Im Zangengriff der Notenbanken

Chris Powell

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Edelmetalle

Smart Investor im Gespräch mit dem GATA-Sekretär Chris Powell über den aktuellen Stand der Goldpreismanipulation

Der Goldpreis liegt wie festgenagelt an der Marke von 2.000 USD pro Unze – einem Niveau, das nur knapp über dem letzten Allzeithoch von 2011 liegt. In den letzten 13 Jahren wurde das Metall unzählige Male heruntergeprügelt. Wird der Goldpreis von einem Bankenkartell, einschließlich der Fed, manipuliert? Wir sprachen über dieses Thema mit dem Experten Chris Powell, Sekretär und Schatzmeister des Gold Anti-Trust Action Committee (GATA).

Goldpreismanipulation ist nichts Neues
Zentralbanken, die den Goldpreis „verwalten“, sind nichts Neues. Sie haben bereits in den 1960er-Jahren versucht, den Goldpreis zu deckeln – und sind am Ende gescheitert. Der niederländische Edelmetallanalyst Jan Nieuwenhuijs beschrieb vor einigen Wochen, wie es den USA gelang, Gold zu demonetarisieren: Mit Unterstützung der Deutschen Bundesbank machte die US-Regierung in den 1970er-Jahren den Plan zunichte, das Metall als europäische Handelswährung zu verwenden. Der deutsche Autor Dimitri Speck datiert in seinem richtungsweisenden Werk „Geheime Goldpolitik“ den 5.8.1993 als „Beginn der systematischen Goldinterventionen“ in London und New York. Das Ziel war damals dasselbe wie heute: den Goldpreis unter einem bestimmten Niveau zu halten (400 USD in den 1990er-Jahren), um das auf den Dollar ausgerichtete Finanzsystem zu schützen. Warum erklären wir das? Um zu verhindern, dass jemand behauptet, wir würden Verschwörungstheorien verbreiten.

Smart Investor: Herr Powell, was sagen Sie zum aktuellen Stand der Goldpreismanipulation?
Powell: Ich bin eigentlich ganz optimistisch. Die Fraktion der Zentralbanken, die einen höheren Goldpreis will, ist jetzt größer als die Fraktion, die ihn drücken möchte. Die „Dedollarisierung“ ist in vollem Gang. Sie wurde dadurch beschleunigt, dass die US-Regierung auf äußerst aggressive Weise den Dollar und das gesamte westliche Finanzsystem zur politischen Waffe gegen Russland gemacht hat. Die meisten Länder scheinen zu verstehen, dass sie niemals frei sein werden, wenn sie keine Alternativen zum Geld- und Finanzsystem eines anderen Landes haben. Zentralbanken und Investmenthäuser außerhalb der Vereinigten Staaten erwerben große Mengen an Gold – echtes Metall, das man in der Hand halten kann. Da sich die geopolitischen Spannungen verschärfen, wird das an Tempo zunehmen. Dadurch wird es für den Westen immer schwieriger, den Goldpreis zu manipulieren.

Smart Investor: Haben Sie eine Idee, wann der Goldpreis nach oben ausbricht und was das auslösende Ereignis sein wird?
Powell: Ich bin seit Langem der Meinung, dass der Auslöser ein internationales Abkommen sein wird, das Gold in Bezug auf alle wichtigen Währungen neu bewertet. Um glaubwürdig zu bleiben, müssen die Zentralbanken die Neubewertung als ihr Werk darstellen und nicht als vom Markt erzwungen. Ich denke, dass die Vereinigten Staaten bei dieser Aufwertung kooperieren werden, wenn auch nur widerwillig, damit es nicht so aussieht, als hätten sie einen Währungskrieg verloren.

Diese Neubewertung wird mit ziemlicher Sicherheit an einem Sonntag kurz vor der Öffnung der asiatischen Märkte bekannt gegeben werden, wahrscheinlich bei einem „spontanen“ Treffen der Finanzminister, eventuell bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel oder an einem anderen neutral erscheinenden Ort. Anleger, die in Goldderivate investiert haben, dürften davon nicht profitieren. Deren Positionen werden zum Schlusskurs des Freitags vor der Neubewertung in bar abgewickelt.

Smart Investor: Ganz allgemein gefragt: Wie funktioniert – schon seit vielen Jahren – die Goldpreismanipulation an der Futuresbörse COMEX in New York?
Powell: Die Zentralbanken, heute in erster Linie die Federal Reserve und das US-Finanzministerium, greifen über Zwischenhändler (Großbanken wie JP Morgan; Anm. d. Red.) in den Goldterminmarkt ein, indem sie genügend Terminkontrakte verkaufen, um den Preis nach unten zu drücken. Diese kaufen sie zurück, sobald die Long-Trader kapituliert haben. Dies ist eine dreiste Marktmanipulation, die jedoch legal ist, wenn sie von der US-Regierung oder auf deren Geheiß durchgeführt wird.

Die Manipulation wird nur durch die Erschöpfung der physischen Vorräte an Edelmetallen beendet werden, so wie der Londoner Gold Pool 1968 wegen der Erschöpfung des Angebots zusammenbrach.

Smart Investor: Was ist mit den Gold-Swaps der BIZ, die Sie jeden Monat auf Ihrer Website veröffentlichen? 117 Tonnen im Januar ist die letzte verfügbare Zahl. Laut Robert Lambourne, der diese Zahlen dem monatlichen BIZ-Bericht entnimmt, werden diese Swaps im Auftrag der Fed durchgeführt. Es handelt sich ganz offensichtlich um eine Art Goldleihe. Wohin geht das Gold, zu welchem Zweck und wie erhält die BIZ das Gold zurück?
Powell: Es gibt keine ehrliche, offizielle Erklärung dafür, wozu die BIZ-Gold-Swaps dienen. Die BIZ weigert sich, das zu erklären. Aber es scheint, dass es sich um Mechanismen handelt, bei denen Zentralbanken geliehenes Gold oder Ansprüche auf Gold auf angespannte Goldmärkte werfen, um den Preis niedrig zu halten. Die BIZ ist wahrscheinlich verpflichtet, das geliehene Gold zurückzugeben oder seine Rückgabe zu ermöglichen. Die BIZ geht möglicherweise davon aus, dass ihre Zentralbankmitglieder immer in der Lage sind, eine bestimmte Menge Gold zur Verfügung zu stellen.

Diese Gold-Swaps sind der beste Beweis für die heimliche Intervention der Zen-tralbanken gegen das Edelmetall. Und kaum jemand traut sich, darüber zu diskutieren.

Smart Investor: Das World Gold Council (WGC) veröffentlichte eine Grafik, die beweisen soll, dass Gold mit einem täglichen Handelsvolumen von 130 Mrd. USD einer der liquidesten Vermögenswerte ist. Es steht an vierter Stelle, nach US-Aktien, US-T-Bills und Euro/Pfund. Das WGC erläutert auf seiner Website, dass in diesem ungewöhnlich hohen Handelsvolumen nicht nur physisches Gold, sondern auch Gold-ETFs, Futures und Ansprüche auf Gold enthalten sind, gehandelt wird größtenteils „Papiergold“. Der Markt für physisches Gold ist angespannt. Einige hoffen deshalb, dass dies am Ende die Comex in die Luft jagen wird – Wunschdenken?
Powell: Die physische Knappheit wird in der Tat die Comex in die Luft jagen, genau wie sie den London Gold Pool in die Luft gejagt hat. Dabei könnten auch einige andere Dinge zerstört werden, auf die ein ehrlicheres Finanzsystem gut verzichten kann.

Smart Investor: Nachrichten zufolge liegt der Goldpreis in Shanghai zum Teil um bis zu 100 USD höher als in London und New York. Haben Sie Informationen über Arbitragegeschäfte, bei denen Gold im Westen gekauft und in China mit Gewinn verkauft wird? Es gibt ein dramatisches historisches Beispiel für ein Ereignis wie dieses, allerdings in entgegengesetzter Richtung: Im Jahr 1934, nach Roosevelts Goldbeschlagnahme, stieg der Silberpreis in den USA stark an. Chinas Silber wurde aus dem Land geschmuggelt und in Amerika verkauft. 1935 musste China den Silberstandard aufgeben. Chinas Wirtschaft geriet in große Schwierigkeiten.
Powell: Ich denke, dass Zentralbanken, Regierungen und große Investmenthäuser längst die unterschiedliche physische Nachfrage in Asien und im Westen für gehebelte Transaktionen nutzen. Ich glaube aber nicht, dass es für Privatanleger im Westen einen praktischen Mechanismus gibt, um dies ebenfalls zu tun.

Smart Investor: Viele Narrative, die Goldpreisbewegungen „erklären“, sehen bei etwas Nachdenken komisch aus, und sie werden überall veröffentlicht. Im Dezember 2015 z.B., als die Fed einen Zyklus höherer Zinsen einleitete, startete eine Goldpreisrally. Jetzt wird Gold verkauft, weil die Fed die Zinsen zu langsam senkt. Logisch konsistent ist das nicht. In den letzten drei Jahren sahen wir eine perfekte negative Korrelation zwischen US-Dollar-Index und Goldpreis (Grafik in Smart Investor 2/2024). Das alles ergibt keinen wirklichen Sinn. Ist der Goldpreis, wie wir geschrieben haben, ein Produkt von Algotradern?
Powell: Die meisten Kommentare zum Goldmarkt sind frei erfunden. Was an einem Tag als gut für Gold gilt, soll am nächsten Tag schlecht sein. Ich glaube nicht, dass diese Narrative die Goldpreisbewegungen gut erklären. Wichtig sind die Zentralbankinterventionen – nicht nur Verkäufe, sondern auch Käufe.

Smart Investor: Die letzte Frage ist die einfachste: Was ist für Sie der Hauptgrund, Gold zu besitzen?
Powell: Der beste Grund, Gold zu besitzen, besteht darin, dass Gold ein von Regierungen und Zentralbanken unabhängiges Geld ist – ein Geld ohne Kontrahentenrisiko. Ein weiterer Grund ist die groteske Short-Position, die die US-Regierung seit Langem gegenüber Gold innehat. Aber Gold bleibt immer dem Risiko ausgesetzt, von Regierungen beschlagnahmt zu werden, die die Möglichkeit einer finanziellen Unabhängigkeit ihres Volkes nicht ertragen können. Es bleibt immer dem Risiko von Sondersteuern (engl. „windfall profit taxes“) ausgesetzt. Ein laienhafter Rat für den Besitz von Gold ist einfach: Erwerben Sie eine gute Menge und suchen Sie sich einen sicheren Planeten, auf dem Sie es sicher aufbewahren können. Wenn Sie einen gefunden haben, rufen Sie mich bitte an.

Smart Investor: Herr Powell, vielen Dank für Ihre interessanten Ausführungen.

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