„Börsenkurse sind weiter als Prognosen und Nachrichten“

Thomas Polach

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Interview

Smart Investor im Gespräch mit Thomas Polach, Leiter Portfoliomanagement der Haberger Asset Management, über die Vorteile regelbasierten Vorgehens und die Auswahl von Zielfonds für den H1 Flexible Top Select (WKN: A1CXUZ)

Smart Investor: Im Dachfonds H1 ­Flexible Top Select wird auf der ­Aktienseite in festen Quoten zu einem Drittel in Asien, die USA und Europa investiert, zudem zu jeweils 50% in ­Large Caps und Nebenwerte. Was sind die Vorteile dieser Vorgehensweise?
Polach: Ich habe bereits im Fondsresearch vor 20 Jahren festgestellt, dass eine konsequente und gleichgewichtete regionale Aufteilung zwischen dem amerikanischen, asiatischen und europäischen Aktienmarkt überwiegend eine Outperformance zum Weltindex erzielt – denn dadurch profitieren Anleger von Chancen in etablierten Märkten und zusätzlich vom deutlichen Wachstum in aufstrebenden Märkten. Wir investieren gerne in Nebenwerte, da diese langfristig über deutlich stärkeres Wachstumspotenzial verfügen als die großen Unter­nehmen. Auf Nebenwerte spezialisierte Fonds­manager können durch eigenes Research Marktineffizienzen gewinnbringend nutzen. Allerdings sind die Schwankungen bei diesen Werten entsprechend höher. Aus die­sem Grund investieren wir in dieses Marktsegment ungefähr die Hälfte des ­Portfolios und somit deutlich mehr als die breite ­Masse. Diese ist vor allem bei den großen bekannten Unternehmen investiert.

Smart Investor: Neben der Aktienquote gibt es im Fonds ein Segment namens „Defensive Investments“. Was verbirgt sich dahinter? Polach: Der defensive Baustein dient als Ausgleich für die Aktienquote und gibt uns Möglichkeiten, bei ­zurückgekommenen Kursen nachzukaufen. Dies war besonders wichtig nach dem Corona-Crash, und auch in der aktuellen Phase bewährt sich die Vorgehensweise. In diesem ­Portfoliosegment investieren wir beispielsweise in spezialisierte Anleihestrategien oder Absolute-Return-Fonds. Der Ansatz basiert auf festen Quoten zwischen Aktien und defensiven Elementen. Die Vorgehensweise zwingt uns, bei rückläufigen Kursen Aktien ­nachzukaufen. Mit dem antizyklischen Verhalten schwimmen wir gegen den Strom und schalten Emotionen aus. Langfristig zahlt sich ­dieses Vorgehen aus.

Smart Investor: Neben einer ansprechenden Rendite zielt der Fonds auch auf eine reduzierte Volatilität ab. Wie bringen Sie beides in Einklang?
Polach: Das Abfedern bei Rückschlägen und die Reduzierung der Volatilität wird durch die defensiven Portfolioelemente ­erreicht. Die Re-Allokation mit festen regio­nalen Quoten und der Aufteilung zwischen Aktien und defensiven Komponenten sorgt für ein regelbasiertes und systematisches Vorgehen. Diese Vorgehensweise optimiert den Ertrag. Durch den Nachkauf bei niedrigen Kursen können wir im steigenden Markt von einem höhe­ren Aktienanteil profitieren.

Smart Investor: Wie erfolgt die Auswahl der Fondsmanager, in deren Fonds Sie investieren?
Polach: Wir investieren in Spezialisten, die sich in den einzelnen Segmenten ­hervorragend auskennen und dies schon über ­längere Zei­träume bewiesen haben. Da­runter fallen meist mittelgroße Fondsboutiquen. Im Dach­fonds verzichten wir auf globale ­Strategien, denn einem weltweit agierenden Aktienmanager stehen grundsätzlich mehr als 40.000 Aktien zur Auswahl – das ist zu viel, um diese Unternehmen genau zu kennen.

Smart Investor: Können Sie am Beispiel eines investierten Fonds die Vorgehensweise verdeutlichen?
Polach: Das beste Beispiel ist Driehaus, ­eine mittelgroße Fondsboutique aus den USA, die sich nur auf kleinere Unternehmen fokussiert. Das Haus ist in Deutschland weitgehend unbekannt, erzielt jedoch seit 1980 Spitzenrenditen. Unter den Top-­Positionen in unserem Dachfonds sind ­beispielsweise der Driehaus Small Cap Growth Fund und der Driehaus U.S. Micro Cap Equity Fund vertreten. Solche Spezialisten sind überwiegend im institutionellen Geschäft ­tätig und machen kein Privatkundengeschäft. Ein Ziel des H1 Flexible Top Select ist es, diese Manager auch für Privatkunden inves­tierbar zu machen.

Smart Investor: Welche Rollen spielen Marktprognosen in Ihrem Investment­ansatz und welche Entwicklungen ­haben in den vergangenen Wochen das Portfolio bestimmt?
Polach: Marktprognosen spielen bei uns keine Rolle, denn die Zukunft kann ­keiner vorhersehen. Studien belegen, dass die Quote der eintreffenden Prognosen deutlich unter 50% liegt. Somit können Sie sich nicht darauf stützen. Vielmehr ­wissen Sie, dass es höchstwahrscheinlich nicht so kommt. Die Märkte nehmen sehr viel vorweg, wie wir bereits gesehen haben. Die Börsenkurse sind schon deutlich weiter als die Prognosen und die Nachrichten. Oft tauchen im Dachfonds auch immer ­wieder außergewöhnliche Top-Performer auf, wie beispielsweise im Mai. So stand ­etwa ein Länderfonds mit österreichischen Aktien auf dem Siegertreppchen, gefolgt von Fonds mit Fokus auf spanische Titel bzw. auf lateinamerikanische ­Nebenwerte. Kursrückgänge verbuchten dagegen Aktien­fonds, die sich auf den indischen Aktienmarkt fokussieren.

Thomas Polach leitet das Portfoliomanagement bei der Haberger Asset Management GmbH und blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im ­Bereich Fondsauswahl und Portfolio­management zu­rück. Seine ­Spezialgebiete sind Fondsmanage­ment ­sowie prognosefreie ­Portfoliostrategien. Stationen seines beruflichen Werdegangs ­waren u.a. Direc­tor Research bei einem großen deutschen Analysehaus sowie das Mandatsmanagement von Multi-Asset-Strategien. Seit 2017 ist er verantwortlich für das Asset­manage­ment des H1 ­Flexible Top Select.

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