Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles.

Titelbild: © Станислав – stock.adobe.com

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Ach, wir Armen! (Faust I)

Der Universalgelehrte und das Gold

Unseren heutigen Weekly stellen wir unter ein bekanntes Goethe-Zitat, das zudem kaum aktueller sein könnte. Gretchens Stoßseufzer über den Drang zum Gold wird heute in mehrfacher Hinsicht als Kritik gelesen. Vor allem ist es die verführerische Kraft des gelben Metalls, das im Faust I nicht göttlichen Ursprungs ist, sondern von Mephisto, der Verkörperung des Teufels, ins Spiel gebracht wurde. Auch Gretchens Einsicht, dass Schönheit allein nicht genüge, kann als Kritik an einer Orientierung an materiellen Werten gelesen werden. Wer Goethe allerdings posthum in das Lager plumper Kapitalismuskritik stecken wollte, täte ihm unrecht. Dazu war der Dichterfürst, der auch Finanzminister von Weimar war, nicht nur viel zu interessiert an ökonomischen Fragen, sondern auch viel zu klug.

Kritiker des Geldsystems

Kritisch setzte sich Goethe dagegen mit dem zu seiner Zeit aufkommenden Papiergeld auseinander. Zum einen war er von den Möglichkeiten des neuen Geldes durchaus fasziniert, zum anderen sah er aber die Gefahren, und jene gravierenden Fehlentwicklungen, die sich bereits damals zeigten – ausufernde Staatsverschuldung, Staatsfinanzierung mit der Notenpresse und der Verfall jener Gelder, die von der Druckerpresse mit besonderem Eifer ausgespuckt wurden. Die Hyperinflation jener Tage und John Laws gescheitertes Papiergeldexperiment in Frankreich sollen ihn zu seinen Ausführungen in Faust II inspiriert haben. Mephistopheles will dort zur Lösung der Finanzprobleme des Kaisers das Papiergeld einführen: „Es fehlt an Geld, nun gut so schaff‘ es denn.“ Schon, dass Mephistopheles in dieser Szene im Gewand eines Narren auftritt, zeigt, dass Goethe bereits damals das Wesen des Papiergelds durchschaut hatte. Heute tragen die Narren Anzüge.

Natürlicher Fluchtpunkt

An den grundsätzlichen Defekten des Fiatgelds hat sich allerdings auch in den modernen Geldsystemen nichts geändert. Trotz aller angeblichen Sicherungen laden sie weiter zum Missbrauch der (heute elektronischen) Geldpresse ein und erzeugen Schuldenstände, die auf Dauer nicht durchzuhalten sind. Während die hartnäckige Hochinflation ein dickes Fragezeichen bei der Geldwertstabilität setzt, ist es die erneut aufgeflackerte Bankenkrise, die ein Schlaglicht auf die systemische Instabilität von Fiatgeld und Fractional Reserve Banking wirft. Der natürliche Fluchtpunkt bei solchen Problemen bleibt das Gold, welches die Rolle des Geldes schon in einer Zeit gespielt hat, als niemand so verrückt gewesen wäre, bunte Zettel oder Zahlenkolonnen auf einer Festplatte als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Entsprechend verhasst ist den Betreibern und Propagandisten „moderner“ Zahlungsmittel der goldene Urgroßvater des Geldes.

Vitaler Urgroßvater

Dass dieser auch heute noch ziemlich vital ist, kündigte sich schon vor Wochen an. So konnte Gold in unserer Relative-Stärke-Tabelle in Smart Investor 4/2023 erstmalig seit elfeinhalb Jahren wieder den Spitzenplatz belegen. Zuletzt zeigte der Sprung über die symbolträchtige Marke von 2.000 USD/Feinunze, wie quicklebendig das gelbe Metall an den Märkten ist. Ähnliche Höhen erreichte der Kurs auch vor ziemlich genau einem Jahr, am 8. März 2022. Damit wurde seinerzeit der Schlusspunkt der damaligen Rally gesetzt – der Kurs verlor bis zu den Tiefs im Herbst 2022 rund 22%. Das entscheidende Ereignis jener Tage war der Ausbruch des Ukrainekriegs, doch erwies sich dieser „Fear Trade“ letztlich nicht als nachhaltig. Den 24. Februar, den Tag des russischen Einmarschs, erkennt man im Chart nicht an besonderen Kursavancen, sondern lediglich an der herausragenden Volatilität. Auch hatte der Goldpreis bei Kriegsausbruch die Hälfte seines Anstiegs bereits hinter sich. Der Krieg war also nicht direkter Auslöser, es sei denn, die Anleger wären schon aufgrund der Spannungen im Vorfeld massiv auf die Käuferseite gewechselt. Entscheidend ist allerdings, dass die Marke von 2.000 USD/Feinunze im März 2022 erst nach einem längeren Anstieg, also in einem markttechnisch bereits erschöpften Zustand erreicht wurde, während es sich diesmal um einen frischen Ausbruch aus einer Konsolidierungsformation handelt.

Chance auf echte Rally

Die Chancen stehen diesmal also besser, dass es noch ein gutes Stück weiter nach oben gehen könnte, bevor die nächste Konsolidierung auf dann höherem Niveau einsetzt. Einige Beobachter erwarten nun sogar massive Terminmarkteindeckungen und deutlich höhere Kurse im Bereich von 2.500 bis 3.000 USD/Feinunze. Unser Gastautor Dr. Holger Schmitz von Schmitz & Partner führt im aktuellen Smart Investor 4/2023 ein weiteres Argument für Gold an. Nach seiner Auffassung sollte mit dem gelben Metall zumindest der Erhalt der Kaufkraft gelingen – eine Auffassung, der wir uns inhaltlich voll anschließen. Thomas Hellener von SOLIT Fonds betont im gleichen Heft diesen bullishen Aspekt: Die von den Notenbanken praktizierte „Bankenrettung“ durch Maßnahmen des Qantitative Easing wirke inflationstreibend und sei daher positiv für physische Edelmetalle und Edelmetallminen.

Widerstand gebrochen

Tatsächlich lässt sich der jüngste Aufschwung des Goldes auch bei anderen Edelmetallen beobachten. So ist Silber mit einem kräftigen Schub über den wichtigen Widerstand im Bereich von 24,60 bis 24,70 USD/Feinunze angestiegen. Das ist umso erstaunlicher, als es sich bis Anfang März noch deutlich schwächer verhielt als Gold und kurzzeitig sogar noch einmal Tiefs unter 20 USD/Feinunze auslotete. Im Gegensatz zu Gold ist das weiße Metall nach einem Kursaufschwung von mehr als 20% in weniger als einem Monat zwar deutlich übergekaufter, allerdings sind ausgeprägte Kursbewegungen bei Silber wesentlich häufiger zu beobachten als beim großen Bruder.

Die Nachfrage für Platin steigt und steigt

Anfang März hat das World Platinum Investment Council (WPIC) seinen Platinum Quarterly (Quartalsbericht für Platinum) für das vierte Quartal des letzten Jahres veröffentlicht. Zudem gab es einen Rückblick auf das Gesamtjahr 2022, eine revidierte Prognose für 2023 sowie einen mittelfristigen Ausblick. Der Platinpreis überschritt am Dienstag mit einem beeindruckenden Tagesgewinn von über +3,0% die magische 1.000-USD-Marke pro Feinunze und scheint seinen Aufwärtstrend weiter fortsetzen zu wollen. Ein solches Szenario ist mehr als nachvollziehbar – wir berichteten im aktuellen Smart Investor 4/2023 – und die Argumentation des WPIC deckt sich mit jener der von uns befragten Experten. Da steht auf der einen Seite eine stetig anwachsende Nachfrage: Das Hybridmetall Platin wird vermehrt in der Industrie gebaucht. Zum einen soll es das teurere Palladium ersetzen, zum anderen soll es neben den bisherigen Einsatzgebieten hauptsächlich in der Automobil- und Glasindustrie zukünftig auch für E-Mobilität und in der Wasserstofftechnologie verarbeitet werden. Weiteres großes Einsatzgebiet des Platins ist der weltweite Schmuckmarkt.

Nach Aufhebungen der Corona-Maßnahmen in China wird vor allem für dort, aber auch für Japan und Indien ein erheblicher Anstieg der Schmucknachfrage prognostiziert. Einem solch hohen Zuwachs des Gesamtbedarfs kann die Angebotssituation kaum gerecht werden, zumal die Produktion aufgrund von Beeinträchtigungen im Bergbau aber auch im Recycling im letzten Jahr sehr eingeschränkt war. Diese Angebotslücke wird in naher Zukunft auch nicht schnell zu schließen sein, weil die Erschließung neuer profitabler Minen mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Über all dem schwebt zusätzlich noch das Risiko bezüglich Russlands, dem größten Platinexporteur der Welt. Sollte es zu Sanktionen für Platin kommen, wäre auf einen Schlag mehr als 30% des weltweiten Platinangebots vom Markt abgeschnitten. Die angeführten Argumente lassen für den Platinkurs eigentlich nur eine Richtung plausibel erscheinen – die nach Norden. Doch ist es kein Geheimnis, dass Edelmetalle und eben auch Platin im Visier von Spekulanten und systemischen Organisationen sind, was großen Einfluss auf die entsprechenden Kurse hat. Dementsprechend rechnen wir damit, dass die Volatilität für Platin weiter hoch bleiben wird, allerdings mit einer Tendenz zu höheren Preisen.

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Ende einer Irrfahrt

Am 8. Februar berichteten wir an dieser Stelle unter der Überschrift „Pleiten, Pech und Pannen“ über die Leoni AG (WKN: 540888, akt. Kurs: 0,33 EUR). Der Kabelbaumhersteller schien vom Pech geradezu verfolgt – ein Betrugsfall, die Corona-Lockdowns, der Krieg in der Ukraine, etc. Nun soll das Unternehmen gerettet sein. Großaktionär Stefan Pierer wolle eine Kapitalerhöhung um 150 Mio. EUR ermöglichen. Banken, weitere Gläubiger und Bürgen sollen den Plänen bereits zugestimmt haben. Doch, und dieser Denkfehler zeigte sich auch bei der Spekulation auf eine Rettung der Credit Suisse Group, eine Rettung des Unternehmens bedeutet noch lange nicht, dass auch die Aktionäre gerettet werden. Im Falle der Credit Suisse betrug der Übernahmewert letztlich unter einem Schweizer Franken pro Aktie. Bei Leoni soll der Wert nach der Umsetzung des jetzt beschlossenen Sanierungskonzepts bei genau null liegen. Diesem Wert näherte sich das Papier zuletzt mit Riesenschritten an. Am vergangenen Mittwoch ging es um knapp -90% bergab. In den Folgetagen gab es einen lupenreinen „Dead Cat Bounce“, womit der makabre Umstand beschrieben wird, dass eine tote Katze, die von einem Hochhaus auf den Boden fällt, zwar durchaus noch einmal hochspringen kann, aber dennoch tot ist. Entsprechend ging es heute erneut um rund -40% nach unten. Unsere Empfehlung: Strikt meiden, denn an dieser Aktie dürften nicht einmal Zocker Freude haben.

Deutsche Dividendentitel: heute BASF

Da nun die heiße Phase der deutschen Dividendensaison beginnt, möchten wir Ihnen in den nächsten Wochen jeweils einen aus unserer Sicht interessanten nationalen Dividendentitel vorstellen. Beginnen möchten wir heute mit einem echten DAX-Schwergewicht. Die BASF ist ein weltweit führendes Chemieunternehmen und verfügt über eine der umfangreichsten Produktpaletten im Bereich Industriechemikalien. Neben dem Hauptsitz in Ludwigshafen am Rhein ist der Konzern mit Gesellschaften in 80 Ländern vertreten. Am 27. April findet die jährliche Hauptversammlung der BASF statt. Dort soll vorgeschlagen werden, eine Dividende auf dem Niveau des Vorjahres von 3,40 EUR je Aktie auszuschütten. Auch wenn dies keine Steigerung bedeutet, so können sich Investoren doch über eine mehr als ordentliche Dividendenrendite von rund 7,0% freuen (Stand: 05.04.2023 / Kurs 48,29 EUR). BASF ist ein äußerst zuverlässiger Dividendenzahler und verfügt über eine ansehnliche Auszahlungshistorie. Die letzte der seltenen Dividendenkürzungen fand im Jahr 2008 statt, dem Jahr der weltweiten Finanzkrise. Ex-Datum ist dieses Jahr der 28. April. Bis dahin sollten interessierte Leser BASF-Aktien in ihrem Depot halten, damit sie am 03.05.2023 an der Ausschüttung für das abgelaufene Geschäftsjahr teilhaben können.

Zu den Märkten

Zuletzt knabberte der DAX an der oberen Begrenzung des hier in den Vorwochen mehrfach beschriebenen Kursbandes zwischen 15.150 und 15.650 Punkten. Der gestrige Ausbruchsversuch scheiterte. Damit ist es nach Februar und März auch im dritten Anlauf nicht gelungen, die Marke von 15.650 Punkten nachhaltig zu überwinden. Immerhin konnte gestern zwar ein neues Jahreshoch erzielt werden, jedoch überwog die Enttäuschung der Anleger angesichts des Scheiterns, weshalb der Markt heute erst einmal den Rückwärtsgang einlegte. Dass der Sturm auf ein neues Jahreshoch nicht der große Wurf war, konnte man allerdings schon am Dienstag erahnen. Die Umsätze waren unspektakulär, was den Schluss nahelegt, dass weder der Ausbruch noch der Rückfall mit einer besonderen Anteilnahme der Börsianer einhergingen. Nach einem schnellen, weiteren Angriff auf die obere Begrenzung des Kanals sieht es derzeit nicht aus. Es wäre daher stimmig, falls zunächst noch das Aufwärts-Gap des DAX zwischen 15.342 und 15.425 Punkten geschlossen würde. Dann hätte der Markt vermutlich auch noch einmal genügend Kraft für einen weiteren Ausbruchsversuch gesammelt. Allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Zeit für den deutschen Leitindex auch saisonal langsam knapp wird. Ab Mai erwarten wir ein eingetrübtes Umfeld, das im weiteren Jahresverlauf noch zu unerfreulichen Überraschungen führen kann.

EU-Vermögensregister – Podiumsdiskussion

Erneut dürfen wir Sie auf eine Podiumsdiskussion der Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit e.V. am 28. April in Dresden hinweisen. Unter der Überschrift „EU-Vermögensregister: Bald schon Realität?“ wird der Frage nachgegangen: „Sind wir auf dem Weg zum gläsernen Steuerzahler für die Europäische Union?“ Das Podium ist hochkarätig besetzt: Neben Dr. Ulrich Horstmann, Prof. Dr. Karl-Friedrich Israel und Dr. Markus Krall ist auch Smart Investor-Chefredakteur Ralf Flierl mit von der Partie. Lassen Sie sich diese Diskussion mit aktuellen Informationen zu einer zunehmend bedrückenden Entwicklung nicht entgehen. Zur Anmeldung geht es hier entlang.

Falls Sie sich bereits im Vorfeld mit den Angriffen auf die Marktwirtschaft und die bürgerliche Freiheit befassen wollen, sei Ihnen ein Beitrag des Diskutanten Dr. Ulrich Horstmann über den Vormarsch des neuen grünen Sozialismus empfohlen, den Sie auf der Seite des Instituts Europa der Marktwirtschaften finden können.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über die Entwicklung im Aktien-Musterdepot und in unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Gold ist im Spiel und auch bei den Weißmetallen sind sehr konstruktive Kursbewegungen zu verzeichnen.

Ralf Flierl, Ralph Malisch, Peter Seufert-Heyne

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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