ins Ungewisse“ beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit einem Phänomen, das uns zwar alle betrifft, aber nur schwer zu greifen ist. Oftmals werden in die Zukunft auch nur die Hoffnungen und Ängste der Gegenwart projiziert, was dann gerne Prognose genannt wird. In dieser Ausgabe gehen wir einen anderen Weg: Wir verlängern nicht die vorhandenen Trends, sondern halten explizit nach möglichen Trend- und Strukturbrüchen sowie hell- bis dunkelgrauen Schwänen Ausschau. In der aktuellen Situation sind ESG-Investments etwas in den Hintergrund getreten, allerdings steckt hinter dem Thema so viel politischer Wille, dass es durchaus wieder relevant werden dürfte. Wir berichten, worauf man bei Investments in diesem Bereich achten sollte. Das und vieles mehr im neuen Smart Investor 9/2022, der allerdings erst in der Zukunft bei Ihnen sein wird, genauer gesagt, am kommenden Wochenende.

Gazprom – Sommerloch

Wenig Neuigkeiten in der Frage der Gazprom-ADRs. Zwar gibt es zwei neue SdK-Newsletter – die Nummern 14 und 15 vom 18.8.2022 –, diese beziehen sich aber auf die Papiere von Evraz, für die Computershare seine Dienstleistungen eingestellt hat. Neu ist auch eine Videobotschaft von Andreas Männicke von EastStockTV, in dem der ausgewiesene Osteuropa-Experte für die Gazprom-ADRs ebenfalls auf den Weg über die kasachische Freedom Finance verweist. Wir hatten darüber in der letzten Ausgabe dieses Newsletters bereits berichtet. Das wird nach Stand der Dinge auch für uns der wahrscheinlichste Weg sein. In der nächsten Ausgabe werden wir darüber noch einmal berichten. Ein Depot sollte man sich dort schon einmal einrichten.


Zu den Märkten

Fast punktgenau nach der letzten Ausgabe brach der DAX aus seiner bearishen Keilformation nach unten aus. Auch wenn sich der Markt in den beiden letzten Sitzungen etwas stabilisiert hat, spricht damit technisch einiges für weiter fallende Kurse. Auch die 200-Tage-Linie verläuft weiter oberhalb des aktuellen Kursgeschehens und bleibt stark abwärtsgerichtet. Mit diesen negativen Vorgaben wäre nun ein Test der Tiefs von Anfang März bzw. Anfang Juli möglich, wenn nicht wahrscheinlich. Auch fundamental würde leider vieles zu dem Negativszenario passen. Wie schlecht die Lage ist und welche Verschlechterungen noch anstehen, darüber informieren wir ausführlich im neuen Smart Investor 9/2022. Positiv ist allein, dass die Stimmung im Moment schon sehr schlecht ist, und die Negativszenarien für Herbst/Winter 2022/23 bereits breit in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Es ist also gut möglich, dass bereits einiges davon in den Kursen enthalten ist. Gegen ein solches, bereits erfolgtes Einpreisen sprechen die luftigen Höhen, in denen sich der DAX noch immer bewegt. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass der DAX in Euro notiert wird, einer Währung, deren innerer (Inflation!) und äußerer Wert (Wechselkursverfall) in den letzten Monaten massiv nachgegeben hat.


Heißer September

Bereits am 3. September 2022, also in gut einer Woche, macht die Metallorum-Roadshow – Wissen sichert Vermögen in der Inselhalle Lindau unter dem Motto „Droht der Finanzkollaps?“ den Auftakt der herbstlichen Veranstaltungsreihe. Mit von der Partie ist unter anderem der Bestsellerautor Ernst Wolff. Die Teilnehmer haben im Rahmen der Roadshow auch die Gelegenheit sich persönlich mit den anwesenden Experten auszutauschen. Nähere Informationen finden Sie auf https://metallorum-events.de/.

Zehn Tage später, am 13.9., findet zum 19. Mal das SRC Forum Financials & Real Estate 2022 in Frankfurt am Main statt. Auch dieses Jahr wird sich eine Vielzahl namhafter Unternehmen des Immobilien- und Private Equity Bereichs aus dem deutschen Sprachraum präsentieren. Nähere Informationen finden Sie auf der Website des Veranstalters.

Doch mit dem September sind die spannenden Anlegertagungen noch lange nicht beendet. Demnächst werden wir an dieser Stelle über weitere interessante Formate im Oktober berichten.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über die neuesten Transaktionen und über die Entwicklung in unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Wenn es um die wirtschaftliche Zukunft geht, scheinen zwei Verlierer schon heute festzustehen, die Menschen und Unternehmen in Deutschland. Ohne drastische Kurskorrekturen in der aktuellen Politik, die aber nicht absehbar sind, wird sich daran auch erst einmal nichts ändern.

Frank Sauerland, Ralph Malisch

Smart Investor 08/2022:

Titelstory: Deutschlands Niedergang

Growth: Wachstumssektor vor Comeback?

Infrastruktur: Risikoarme Investments mit Rendite

Wasserstoff: Technologie mit guten Aussichten

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