America first: Auswirkungen, Ausfälle, Abhilfe
Kurs-Desaster mit AnsageDer Begriff Kanonenbootpolitik ist aus der Mode gekommen. Modern ist dagegen wieder die Politik, die dieser Begriff beschreibt, und das ist ein Problem: Für jene, die auf der falschen Seite der Kanone stehen und zudem die Bedeutung des Wortes vergessen haben, also gar nicht begreifen, wie ihnen geschieht.
Kanonenbootpolitik bezeichnet die Durchsetzung staatlicher Interessen gegenüber anderen Staaten mittels angedrohter militärischer und wirtschaftlicher Macht sowie technologischer Überlegenheit. Beispiele aus der Geschichte sind
– der (missglückte) Panthersprung von Wilhelm II.
– die US-Flotte vor Japan in den 1850er-Jahren, die Japan überzeugte, Märkte zu öffnen
– die Panamakrise von 1903, welche den Bau des Panamakanals unter US-Kontrolle zur Folge hatte.
Nach dem Ende des Kalten Krieges favorisierten insbesondere deutsche Politiker die sogenannte regelbasierte Außenpolitik. Doch Putin, Xi und Trump scheren sich heute nicht um solche Regeln. Sie vertreten die Interessen ihrer Länder mit der Macht, die ihnen zur Verfügung steht. Russia First, China First und natürlich America First. Renditeorientierte Anleger mit Blick für die moderne Form der Kanonenbootpolitik erkennen sofort die geldmäßigen Auswirkungen und Chancen:
– US-Präsident Donald Trump setzt durch, dass sich der Staat an Intel (WKN: 855681) beteiligt, um die inländische Halbleiterproduktion zu sichern.
– Das Wall Street Journal enthüllt am 23. August, dass das Pentagon stillschweigend die Flüge unterbunden hat von US-gelieferten Long-Range Missiles. Mit den Raketen hatte sich die Ukraine bislang gegen Russland verteidigt. Rüstungskonzerne aus Europa dürften neue Aufträge erwarten.
– Präsident Trump verhängte jetzt einen Baustopp für den Windpark „Revolution Wind“ bei Rhode Island. Das Projekt steht kurz vor der Fertigstellung. Milliarden hat der dänische Konzern Orsted (WKN: A0NBLH, Staatsanteil 50,1%) dort investiert. Die Folge ist ein weiteres Kurs-Desaster für die ehemals „nachhaltigste Aktie der Welt“. Innerhalb von Stunden verliert Orsted an der Börse 19%. Bekanntlich will Trump Grönland kaufen. Dänemark will es behalten. Zur Verteidigung kauften die Dänen über 20 neue F35-Kampfjets des US-Giganten Lockheed Martin (WKN: 894648). Noch gestattet das Pentagon, dass die Jets auch aufsteigen.
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Stagflation voraus
Deutschland verliert innerhalb eines Jahres 114.000 Industriearbeitsplätze. Allein in der Autoindustrie werden 50.000 Stellen gestrichen. In den USA fällt der Beschäftigungsindex, erhoben vom Institute for Supply Management. Auch der Index für Aktivitäten im Dienstleistungssektor zeigt eine Abschwächung. Dafür steigt der Preisindex des Sektors. Stagnierende oder sinkende Beschäftigtenzahlen bei steigenden Preisen sind typische Anzeichen für eine sich möglicherweise ankündigende Stagflation.
Notenbanker, Volkswirtschaftler und nicht zuletzt Aktionäre fürchten die Stagflation. Wenn sie sich einmal einnistet, ist sie schwer wieder loszuwerden. Würde Fed-Chef Jerome Powell in einem solchem Umfeld die Zinsen senken, wie von Donald Trump vehement und wiederholt gefordert, dann droht die Inflation. Erhöht er – unvorstellbar derzeit – die Zinsen, dann stiege die Arbeitslosigkeit.
Investoren können einer Stagflation im westlichen Wirtschaftsraum womöglich ausweichen. Der Rat von Marktexperten: Wenig Bargeld halten und Kapital in aufstrebende Länder ohne Stagflation umschichten. Der Blick fällt zum Beispiel auf Vietnam oder Indonesien. Dort boomt die Wirtschaft. Allerdings sind die Märkte geografisch und kulturell weit entfernt. So kann es ratsam sein, mit breiter abdeckenden ETFs zu arbeiten. Anregungen: HSBC MSCI Indonesia (WKN: A1H8BN) und Amundi MSCI Indonesia (WKN: LYX019) sowie der Xtrackers FTSE Vietnam (WKN: DBX1AG).
Tiefes Tal vorm Zuckerberg
Um zu erkennen, dass Meta Platforms (WKN: A1JWVX) ein Ausgabenproblem hat, ist keine Künstliche Intelligenz (KI) nötig. Da reicht gesunder Menschenverstand. Auch ein Blick auf die Kursentwicklung der letzten zehn Tage hilft. Meta-Boss und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg befürchtet gerade, dass sein Konzern beim Thema KI ins Hintertreffen gerät gegenüber den Erzkonkurrenten Google (Alphabet A, WKN: A14Y6F) und Microsoft (WKN: 870747). Der Chef nimmt also Geld in die Hand, nach dem Urteil der Aktionäre zu viel Geld: Mit Abermillionen ködert Zuckerberg beste KI-Entwickler konkurrierender Unternehmen.
Es ist ein wiederkehrendes Muster, „Zuck“ geht All-in. So machte er es bei der Übernahme von WhatsApp. Das wurde ein unternehmerischer Erfolg. Die sündhaft teure Entwicklung seiner virtuellen Welt „Metaverse“ dagegen glückte weniger. Dabei benannte er fürs Metaverse sogar seine Cash Cow, die Weltmarke Facebook, in Meta um. Der Mann ist zweifellos begeisterungsfähig und zupackend.
Was ihn und damit Meta für Börsianer mit längerem Anlagehorizont zusätzlich interessant macht: Zuckerberg vermag es, Fehler zu erkennen und umzusteuern. So kürzte er die Metaverse-Ausgaben, als das virtuelle Abenteuer den Börsenkurs auf Talfahrt schickte und bald womöglich die gesamte Firma in Bredouille gebracht hätte. Jetzt tritt der Boss bei Metas KI-Abteilung auf die Bremse. Letzte Woche, so berichten Insider, trat in diesem Bereich ein Einstellungsstopp in Kraft, nachdem zuvor 50 KI-Entwickler in Reihe eingestellt worden waren. Ihnen waren teilweise Gehaltspakete in neunstelligem (!) Wert angeboten worden. Die Börse goutiert die Sparbemühungen, der Kurs zeigt gerade Ansätze einer Erholung und langfristig bestehen Chancen.
Krimi in der Abendstunde
Apropos KI: richtig spannend wird es am heutigen Mittwoch nach Börsenschluss. Dann präsentiert NVIDIA (WKN: 918422) seine Quartalszahlen. Dies ist seit einigen Quartalen ein Moment, in dem auch diejenigen den Atem anhalten, die nicht investiert sind. Das Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung an der Wallstreet hat fast immer geliefert und die hohen Erwartungen meist sogar übertroffen. Gewiss, KI ist die Boom-Branche schlechthin, allerdings hat sich die Aktie seit den April-Tiefs mehr als verdoppelt. Knapp über 180 USD ist die Luft zuletzt allerdings etwas dünner geworden. Die Zurückhaltung vor der Stunde der Wahrheit ist nach dem Gipfelsturm eher positiv zu bewerten. Allerdings lassen sich weder die Zahlen noch die Abweichungen oder der alles entscheidende Ausblick im Vorfeld seriös prognostizieren, die Kursreaktion schon gar nicht. Könnte sich der Markt halbwegs zuverlässig darauf einstellen, würde es nach Quartalsberichten bei vielen Aktien nicht die üblichen Kurssprünge und -einbrüche im zweistelligen Prozentbereich geben. Heute Abend wissen wir mehr.
Zu den Märkten
Wie schon in der Vorwoche mäandert der DAX weiter in der sich verengenden Wimpel-Formation, die sich allerdings auch als Top-Bildung herausstellen könnte. Gegen die zweite Interpretation spricht der Mangel an Umsatztätigkeit, der für den August allerdings nicht völlig untypisch ist. Während einer echten Topbildung hat man es typischerweise mit einer großen Distribution der Papiere zu tun, die zwangsläufig mit hohen Umsätzen einher geht. Schließlich werden während eines solchen Tops massenhaft Papiere an jene abgegeben, die den vorangegangenen Aufschwung zwar verpasst haben, nun aber sehr hoffnungsfroh sind, dass dieser sich fortsetzen werde.
Aus diesem Blickwinkel hat charttechnisch der Konsolidierungswimpel im Aufwärtstrend derzeit noch leicht die Nase vorn, gehen solche Formationen doch üblicherweise mit rückläufigen Umsätzen einher. Die Charttechnik ist allerdings nur ein Aspekt und angesichts der mannigfachen Impulse, die von außen in den Markt eingebracht werden, muss es nicht der entscheidende sein. Mit Argusaugen beobachten wir aber das Kursverhalten an den beiden Begrenzungslinien. Kommt es zu einem Ausbruch unter anziehenden Umsätzen, wäre dies in jedem Fall eine Vorentscheidung.
Es herbstelt – Informationsoffensive für Anleger
Der traditionelle Veranstaltungsherbst rückt näher. Mehrwertige Informationen für Anleger gibt es unter anderem hier:
Investieren wie Buffett
Investieren wie Warren Buffett ist ein Thema, das Börsianer definitiv interessiert. Die zehn Freikarten, die wir in der letzten Woche für das Seminar „Die Berkshire Hathaways der Welt“ auslobten, waren bereits am nächsten Tag restlos vergeben. Für einen regulären Besuch gibt es aber noch Karten. Lassen Sie sich die Gelegenheit also nicht entgehen, von ausgewiesenen Experten mehr über die interessantesten börsennotierten Beteiligungsmodelle zu lernen. Dazu gibt es reichlich Möglichkeit zu „networken“. Die Veranstaltung findet am 15. September ab 15:45 Uhr im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München statt. Anmelden können Sie sich hier.
Lunch für Profis
Am Donnerstag, den 18.9., findet um 12 Uhr ein „Makro Lunch“ der französischen Investmentfirma H2O in einem Münchner Restaurant statt, bei dem der Chef und Hauptstratege Vincent Chailley seine Einschätzung zu den Märkten abgibt. Er wird in englischer Sprache referieren.
Die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist kostenlos, aber nur für institutionelle Anleger gedacht.
Interessenten melden sich bitte bei Karina Perwald–Leroy: Karina.Perwald-Leroy@h2o-am.com
Rohstoffmesse München
Am 3./4. Oktober treffen sich die Edelmetallfans zur Rohstoffmesse München in der Kleinen Olympiahalle. Keynote-Speaker werden sein: „Mr. Dax“ Dirk Müller, der Chef von Swiss Resource Capital, Jochen Staiger, Midas Touch-Herausgeber, Florian Grummes und Rohstoffexperte Prof. Dr. Torsten Dennin. Als Aussteller werden 100 Rohstoffunternehmen erwartet, welche die Anleger vor Ort aus erster Hand über den Gang ihrer Geschäfte informieren werden. Zudem werden auch mehrere Händler vor Ort sein, die Ihnen sicher ein gutes Angebot für physische Ware machen werden. Dazu gibt es natürlich reichlich Gelegenheit zum Networking mit Gleichgesinnten. Das Beste daran: Der Eintritt zur Veranstaltung ist kostenlos. Konkrete Informationen über Aussteller und die Bestellmöglichkeit für die Eintrittskarten finden Sie auf der Webseite des Veranstalters.
Intensivseminar Optionen
Noch etwas Zeit ist bis zum Intensivseminar von OptionEarner am 29. & 30. November, ebenfalls in München. Hier lernen Interessierte nicht nur die Grundlagen zur Optionsbepreisung und zur Renditequelle Zeitwert, sondern auch ganz praktische Tipps für Stillhalterstrategien und die Such nach geeigneten Underlyings. Im Seminarpreis enthalten ist zudem ein 12-monatige Zugriff auf das Premium-Abo von OptionEarner. Nähere Informationen zu Ablauf und Kosten finden Sie hier. Auch hier gibt es für Leser dieses Newsletters einen attraktiven Rabatt.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio wartet auf Sie dieses Mal der Monatsbericht zur Entwicklung unseres Aktienmusterdepots im August inklusive des ausführlichen Tabellenteils zu Bestand und Transaktionen. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Erst staunte man ungläubig, jetzt ist es kaum mehr zu leugnen. Die Kanonenbootpolitik ist zurück auf der internationalen Bühne.
Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch
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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.
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