„Es geht um Risikovermeidung“

Thomas Bartling

ARTIKEL TEILEN

Facebook
Twitter
LinkedIn
Email

Interview

Smart Investor im Gespräch mit Thomas Bartling, CONCEPT Vermögensma­nagement, über Value bei Techtiteln und die weiteren Aussichten für Gold

Smart Investor: Sie setzen im CONCEPT Aurelia Global (WKN: A0Q8A0) auf einen Mix aus Technologietiteln und Edelmetallen. Im Technologiesektor trennt sich zurzeit die Spreu vom Weizen. Wie rüsten Sie das Portfolio für die Zukunft?
Bartling: Zunächst einmal steht an, der Gegenwart standzuhalten – denn diese bringt heftige Korrekturen von teils über 50% bei Aktien, die auch wir im ­Portfolio haben. Sogar starke, gesetzte Unternehmen sind davon betroffen und ­verzeichnen Kursverluste, die fast an die Amazon-­Aktie erinnern, die von der Jahrtausendwende in zwei Jahren 94% vom Kurshoch korrigiert hatte. Um das Fondsportfolio zu rüsten, haben wir Anfang Januar den Anteil von sehr wachstumsstarken kleineren Technologieunternehmen zugunsten von Blue Chips aus dem Sektor reduziert – also großen Unternehmen, die seit Langem schon einen hohen Cashflow haben. Konkret ­haben wir beispielsweise in Oracle, Verizon, HP Inc. und Micron investiert.

Smart Investor: Steigende Inflation und eine mögliche Zinswende haben Growth-Titel generell unter Druck gesetzt. Was bedeutet die Rotation von Growth zu Value für den Techsektor?
Bartling: Sie bedeutet aus meiner Sicht, dass auch Techinvestoren sich aktuell eher Technologieaktien zuwenden, die Value-Charakter haben. Es geht um Risikovermei­dung, weniger um Zukunftsorientierung. Microsoft, Apple und in Teilen Amazon haben ihren ursprünglichen Growth-­Status eingebüßt; sie repräsentieren in Teilen ­sogar das, was Value-Investoren suchen, wie absolu­te Marktführerschaft, minimale Verschuldung und einen auch in ­Krisenzeiten nicht versiegenden Geldfluss. Inflation ist ein sektorübergreifendes Thema, wobei Softwareunternehmen, die zu unseren Zielinvestments gehören, zwar höhere Stromkosten kompensieren müssen, aber insgesamt nicht so stark betroffen sind. Steigende Kapitalmarktzinsen belasten junge, aufstrebende Firmen, die ihr Wachstum fremd­finanzieren. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass diese Unternehmen dann ­wieder ihrerseits Werbekunde bei Google sind oder Cloudspeicher bei Amazon Web Services abrufen und es insofern mittelbar auch die Großen trifft.

Smart Investor: Welche Trends im Technologiesektor sind aus Anlegersicht spannend? Welche Aktien finden Sie in der momentanen Korrektur des Techsektors interessant und welche Auswahlkriterien haben Sie?
Bartling: Seit vielen Jahren laufen starke Trends in den Bereichen Big Data und Cloud Computing. Ich glaube, dass diese ungebremst anhalten werden. Daten werden gesammelt, digitalisiert und zu ökono­mischem Nutzen gebracht. Nach starken Korrekturen bei unveränderter Geschäftsdynamik finde ich die Aktien von Salesforce, SAP und deren kleinerem Mit­bewerber HubSpot interessant. Eine Enttäuschung haben wir mit unserem In­vestment in PayPal erlebt. Die Aktie hat gegenüber den Höchstständen im letzten Herbst um 70% korrigiert. Ich glaube ­jedoch weiterhin, dass PayPal ein ­Gewinner bei der Neuformierung der weltweiten Landschaft von Banken und Bezahldienstleistern sein kann. Neben sehr starkem Funktionsumfang ist die Userakzeptanz, gemessen an steigenden Userumsätzen, weiter verbessert. Ich warte auf den, der mir sagt, warum er PayPal nun nicht mehr nutzt. Das Unternehmen dürfte mittlerweile den Verlust seines Großkunden eBay verkraftet haben, wächst in Umsatz und Ertrag deutlich zweistellig und wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca. 25 bewertet. Kleinere und mittlere Unter­nehmen sind dann für uns interessant, wenn sie über lange Zeiträume anhaltend starkes Umsatzwachstum aufweisen und dabei profitabel sind. In diesen schwierigen Zeiten lassen sich die Gewinner der Zukunft am besten an aktuellen Quartals­zahlen identifizieren.

Smart Investor: Sie können im ­Portfolio die Aktienquote aktiv steuern und halten zudem Cash. Nach welchen ­Kriterien wird die Absicherung vorgenommen und wie hoch ist momentan die Absiche­rung bzw. die Cashquote?
Bartling: Aktuell halten wir eine Netto-Aktienquote von 56%. Dabei reduzieren Absicherungen auf den S&P 500 und den DAX unseren 66%igen Aktienanteil. Die Cashquote von 15% lässt ausreichend Spielräume für Zukäufe bzw. auch Nachkäufe bestehender Portfoliopositionen. Der Auf- bzw. Abbau der Absicherungen ­folgt einer diskretionären Entscheidung, die von Chart­technik und Marktsentiment ­gestützt ist. Grundsätzlich bewegt sich die Aktien­quote im Fonds historisch zwischen 35% und 80%.

Smart Investor: Gold hat durch die mili­tärische Auseinandersetzung in der Ukra­ine einen Schub nach oben bekommen. Ist der Anstieg aus Ihrer Sicht nachhaltig?
Bartling: Gold ist ein elementarer Baustein unserer Strategie und wir halten als Mindest­quote ca. 10%; unter taktischen Erwägungen zusammen mit anderen Edelmetall-ETFs können es bis zu 25% sein. Inves­toren suchen in Krisen das Gold und treiben es auf Spitzen, wie in der Eurokrise 2010/2011 oder nach dem Corona-Crash vor zwei Jahren. Der Anstieg in der Eurokrise lief von 1.100 USD pro Feinunze bis auf 1.920 USD hoch, also um 75%. Aktuell erwarte ich so etwas nicht. Sobald es, was wir alle hoffen, Verhandlungsergebnisse und eine irgendwie geartete Befriedung gibt, wird das Kriseninteresse nachlassen und der Preis sich beruhigen. Allerdings erscheint Gold mittelfristig gut gestützt, weil Inflation und somit negative Realzinsen bleiben.

Smart Investor: Herr Bartling, vielen Dank für die interessanten Ausfüh­rungen.

Thomas Bartling, 58, studierte Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Infor­matik an der Universität Bielefeld, um im Anschluss ­zunächst im IT- und Finanzma­nagement von Bertelsmann zu ar­beiten. Seit Auflage 2008 ist er verantwortlicher Fonds­­manager des Publikumsfonds CONCEPT Aurelia Global. Bartling ist Geschäfts­führer und Gesellschafter von CONCEPT Vermögensmanagement in Bielefeld.

UNSERE EMPFEHLUNGEN