„Fading Facebook“

Titelbild: © krutenyuk – stock.adobe.com

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Tage des Missvergnügens für Facebook-Aktionäre

Serie von Tiefschlägen

Die Serie der Tiefschläge für Facebook begann mit einem historisch zu nennenden Kurssturz der Meta-Aktie von 26%, als am Donnerstag letzter Woche die Quartalszahlen des Social-Media-Giganten veröffentlicht werden. Bekanntlich wurde das Unternehmen, das vielen noch als Facebook geläufig ist, auf Wunsch des Gründers Mark Zuckerberg in Meta umbenannt. Am Freitag erholte sich der Kurs nur wenig, auch das ein schlechtes Zeichen. Am Montag wurde dann eine Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC vom 2. Februar bekannt: Meta werde „wahrscheinlich eine Reihe unserer wichtigsten Produkte und Dienstleistungen, einschließlich Facebook und Instagram, in Europa nicht anbieten können”, falls kein rechtlich sicherer Weg gefunden werde für die Übertragung jener Personendaten in die USA, die Facebook in Europa sammelt. Boom! An der Wallstreet verlor die Meta-Aktie weitere 5%.

Freidenker nimmt sich frei

Am gestrigen Dienstag ging es noch einmal 2% bergab: Peter Thiel, der 54jährige Freidenker und Facebook-Fan der ersten Stunde, plant das Facebook/Meta Board of Company zu verlassen — so lautete die Mitteilung des Konzerns. Milliardär Thiel gehört dem Board seit 2005 an, ist einer der ersten großen Facebook-Investoren, der Zuckerberg damals 500.000 USD anvertraute und dafür rund 10% der Firmenanteile übernahm. Thiel will sich künftig stärker darauf konzentrieren, Kandidaten in der Politik zu unterstützen, welche der Agenda des früheren US-Präsidenten Donald Trump nahestehen. So sagte es ein Thiel-Vertrauter am Dienstag. Trump plant, mit Truth Social einen Social-Media-Dienst aufzuziehen, der teilweise auch als Konkurrenzprojekt zu Facebook und Twitter begriffen wird. Der Start von Truth Social, ursprünglich wohl für Februar angedacht, verzögert sich. Offensichtlich hat Trumps Truth Social noch Unterstützungsbedarf.

Vier Gründe hinter dem Kursrutsch

Charttechnisch hat die Meta-Platforms-Aktie inzwischen sogar ihren langfristigen Aufwärtstrend seit dem Jahr 2012 erreicht und angekratzt. Erst langsam zeigt sich erste Gegenwehr auf den Abverkauf bis in diesen wichtigen Bereich. Blickt man tiefer, lassen sich nicht weniger als vier wesentliche fundamentale Grüde für Facebooks augenblickliche Kursschwierigkeiten finden:

Erstens, Facebook verliert Nutzer

Allein im letzten Quartal verlor die Kernmarke Facebook eine halbe Million Nutzer. Das können die geringen Zuwächse der zum Konzern gehörenden Social-Media-Dienste Instagram, Messenger und WhatsApp nicht auffangen..

Zweitens, das Lieblingsprojekt „Metaverse“ verschlingt Milliarden

Zuckerberg glaubt an das nächste große Ding, das „Metaverse“ – seine Anleger aber anscheinend weniger. Ein tolles Produkt, mit dem der Benutzer jedoch dämlich aussieht, ist letztlich vielleicht doch kein so tolles Produkt. Beispiele aus der Geschichte gibt es genug: Segway, Ford Edsel, Google Glass, etc. Zuckerberg investierte im vergangenen Jahr laut Berichten atemberaubende 10 Mrd. USD in sein neues Lieblingsprojekt. Dabei ist das Metaverse eine virtuelle Realität, die erst noch entstehen soll, und in die man nur eintauchen kann, wenn man sich eine spezielle Brille aufsetzt. Eine Brille, die für manche Analysten aussieht wie ein Backstein, einen Durchsichtfaktor hat wie ein Backstein und gefühlt auch so schwer ist wie ein Backstein. Bewegen kann man sich in der zusammenfantasierten Metaverse-Welt nach bisher bekanntgewordenen Berichten nur, indem man in der realen Welt skurril anmutende Körperverrenkungen vollführt – wohlgemerkt mit vorgeschnalltem Gesichtsbackstein. Der eine oder andere Metaverser mag befürchten, dabei eine dämliche Figur abzugeben – dämlicher noch als auf einem Segway, in einem Edsel oder mit einer Google Glass.

Drittens, Google knabbert an Facebooks Kuchen

Facebook sammelt in seiner Ursprungs- und Hauptanwendung Datenspuren auf, welche die Nutzer hinterlassen, um damit passgenaue Werbung Dritter einzublenden, welche sich Facebook gut bezahlen lässt. Google macht es ähnlich mit seiner Suchmaschine und seinem Browser Chrome. Nur: Googles Sammelbasis ist breiter und dehnt sich noch aus: So hat Google mit Apple einen Deal gemacht und ist nun in Apples Safari-Browser die voreingestellte Suchmaschine. Zuckerberg fehlt nicht nur solch ein Deal, ihm fehlt auch eine Suchmaschine, ein Handybetriebssystem sowieso — und es wird noch übler:

Viertens, „Apples Move“

Teile der Internet-Reklame-Industrie seien zu einem System von Verfolgern und Hausierern geworden, die auf das schnelle Geld aus sind. Diese Meinung vertrat Apple-Boss Tim Cook letztes Jahr – und er ließ Taten folgen: iPhone-Nutzer haben jetzt die Möglichkeit, der externen Datenverfolgung und -nutzung auf ihren Handys zu widersprechen. Der Marketing-Move „Meine Daten gehören mir” ist ein voller Erfolg. Die Mehrheit der iPhone-Käufer will ein möglichst privates Handy und keine Reklameschleuder in der Hand halten, verrammelt also mit schnellem Klick den Datenausgang der Facebook-App. Das ist besonders bitter für Facebook, denn dort fehlen die Daten der überdurchschnittlich kaufkraftstarken Apple-Nutzer für zielgenaue und bestens bezahlte Werbeplatzverkäufe.

Eine Erholung des Meta-Platforms-Kurses ist nach den heftigen Abgaben zwar vorstellbar. Die mittelfristigen Aussichten des Unternehmens scheinen derzeit jedoch so zu sein, dass sich Meta als Investitionskandidat für ebenso rendite- wie sicherheitsbewusste Anleger erst einmal hinten anstellen muss. „Fading Facebook“ („verblassendes Facebook“) oder „maues Meta“, ganz wie es beliebt.

Zu den Märkten

Schuldig sind wir Ihnen noch den Nachtrag zur EZB-Sitzung vom vergangenen Donnerstag. Selbst Publikationen, die der Institution einer Notenbank im Allgemeinen und der EZB im Besonderen weniger kritisch gegenüberstehen als wir, zeigten sich irritiert von der letzten Pressekonferenz der EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Ganz offensichtlich beherrscht sie jene feinen Zwischentöne, die die Kommunikation eines Notenbankchefs ausmachen, noch immer nicht so, wie man es in ihrer Position erwarten muss. Erst verunsicherte sie die Märkte mit ihrem hartnäckigen Hinweis auf die Märzsitzung, dann gab sie zu Protokoll, dass Zinserhöhungen und eine schärfere geldpolitische Gangart im laufenden Jahr nicht mehr ausgeschlossen werden könnten. Das wurde prompt als „hawkishe“ Wende interpretiert und der Euro schoss daraufhin regelrecht nach oben. Dabei konnte er sogar die charttechnische Flagge (vgl. Abb., rote Linien, gelbe Markierung) im Abwärtstrend gegenüber dem US-Dollar wieder überzeugend zurückerobern.

Dass sich hieraus allerdings ein echtes Umkehrsignal ergeben könnte, halten wir für weniger wahrscheinlich. Aufgrund der Fragilität der Eurozone hat Lagarde auch weiter deutlich weniger Handlungsspielraum in der Inflationsbekämpfung als ihr US-amerikanischer Kollege Powell. Da dies allerdings den meisten Marktbeobachtern ohnehin klar war, könnte es sich bei der Abwärtsbewegung des Euro um einen sogenannten „Crowded Trade“ gehandelt haben, also eine Spekulation, die so offensichtlich ist, dass bereits zu viele darauf gesetzt hatten. In einer solchen Situation findet sich dann kaum neue Gefolgschaft für diese Idee, während andererseits im Lager der Euro-Bären die Neigung wächst, aufgelaufene Gewinne mitzunehmen. Das führt dann zu den typischen scharfen Eindeckungs-Rallys. Da die Spekulation gegen den Euro auf erhöhtem Kursniveau wieder attraktiver geworden ist, würde uns erneuter Preisdruck auf der Gemeinschaftswährung nicht überraschen.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über einen neuen Kauf in unserem Aktien-Musterdepot und die Entwicklung in unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“.. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen.

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Fazit

Mit Meta Platforms, besser bekannt als Facebook, hat einer der Börsenstars der letzten Jahre Schlagseite bekommen. Der Kursrutsch scheint mehr als eine überspannte Marktreaktion auf einen negativen Ausblick zu sein. Das Unternehmen weist nämlich inzwischen eine ganze Reihe von Baustellen auf, für deren Bearbeitung noch keine überzeugende Strategie präsentiert werden konnte.

Frank Sauerland, Ralph Malisch

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Die Charts wurden erstellt mit TradeSignal von www.tradesignal.de und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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