Zu guter Letzt – Zwiespältiges Bild

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Konrad Badenheuer

Ein Ausblick für Anleger auf das Jahr 2024 muss zweigeteilt sein. Auf der einen Seite stehen die wirtschaftlichen Fakten, auf der anderen die politischen.

Wenn es nur nach ersteren ginge, dann könnte das kommende Jahr für Anleger großartig werden: In den USA und China läuft die Konjunktur, auch in der EU gibt es – mit Ausnahme des miserabel regierten Deutschlands – positives reales Wachstum. Die Inflation ist deutlich auf dem Rückzug, was die Wahrscheinlichkeit steigender Zinsen reduziert. Außerdem sind die Anleger weltweit ziemlich pessimistisch gestimmt und die Aktienbewertungen entsprechend moderat. Am Beginn so manchen glänzenden Börsenjahres stand eine ähnliche Konstellation.

Aber das ist leider nur die halbe Geschichte – denn es gibt gravierende Belastungsfaktoren in den Bereichen Politik, Währung und Finanzen. Nehmen wir das Urteil des Verfassungsgerichts zur Schuldenbremse. Man kann ja nur begrüßen, dass Karlsruhe den Verantwortlichen ihre unverantwortlichen Finanzierungstricks so drastisch um die Ohren gehauen hat. Nun kommt es ganz darauf an, was die Politik daraus macht. Ideal wäre, wenn einige für den Staat besonders teure und die Wirtschaft besonders belastende Projekte beendet, rein konsumtive soziale Wohltaten gekürzt und teure Irrwege bei der Migration verlassen würden: Dann wären die öffentlichen Finanzen schnell wieder im Lot. Wenn dann noch gezielt dort investiert würde, wo der Bedarf am größten ist – Stichworte Verkehr und Digitalisierung –, dann könnte das Urteil großen Nutzen stiften; für die Gesamtwirtschaft in wenigen Jahren und für die Anleger schon in Monaten, weil die Finanzmärkte solche Effekte vorwegnehmen.

Wenn es dagegen schlecht kommt, wird die Schuldenbremse kaputtreformiert, wird an der falschen Stelle, nämlich bei den Investitionen, gespart und die Koalition hält stattdessen an teuren, ideologisch motivierten Projekten fest – ohne Rücksicht auf den Schaden für Wirtschaft und Wohlstand. Es ist völlig offen, wie dieses Tauziehen um den weiteren Kurs des Landes endet.

Auch bei Inflation und Zinsen bestehen Risiken. Der Rückgang der Teuerung in vielen Ländern geht vor allem auf den Basiseffekt zurück. Gemessen an den astronomischen Energie- und Erzeugerpreisen vor einem Jahr sind die aktuellen Rückgänge kein Wunder – und sicher nicht von Dauer. Wie groß die Probleme noch sind, zeigt die in vielen Ländern unverändert hohe Kerninflationsrate. Dahinter steht das ausufernde Geldmengenwachstum der Jahre bis 2020. Nach dem kleinen Einmaleins der Ökonomie bleibt deswegen die Inflation noch mehrere Jahre lang hoch. Langfristig ist das gut für Aktien als Sachwerte, aber zunächst kann das die Zinsen steigen lassen – und jeder Anleger weiß, was das bedeutet.

Bleiben die geopolitischen Risiken. Positiv gesagt: Wenn der Ukrainekrieg enden sollte und der Nahe Osten sich beruhigt, wenn Russland und China ihre Positionen in Afrika nicht noch weiter ausbauen und wenn Taiwan verschont bleibt von weiteren Drohungen oder Schlimmerem, dann kann 2024 ein wunderbares Jahr für Anleger werden. Das aber kann niemand wissen – und so bleibt eine Empfehlung, zwar investiert zu bleiben, aber mit ein paar Werten im Depot, die gerade im Falle einer Zuspitzung der Lage steigen.

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