„Pieper & Friends“

„Allesverloren“ oder „Plan B“ – Rolf B. Pieper demonstriert augenzwinkernd die Alternativen für Anleger in schwieriger Zeit . . . . Bild: © Susanne Blaß

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Österreichische Schule

Bericht vom ersten großen Anlegerkongress des laufenden Jahres, der ganz im Zeichen von Krise, Krisenursachen und möglichen Schutzmaßnahmen stand

Finanzielle Selbstverteidigung
Nach rund zwei Jahren mit Lockdowns und erheblichen Re­striktionen konnte mit „Pieper & Friends“ am 9.4. wieder eine ­große Anlegertagung ohne Auflagen stattfinden. Mit 300 Teilnehmern war der Veranstaltungssaal des Würzburger Hotels ­Melchior Park bis auf den letzten Platz ausgebucht. Das zeigte auch eine gewisse Sehnsucht der Anleger, sich endlich wieder ­einmal persönlich austauschen zu können. Die eigentlichen ­Zugpferde waren jedoch die prominenten Referenten sowie ein Leitthema, das in Zeiten von Rekordinflation, Hochsteuern und Krieg nicht aktueller hätte sein können: finanzielle Selbstver­teidigung.

„Allesverloren“ oder „Plan B“
Den Auftakt machte Rolf B. Pieper, Chefstratege der IEM Experten, der trotz der schwierigen Themen leichtfüßig durch den Tag führte. Er warnte davor, angesichts der aktuellen Herausforderungen den Kopf in den Sand zu stecken. Anhand zweier Weinflaschen – „Allesverloren“ oder „Plan B“ – demonstrierte er augenfällig die Alternativen. Keine Frage, welcher Tropfen den Anlegern angesichts von Themen wie Enteignung, Lastenausgleich, Kriegszertifikaten, Sonderabgaben und einer weiteren Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen besser schmecken wird, denn auch in dieser Krise werde es nicht der Staat selbst sein, der pleitegeht, sondern ­dessen Bürger. Die wahre Inflation lasse sich, entsprechend der Infla­tions­definition der Austrians, realistisch am Wachstum der ­Geldmenge M3 abzgl. des Wirtschaftswachstums abschätzen. Das würde aktuell einen Wert von +15,9% p.a. ergeben. In dieser Höhe liege damit die benötigte Nettorendite nach Steuern und Kosten, um das vorhandene Anlagekapital real auch nur zu erhalten. Profiteur der Inflation sei dagegen der Staat, dessen Steuereinnahmen sich mit jedem Prozent um weitere 10 Mrd. EUR erhöhten, z.B. über Mehrwertsteuereffekte oder über die kalte Progression bei der Einkommensteuer. Wer sich gegen die Inflation schützen wolle, müsse verstehen, was Inflation erzeuge, so Pieper. Metallorum-Geschäftsführer Tino Leukhardt nahm den Faden auf und erläuterte, wie politische Vorgaben zu E-­Mobilität, CO2-Einsparung und Klimapolitik Knappheiten bei strategischen Metallen und seltenen Erden erzeugten. Knappheit bleibe der beste Nährboden für Rendite, so Pieper.

„Positive Realzinsen sind so gut wie ausgeschlossen“, Thorsten Polleit (oben) per Videobeitrag
Bild: © Ralph Malisch

Fünf aufregende Thesen
Degussa-Chefvolkswirt Prof. Dr. Thorsten Polleit konnte ­aufgrund eines Brandanschlags auf sein Fahrzeug nicht selbst vor Ort sein – beschämend, wie brutal und argumentfrei die wirtschaftspolitische Debatte von radikalen Gruppierungen inzwischen geführt wird. Dennoch konnte Prof. Dr. Polleit seine fünf aufregenden Thesen per Videobotschaft vorstellen: Zunächst wüssten viele Menschen gar nicht, was Inflation sei. Für sie ­werde überraschend sein, dass die Lücke zwischen den Konsumgüter- und Produzentenpreisen noch geschlossen werde. Schon bisher sei der Euro nicht stabil gewesen. Positive Realzinsen, so die ­zweite These, ­seien künftig so gut wie ausgeschlossen. Das Abgleiten von Euro und US-Dollar in ein Regime der Hochinflation sei – das war seine dritte These – daher sehr wahrscheinlich. Damit bleibe die Infla­tion die zentrale Herausforderung für den Kapital­erhalt in den nächsten Jahren. Die Politik der Inflationierung verfestige sich. Entsprechend These Nummer vier werde Europa der große Verlierer der weltweiten Neuordnung der politischen Kräfteverhältnisse sein und die Welt insgesamt noch konfliktträchtiger. Schließlich, so die fünfte These, sei es schwierig, der Inflation zu entkommen, aber physisches Gold – das Grundgeld der Menschheit – und Silber seien in dieser Situation eine gute Alternative. Die Inflationierung sei nicht nur nicht aufgehalten, sondern fast schon willentlich herbeigeführt worden. Aber auch in dieser schwierigen Lage, so Prof. Dr. Polleit, sollte man seinen Opti­mismus nicht verlieren, denn es gebe immer Lösungen.

Buchautor Ernst Wolff (rechts) blickte hinter die Kulissen der gar nicht so zufälligen aktuellen Entwicklungen.
Hier zusammen mit Rolf B. Pieper

Bild: Ralph Malisch

Unheimlicher Gleichschritt
Der Buchautor Ernst Wolff (vgl. Interview ab S. 58) befasste sich schwerpunktmäßig mit vier Themenkreisen: Pandemie, Ukraine­krieg, Inflation und Angriff auf den Mittelstand. Anhand dieser vier Bereiche warf er einen Blick hinter die Kulissen und fand ­dabei Bemerkenswertes: Insbesondere der Umstand, dass in der vermeintlichen Pandemie fast 200 Regierungen im Gleichschritt gehandelt hatten, sei ein deutliches Anzeichen für eine im Hintergrund wirkende Kraft, die mächtiger als jede Regierung sei. Wolff nennt diese den „digital-finanziellen Komplex“. Auch beim Ukrainekrieg traut Wolff weder dem russischen noch dem westlichen Narrativ – man solle sich ansehen, wer profitiere und wem diese Profiteure gehörten. In auffälligem Kontrast zur Profes­sionalität der Konzerne stehe das Höchstmaß an Inkompetenz, das sich heute in den nationalen Regierungen finde. Es sehe so aus, als sollten diese Regierungen bewusst diskreditiert werden, wobei die voranschreitende Machtverlagerung nach Brüssel nur ein erster Schritt sei. Als einen Beleg für solche Tendenzen ­nannte Wolff das kürzlich unter Beteiligung diverser Regierungsvertreter und des World-Economic-Forum-Chefs Prof. Dr. Klaus Schwab in Dubai abgehaltene „World Government Forum“.

Digitalisierung und Finanzialisierung
Die wesentlichen Kräfte hinter der Machtfülle des digital-finanziellen Komplexes seien die Digitalisierung der Welt und die Finan­zialisierung der Wirtschaft. Nicht mehr Geld allein, sondern die Kombination aus Geld und Daten regierten heute die Welt. Eine entscheidende Rolle spiele in diesem Zusammenhang die enge Verflechtung der führenden Digitalkonzerne und der größten Vermögensverwalter. Zudem habe sich der Einfluss bereits weit über die eigentliche Unternehmenssphäre der Kon­zerne hinaus ausgedehnt. Dazu gehöre es, dass Organisationen unterwandert, unterworfen oder schlicht neu gegründet würden. Das betreffe angesehene Institutionen wie Notenbanken oder supranationale Einrichtungen wie die WHO ebenso wie Medien, Universitäten oder die dubiosen Organisationen und angeblich philanthropischen Stiftungen, welche die Exponenten des digital-­finanziellen Komplexes selbst ins Leben gerufen hätten. Deren Einfluss reiche mittlerweile tief in staatliche und überstaatliche Institutionen hinein. Dabei gehe es um mehr als reine Profitgier: Das Ziel sei die biologisch-digitale Konvergenz. Für die nähere Zukunft erwartet Wolff eine Fortsetzung des Ukrainekriegs und eine galoppierende Inflation durch aggressive Rohstoff- und Lebens­mittelverknappungen, die insgesamt zu einer Senkung des Lebensstandards von oben führten.

Degussa-Chef Dr. Markus Krall erwies sich mit kompromisslosem Klartext einmal mehr als Publikumsmagnet
Bild: © Susanne Blaß

Arbeits- und Sitzplätze
Degussa-Chef Dr. Markus Krall befasste sich mit der zuneh­menden Unwucht der Fiatgeldsysteme und erkennt in der aktuellen Situation die größte Katharsis in der Wirtschafts- und Währungsgeschichte der letzten 100 Jahre: Nach dem alten Warenkorb läge die Inflation schon heute bei 20% – und das sei noch lange nicht das Ende. Bei allen staatlichen Bemühungen zur Ankurbe­lung der Konjunktur gelte: Unternehmer schaffen ­Arbeitsplätze, der Staat schafft Sitzplätze. Wichtigster Maßstab sei das Geld. Preise seien Knappheitssignale, sofern die Preis­findung nicht gestört werde. Aber genau das sei der Fall, etwa beim Mietendeckel, eigentlich eine Erfindung aus dem Jahr 1936. Es gebe keine Bereitschaft, das Geld knappzuhalten, ­damit dieses seine Funktion erfüllen könne. Die Geldmenge habe sich in den letzten zwölf Jahren verzwölffacht – ein Vielfaches des Zuwach­ses der Gütermenge. Bislang sei das Geld in den Spe­kulationskreislauf geflossen, mit der sogenannten Pandemie ­wurde die Spekulationsblase jedoch angestochen. Zusätzlich wirkte ­COVID als Schuldentreiber.

„Match made in Heaven“
Der exponentielle Verlauf der EZB-Bilanzsumme sei kein (!) ­Zufall. Die Corona-Krise sei die größte Subventionsorgie aller Zeiten. Statt der üblichen 2% Unternehmenspleiten pro Jahr (gemes­sen an der Zahl aller Unternehmen) seien während der Pandemie lediglich 0,1% zu verzeichnen gewesen. Im Rahmen der fortschreitenden Zombifizierung der Wirtschaft seien nun rund 20% Pleiteunternehmen „angespart“ worden. Das senke die Produktivität. Die Aktienkurse hätten sich folglich noch weiter von der Realität entfernt. Was immer die Notenbanken in die­ser Situation tun, sie sind „verdammt“. Es gehe nicht mehr um die Frage „Rezession oder Inflation?“, da wir nach der Über­zeugung Dr. Kralls beides bekommen werden. Die richtige ­Lehre aus dieser Großkrise sei der Wettbewerb im Geldsystem. Die Verbindung von Krypto und Edelmetallen sei ein „Match made in Heaven“.

Fazit
Angesichts der Auswahl der Referenten war eine gewisse Zurückhaltung bei der Beurteilung der Weltlage zu erwarten. Aber es war beileibe nicht „Gloom and Doom“, was vorgetragen wurde, sondern überwiegend Einschätzungen und Prognosen, die auf Basis des Theoriegebäudes der Österreichischen Schule (Aus­trian Economics) geradezu zwingend sind. Das gilt auch für die Lösung: physische Werte in sicheren Jurisdiktionen, die maximal gegenüber Ein- und Übergriffen geschützt sind. Einer ­reinen Bunkermentalität wurde dennoch nicht das Wort geredet. Gleich mehrere Referenten betonten, wie wichtig es gerade in schwerer Zeit sei, seinen Optimismus nicht zu verlieren.

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