„Unser KGV dürfte bei knapp über zwei liegen“

Thomas Gutschlag

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Interview

Smart Investor im Gespräch mit Dr. Thomas Gutschlag, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Rohstoff AG, über die gute Entwicklung und trotzdem niedrige Börsenbewertung seines Unternehmens

Smart Investor: Herr Dr. Gutschlag, die Deutsche Rohstoff AG hat soeben ihre Zahlen für 2022 berichtet und ich muss sagen: Hut ab! Ein Plus von 125% beim Umsatz und 150% beim Nettoergebnis. Davon können andere Firmen nur träumen …
Gutschlag: Ja, unser Gewinn hat sich von 26,4 Mio. auf 66,2 Mio. EUR erhöht. Das ist das mit Abstand beste Ergebnis, welches wir je erzielt haben.

Smart Investor: Vermutlich sind Sie ein Profiteur des höheren Ölpreises.
Gutschlag: Ja. Natürlich gab es einen deutlichen Preiseffekt, da der Ölpreis im letzten Jahr im Durchschnitt deutlich höher als 2021 lag. Aber es gab auch einen Mengeneffekt: Mit 9.600 Barrel Öläquivalent* pro Tag (BOEPD) konnten wir 2022 die höchste Produktionsmenge in unserer Geschichte erzielen – inzwischen haben wir eine breite Produktionsbasis in den USA aufgebaut. Das sorgt für einen regelmäßig hohen Cashflow.

Smart Investor: Der Börsenwert der Deutschen Rohstoff AG liegt bei rund 140 Mio. EUR, das entspräche einem KGV von nur knapp über zwei – oder habe ich mich verrechnet?
Gutschlag: BÖRSE ONLINE nannte uns kürzlich „die billigste Aktie Deutschlands“. Wir haben auch für 2023 eine Prognose gemacht, daher kann ich vermuten, dass wir von Anfang 2023 bis Ende 2024 voraussichtlich unseren ganzen Börsenwert verdient haben werden. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, Sie haben richtig gerechnet, das KGV dürfte bei knapp über zwei liegen.

Smart Investor: Unglaublich! Warum wird Ihre Aktie so niedrig vom Markt bepreist? Gehen Ihre Ölreserven derart schnell zur Neige?
Gutschlag: Nein – wir haben zuletzt unseren Reservenwert veröffentlicht, da liegen wir um die 350 Mio. USD an gesicherten Ölreserven, und wir gewinnen ja laufend neue Reserven hinzu. Da ist auch noch Luft nach oben. Wir haben genügend Bohrinventar, sodass wir ohne Weiteres noch zehn Jahre oder mehr auf diesem Niveau fördern können. Und dann kommen noch neue Gelegenheiten wie unsere Kooperation mit OXY hinzu.

Smart Investor: OXY? Erzählen Sie doch mal!
Gutschlag: OXY ist der Kurzname für Occidental Petroleum, einen großen US-Öl- und Chemiekonzern, der auch dadurch zur Berühmtheit gelangt ist, dass sich Warren Buffett mit 30% daran beteiligt hat. Mit OXY zusammen investieren wir seit 2022 gemeinsam in ein Projekt in Wyoming, unser Investitionsanteil liegt bei etwa 150 Mio. USD. Der Cashflow daraus – wir erhalten etwas weniger als die Hälfte der Erlöse – ist nun enorm und hat im Wesentlichen zu unserem starken Umsatz- und Gewinnanstieg 2022 geführt.

Smart Investor: Wieso lässt Sie OXY an diesem Supergeschäft teilhaben? Verfügt das Unternehmen nicht über genügend Kapital, um das allein zu stemmen?
Gutschlag: Doch, aber große US-Unternehmen üben sich in starker Kapitaldisziplin. Das bedeutet, dass sie hohe Ausschüttungen oder hohe Aktienrückkäufe durchführen, sodass die Investitionsbudgets eher begrenzt sind. OXY hat weltweit viele Projekte , aber Wyoming ist für die Texaner definitiv keine Kernregion. Allerdings haben sie dort ein gutes Bohrteam. Daher beschlossen sie, weiterzumachen, aber eben mit einem Partner. Vor eineinhalb Jahren hatten sie das Projekt über eine Bank ausgeschrieben und wir sind mit etwas Glück dann als deren Partner ausgewählt worden. Solch ein Deal eines Großen mit einem Kleinen wie uns ist sicherlich nicht der Standard in den USA, aber kommt eben hin und wieder vor. Inzwischen haben wir auch in der Branche eine gute Reputation, da wir seit zwölf Jahren erfolgreich in den USA tätig sind. So ist es zu erklären, dass sich solche Möglichkeiten wie mit OXY auftun, die wir vor fünf Jahren nicht gehabt hätten.

Smart Investor: Aber weshalb ist eine Cash Cow wie die Deutsche Rohstoff so günstig bewertet?

Gutschlag: Der Markt glaubt offensichtlich nicht daran, dass der Ölpreis weiterhin auf dem eher hohen Niveau verbleiben kann. Und auch das ESG-Thema spielt hier wohl mit rein: Viele Fonds dürfen in die Deutsche Rohstoff gar nicht investieren, da Fracking für sie ein Ausschlussthema ist.

Smart Investor: Wie ist Ihre Aktie im Vergleich zum Sektor bewertet?
Gutschlag: Der Sektor ist insgesamt recht niedrig bewertet; hohe einstellige Dividendenrenditen sind bei Öltiteln derzeit fast normal. Hinzu kommt, dass Small Caps in der Bewertung derzeit deutlich hinterherhinken. Mit diesen beiden Faktoren lässt sich unser tiefes KGV wohl erklären.

Smart Investor: Eigentlich müsste Ihre Gesellschaft doch ein interessantes Übernahmeziel für einen der Großen in der Ölbranche sein.
Gutschlag: Eher nicht. Aus Sicht der großen Amerikaner sind wir nur ein kleiner Fisch. Außerdem haben wir unseren Sitz in Deutschland, was so gar nicht für Öl steht. Nein, auf eine Übernahme brauchen wir nicht zu spekulieren.

Smart Investor: Ist denn Ihre Ergebnisentwicklung nachhaltig?
Gutschlag: In der Vergangenheit hatten wir sehr stark schwankende Ergebnisse, einige Investoren wurden dadurch sicherlich abgeschreckt. Inzwischen konnten wir unser Geschäft aber verstetigen. Daher haben wir auch schon für 2024 eine Guidance abgegeben, ein EBITDA von über 100 Mio. EUR. Neue Projekte kommen aber noch obendrauf. Nach 2024 gibt es keinen Grund, warum es schlechter werden sollte. Entscheidend wird aber die Ölpreisentwicklung sein.

Smart Investor: Wie sieht es mit der Dividende aus?
Gutschlag: Für 2021 lag die Rendite bei rund 3%, für 2022 ist es noch nicht klar, aber die Erwartung der Anleger ist nach dem hervorragenden Geschäftsverlauf sicherlich, dass wir einen Schnaps drauflegen werden.

Smart Investor: Haben Sie noch große Investitionsvorhaben?
Gutschlag: In unsere Branche investieren wir ständig, 2022 ungefähr 100 Mio. EUR, aber unser Cashflow betrug auch 130 Mio. EUR. Da steht also für eine Dividende noch reichlich zur Verfügung. Bedenken muss man aber auch, dass wir Ende 2024 unsere Anleihe in Höhe von 100 Mio. EUR zurückzahlen bzw. refinanzieren müssen.

Smart Investor: Es ist ungewöhnlich, dass eine kleine deutsche Firma in den USA Öl fördert und dann auch noch solche Deals wie den mit OXY an Land zieht. Wie kam es dazu?
Gutschlag: Wir hatten zu Beginn in Deutschland nach Öl gebohrt, im Rheintal und im Allgäu. Über einen guten Kontakt zu einem amerikanischen Petroleum-Ingenieur sind wir dann in den USA in ein Schieferölprojekt eingestiegen; das war Anfang 2011. Die Bohrflächen konnten wir dann zu einem ausgezeichneten Preis verkaufen. Im Lauf der Zeit haben wir mit den Erlösen dann das Geschäft immer weiter ausgebaut – bis heute.

Smart Investor: Bis letztes Jahr waren Sie der CEO der Deutschen Rohstoff AG, dann sind Sie in den Aufsichtsrat gewechselt – warum?
Gutschlag: Die Deutsche Rohstoff AG wurde in den letzten Jahren auf eine gute Spur gebracht. Ich bin inzwischen fast 60 Jahre alt und wollte meinem jüngeren Kollegen Jan-Philipp Weitz Platz machen. Als Aufsichtsrat bin ich natürlich weiterhin sehr nah an der Firma dran.

Smart Investor: Das klingt alles ziemlich spannend. Wir werden Ihr Unternehmen weiterverfolgen. Danke für Ihre Ausführungen.

*) BOEPD = Barrel Oil Equivalent per Day; zu Deutsch: Fass Öläquivalent pro Tag, wobei Öläquivalent dem geförderten Öl plus dem geförderten Gas (umgerechnet in Öl) entspricht.

Zur Deutschen Rohstoff AG: Die Deutsche Rohstoff identifiziert, entwickelt und veräußert attraktive Rohstoffvorkommen vorrangig in Nordamerika, Australien und Europa, wobei der Schwerpunkt aktuell in der Erschließung von Öl- und Gaslagerstätten in den USA liegt. Metalle wie Gold, Kupfer oder Wolfram runden das Portfolio ab. Das Unternehmen aus Mannheim verfügt über erfahrene Teams vor Ort, für die USA sitzt es in Denver/Colorado. In den USA wurden in den vergangenen Jahren insgesamt über 100 Ölquellen erfolgreich erschlossen. Zudem arbeitet man dort teilweise auch mit Branchengrößen wie Occidental Petroleum („OXY“) zusammen. Für das Jahr 2022 konnte die Deutsche Rohstoff sowohl den Umsatz als auch den operativen Cashflow (EBITDA) und das Nettoergebnis um jeweils mehr als 100% auf Rekordwerte steigern.

Dr. Thomas Gutschlag, Jahrgang 1964, studierte Volkswirtschaftslehre in Heidelberg (Promotion in Mannheim) und war danach bei der Deutschen Börse sowie beim Beratungsunternehmen Blättchen & Partner (Themen: IPOs, M&A) tätig. 2006 gründete er zusammen mit Titus Gebel die Deutsche Rohstoff AG in Mannheim, deren Vorstand er bis 2022 war und unter dessen Führung das Unternehmen einen sehr erfolgreichen Weg, auch und vor allem in den USA, gegangen ist. Mitte 2022 hat Gutschlag den Vorstandsvorsitz an Jan-Philipp Weitz abgegeben und fungiert seither als Aufsichtsratsvorsitzender.

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