Politik & Gesellschaft
Smart Investor im Gespräch mit dem Journalisten Ernst Wolff über sein neues Buch „World Economic Forum – Die Weltmacht im Hintergrund“

von Ernst Wolff;
Klarsicht Verlag;
280 Seiten ; 22,00 EUR
Smart Investor: Herr Wolff, es ist schön, dass Sie nach ziemlich genau einem Jahr wieder Zeit gefunden haben, uns ein Interview zu geben. Anlass ist Ihr neues Buch. Es handelt vom World Economic Forum (WEF), welches in den Medien immer öfter Beachtung erfährt. Warum gleich ein ganzes Buch dazu?
Wolff: Beim WEF handelt es sich um die bestvernetzte und wirtschaftlich wie auch politisch einflussreichste Organisation der Welt. Es bildet seit den 1990er-Jahren die korporative und politische Elite der Welt aus und hat es geschafft, eine Unzahl wichtiger Posten in Industrie und Politik mit seinen Günstlingen zu besetzen. Nachdem es fast ein halbes Jahrhundert lang weitgehend ungestört im Hintergrund gearbeitet hatte, ist es im Zuge der Gesundheitskrise der letzten Jahre immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dennoch wissen die meisten Menschen kaum etwas über seine Aktivitäten, die weit über das bekannte Treffen in Davos hinausgehen. In meinen Augen ist es höchste Zeit, dass die Menschen mehr über die Geschichte des WEF erfahren und dadurch einen Einblick in die wahren Machtstrukturen hinter den Kulissen unserer Welt bekommen.
Smart Investor: Sie zeichnen sehr anschaulich und eindrucksvoll die Geschichte dieser Organisation seit ihrem Beginn nach. Ist Ihnen dabei aufgefallen, dass das WEF bzw. sein Vorläufer exakt in demjenigen Jahr gegründet wurde, in welchem die Weltmacht USA ihren zahlreichen Gläubigern ziemlich frech verkündete, dass ihre Währung nun nicht mehr durch Gold gedeckt ist, und damit die Gelddruckorgie so richtig in Gang kommen konnte? Sehen Sie darin einen Zufall?
Wolff: Das war mit Sicherheit kein Zufall. Die US-Elite hatte 1971 ein großes Problem: Wegen eines Runs auf das Gold war sie gezwungen, den Dollar vom Gold zu trennen, was ihre finanzielle Vormachtstellung in der Welt bedrohte. Einige ihrer führenden Vertreter wie Henry Kissinger suchten nach Möglichkeiten, den US-Einfluss auch nach diesem historischen Einschnitt aufrechtzuerhalten, vor allem in Europa. Warum ihre Wahl gerade auf Prof. Dr. Klaus fiel? Er hatte unter Kissinger an der Harvard Universität studiert und war ihm und einigen anderen als besonders ehrgeizig aufgefallen. Ohne die Unterstützung Kissingers und der US-Elite hätte Prof. Dr. Schwab seine Stiftung, die zunächst European Management Forum hieß, mit Sicherheit nicht ins Leben rufen können.
Smart Investor: Beschreiben Sie doch einmal in wenigen Worten, worum es sich bei diesem WEF handelt und was man von Prof. Dr. Klaus Schwab, Gründer und Chef des WEF, halten soll.
Wolff: Das WEF hat sich seit seiner Gründung 1971 zur mächtigsten Lobbyorganisation der globalen Elite entwickelt. Es hat etwa 1.000 „Partner“ und ca. 120 „strategische Partner“; das sind Großkonzerne und NGOs, die für die Mitgliedschaft hohe Jahresbeiträge zahlen. Das WEF bildet seit 1992 systematisch Politiker und Wirtschaftsführer aus und spielt auf dem globalen Schachbrett eine entscheidende Rolle: Es hat die deutsche Wiedervereinigung im Interesse der USA organisiert, China den Weg zur Weltmacht geebnet, Russlands Weg in die Marktwirtschaft entscheidend beeinflusst und war ein treibender Faktor bei der Gründung der Welthandelsorganisation und der G20.
Sein Gründer und Chef Prof. Dr. Klaus Schwab ist ein Machtmensch, der sich ohne Wenn und Aber den Interessen der Reichen und Mächtigen dieser Welt verschrieben hat. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er die Trends der Zeit, z.B. die Auswirkungen der Digitalisierung, früher als viele andere erkennt, sie hemmungslos zugunsten seiner Verbündeten nutzt und damit kontinuierlich an Macht und Einfluss gewinnt.
Smart Investor: Prof. Dr. Schwab hat selbst ein Buch mit dem Titel „Great Reset“ geschrieben und behauptet darin implizit, dass er die Welt retten will. Wovor eigentlich? Nehmen Sie ihm seinen Altruismus ab?
Wolff: Nein, keinesfalls. Wir leben in einer Zeit, in der die Elite mit zwei großen Problemen konfrontiert ist: Zum einen ist unser mehrere Jahrhunderte altes Geldsystem in sein Endstadium eingetreten und zum anderen stehen wir vor der größten Massenarbeitslosigkeit aller Zeiten, bedingt durch die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Um unter diesen schwierigen Umständen an den Hebeln der Macht zu bleiben, muss die Elite extrem autoritäre und diktatorische Strukturen errichten. Prof. Dr. Schwabs Great Reset stützt sich auf sein Konzept der „öffentlich-privaten Partnerschaft“ – und dahinter steckt nichts anderes als Mussolinis faschistischer Traum von der Verschmelzung von Staat und Großkonzernen. Diese Vision hat mit Altruismus nichts zu tun, sondern bedeutet die Unterwerfung der Mehrheit der Menschen unter die Interessen einer winzigen Minderheit und damit das Ende aller Freiheit.
Smart Investor: Ein oft zitiertes Statement Prof. Dr. Schwabs lautet: „Du wirst nichts mehr besitzen und Du wirst glücklich sein.“ Wie muss man sich das vorstellen? Werden Bill Gates & Co. ihren Reichtum dann alle aufgeben? Und warum sollte das glücklich machen?
Wolff: Bei dem zitierten Satz sollte man sich an die Versprechen der Kommunisten im vergangenen Jahrhundert erinnern. Das von ihnen viel gepriesene Ende des Privateigentums machte niemanden glücklich, sondern bedeutete den Anfang der uneingeschränkten Herrschaft der Partei. Seine Vision bedeutet nichts anderes, als dass wir nicht nur unseren Besitz, sondern unser Schicksal zu 100% der Elite und ihrer Speerspitze, dem WEF, überlassen sollen. Für Glücksgefühle wird dann vermutlich die eng mit dem WEF verbandelte internationale Pharmaindustrie zuständig sein.
Smart Investor: Die COVID-19-Krise bezeichnete Prof. Dr. Schwab damals als eine Chance, die man nützen müsse. Bitte klären Sie uns auf, was er damit meinte – und vor allem: Ist das gut für die Menschheit?
Wolff: Wir wissen inzwischen, dass COVID-19 nicht annähernd so gefährlich war, wie uns gesagt wurde, und dass die getroffenen Maßnahmen der Mehrheit der Menschen mehr geschadet als genützt haben. Der Elite allerdings haben sie die größte Vermögensumverteilung aller Zeiten beschert. Außerdem haben sie ihr gezeigt, dass sie nur genügend Panikmache betreiben muss, um die Menschen dazu zu bewegen, Einschränkungen aller Art fast widerspruchslos hinzunehmen. Für unsere Zukunft bedeutet das nichts Gutes, denn es ist zu befürchten, dass man zur Erreichung seiner Ziele auch weiterhin auf dieser Klaviatur spielen und die Menschheit auf verschiedenste Arten und Weisen immer wieder in Angst und Schrecken versetzen wird.
Smart Investor: Im Zusammenhang mit dem WEF hört man auch immer wieder Begriffe wie Vierte Industrielle Revolution und Transhumanismus. Was hat es damit auf sich?
Wolff: Die Dritte Industrielle Revolution hat uns in den 1980er-Jahren den Personal Computer und in den 1990er-Jahren das Internet beschert. Zurzeit befinden wir uns im Anfangsstadium der Vierten Industriellen Revolution, dem Zeitalter der künstlichen Intelligenz. Ihr rasantes Voranschreiten wird dafür sorgen, dass weltweit Hunderte Millionen Arbeitskräfte überflüssig werden und damit als Konsumenten in einer konsumgetriebenen Wirtschaft ausfallen. Die künstliche Intelligenz stellt aktuell die größte Bedrohung für die Menschheit dar.
Transhumanismus ist ein Oberbegriff für die digitale Konvergenz, die Verschmelzung der biologischen mit der digitalen Sphäre, z.B. in Form von Hirnimplantaten. Transhumanisten wie Prof. Dr. Schwab sehen diese Verschmelzung als einen Schritt auf dem Weg zur Entwicklung des Menschen zu einem höheren Wesen. In meinen Augen ist dieser Eingriff in die Schöpfung brandgefährlich, da dem Menschen so sein höchstes Gut – die Selbstbestimmtheit – genommen werden kann.
Smart Investor: Auch hört man vom WEF befremdliche Statements wie „nutzlose Esser“ oder dass die Weltbevölkerung deutlich niedriger sein sollte, wenn man die anstehenden Probleme lösen wollte. Wie bewerten Sie das?
Wolff: Es gehört schon ein kalter Zynismus dazu, das menschliche Leben ausschließlich unter dem Aspekt der Produktivität und der Wirtschaftlichkeit zu betrachten. Wer allerdings – wie das WEF – Organisationen wie dem Club of Rome ein Podium bietet, um die Reduktion der Weltbevölkerung als Lösung der Menschheitsprobleme zu propagieren, der darf sich nicht wundern, wenn eigene Vertreter wie der israelische Historiker Yuval Harari sich dazu versteigen, von „nutzlosen Essern“ zu sprechen. Auf jeden Fall machen diese Äußerungen deutlich, mit was für einer Grundgesinnung wir es beim WEF zu tun haben.
Smart Investor: Dass unser aktuelles weltweites Fiatgeldsystem inzwischen marode ist, hatten Sie bereits erwähnt. Als Lösung wird vom WEF das „Digitale Zentralbankgeld“ propagiert – eine gute Idee?
Wolff: Wenn es nach dem WEF geht, werden wir alle in Zukunft nur noch ein einziges Konto haben, und zwar bei der Zentralbank. Sie wird über jede unserer Transaktionen Bescheid wissen, uns individuelle Steuer- und Zinssätze auferlegen, das Geld geografisch einschränken oder an ein Ablaufdatum binden und uns im Extremfall von allen Finanzflüssen abschneiden können. Was das WEF uns nicht sagt: Die wichtigsten Zentralbanken lassen sich seit der Weltfinanzkrise vom mächtigsten Finanzunternehmen der Welt, BlackRock, beraten und sind von dessen Finanzdatenanalysesystem Aladdin abhängig. Und BlackRocks Gründer Larry Fink sitzt seit 2019 zusammen mit Prof. Dr. Schwab im Vorstand des WEF. Das heißt nichts anderes, als dass Digitales Zentralbankgeld uns alle zu Sklaven von BlackRock & Co. machen wird.
Smart Investor: Manche bezeichnen das WEF schon als die neue Weltregierung, die viele der heutigen und früheren Staatschefs zu ihren Mitgliedern zählt. Wladimir Putin soll dagegen nicht dazugehören und gegen die Ziele des WEF handeln. Ist das glaubwürdig?
Wolff: Nein. Um Putin einzuschätzen, muss man nur die Frage stellen, wem seine Kriegspolitik nützt. Die Antwort fällt klar und eindeutig aus: der internationalen Rüstungsindustrie, hinter der als Hauptaktionäre die Vermögensverwalter mit BlackRock und Vanguard an der Spitze stehen; außerdem all den Politikern, die angesichts ihrer Probleme auf einen äußeren Feind deuten können und von denen wiederum sehr viele aus der WEF-Kaderschmiede der Young Global Leaders stammen.
Smart Investor: Sehen Sie angesichts dieser düsteren Analyse irgendwo einen Hoffnungsschimmer?
Wolff: Ja. Der größte Trumpf des WEF war fast ein halbes Jahrhundert lang die Diskretion, mit der es seine Agenda hinter dem Rücken der Menschen vorantreiben konnte. Damit aber ist seit der Corona-Krise Schluss. Das WEF und Prof. Dr. Schwab können sich heute nicht mehr verstecken und spüren bereits heftigen Gegenwind. Das birgt eine historische Chance: Je mehr Menschen ihre gegen uns alle gerichtete Agenda verstehen und ihre wahren Ziele erkennen, umso größer wird der Widerstand gegen sie werden. Wenn mein Buch dazu beiträgt, diesen Widerstand zu stärken, dann hat es seinen Zweck erfüllt.
Smart Investor: Herr Wolff, vielen Dank, dass Sie uns etwas Licht ins – im wahrsten Sinne des Wortes – Dunkel gebracht haben.
Ernst Wolff, 1950 in der Volksrepublik China geboren und aufgewachsen in Korea, arbeitete nach seinem Studium in Deutschland und den USA zunächst als Dolmetscher, Sprachlehrer und Drehbuchautor. Seit den 1990er-Jahren arbeitet er als Journalist und ist Autor zahlreicher Bücher wie „Weltmacht IWF“, „Finanztsunami“, „Wolff of Wall Street“ und zuletzt „World Economic Forum“. Wolff beschäftigt sich vor allem mit der Wechselbeziehung zwischen Politik und Wirtschaft und konzentriert sich dabei auf den Finanz- und den Digitalsektor. Die Krise von 2008, die Eurokrise und der weltweite Finanzcrash vom März/April 2020 waren für ihn nur die ersten Vorboten eines aufziehenden globalen Finanztsunamis, dessen Folgen unser Leben in den kommenden Jahren von Grund auf verändern werden.