Reverse-Trading als neue Strategie
Zollhammer, die ZweiteErneut verunsicherte Donald Trump am vergangenen Freitag die Märkte. Die USA drohten der EU mit neuen Zöllen in Höhe von 50% ab Juni. Erst ein Gespräch zwischen Trump und EU-Kommissionschefin von der Leyen konnte die Situation entschärfen. Heraus kam ein Aufschub bis 9. Juli. Das ist jenes magische Datum, das zugleich die Deadline für den ersten, ebenfalls aufgeschobenen Zollhammer von Anfang April darstellt. Der Aufschub für die Gegenzölle der EU endet am 14. Juli. Damit sind beide Seiten unter Verhandlungsdruck. Weil die Beziehungen zwischen Nordamerika und Europa besonders eng sind, könnte man auch sagen, sie sind zum Erfolg „verdammt“. Denn je mehr sich der Westen in der Sache selbst zerfleischt, desto eher erzeugt er damit einen „lachenden Dritten“, der ein echtes Zerwürfnis wohl zu nutzen wüsste.
Natürlich zeigten sich die Börsen am Freitag über die Neuauflage des US-Zollhammers schockiert. Insbesondere der DAX gab kräftig nach. Zwar kam es am Montag zu einer Erleichterungsrally, allerdings steht diese in zweierlei Hinsicht auf wackeligen Beinen. Zum einen gilt hier „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Gelöst ist im Zollstreit zwischen den USA und der EU also noch nichts. Es wurde lediglich Zeit gekauft. Wird der Aufschub nicht für eine Vereinbarung genutzt, könnte man Anfang Juli erneut vor einem Scherbenhaufen stehen. Zum Zweiten hat diese Episode ein weiteres Mal gezeigt, wie sehr die Aktienmärkte derzeit an politischen Entscheidungen hängen. Manches, was wohl Verhandlungstaktik ist – insbesondere aus den USA – erscheint den Marktteilnehmern als Willkür, welche die Kurstafeln aus heiterem Himmel trifft. Solche Geschehnisse können sich also jederzeit wiederholen, da die Handelsbeziehungen der USA weiterhin von Spannungen geprägt bleiben. Das einzig Positive besteht darin, dass der DAX weiter in der Nähe seines Allzeithochs verläuft, was auf eine ziemlich hohe Widerstandsfähigkeit hindeutet.
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Diametral entgegengesetzt
Auch in Fragen der Energieversorgung könnten die Positionen zwischen den USA und insbesondere Deutschland nicht verschiedener sein. Natürlich war nicht zu erwarten, dass sich die Amerikaner unter Trump in Richtung jener Energiepolitik bewegen würden, die das Wall Street Journal schon 2019 als die dümmste der Welt bezeichnet hatte. Dennoch waren die jetzt unterzeichneten Exekutivbefehle ein echter Paukenschlag. Geplant ist eine Vervierfachung (!) der Kernkraftkapazität und der Wiederaufbau eines heimischen Uranbrennstoffkreislaufs. Das Management unseres Musterdepotwerts Uran Energy Corp* (WKN: A0JDRR) erwartet, dass der jährliche Uranbedarf von 47 Mio. auf 190 Mio. Pfund steigen könnte. Näheres dazu finden Sie im Musterdepotteil dieses Newsletters.
Ganz anders ist die Situation in Deutschland. Hier bleibt es auch unter der neuen Regierung beim Atomausstieg. Zarte Versuche einer Kurskorrektur wurden weggewischt. Die letzten Kernkraftwerke wurden im April 2023 abgeschaltet, und es gibt keine Pläne für eine Rückkehr. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf die Energieversorgung energieintensiver Industrien wie der KI haben. Die Energielieferung aus sogenannten Erneuerbaren schwankt stark und muss durch teure Importe abgefedert werden. Deutschland schneidet sich damit de facto von einem der Zukunftsfelder ab. Aber auch traditionelle Unternehmen wie ThyssenKrupp werden bis zur Unkenntlichkeit zurückgestutzt. Es ist nicht so, dass Deutschland von der internationalen Konkurrenz abgehängt wurde, es hat sich selbst abgehängt. Die Aussichten für den hiesigen Wirtschaftsstandort haben sich weiter eingetrübt.
Keine Frage, die USA bleiben unter Donald Trump der Taktgeber, auch für die internationalen Märkte. Und die werden – wohl oder übel – lernen, wie man mit diesen Impulsen umgeht. Im Wesentlichen lassen sich da zwei Arten von Inputs für die Börsen unterscheiden. Zum einen sind das Äußerungen, Dekrete und Maßnahmen, die Teil eines Verhandlungsprozesses sind. Dies ist beispielsweise bei den Zöllen der Fall. Besonders negative Impulse erwiesen sich hier zuletzt häufig als Drohkulissen. Dies schafft Opportunitäten für Anleger, die sich bewusst gegen solche Maximalforderungen positionieren, wohl wissend, oder zumindest erahnend, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde.
Anders verhält es sich mit jenen Ankündigungen, die nicht Teil eines Verhandlungsprozesses sind. Die neue Kernenergiestrategie der USA dürfte in diese Kategorie fallen. Das klare Bekenntnis zu einem massiven Ausbau dieser Energieform wird für die Aktien des Sektors über den Tag hinaus für solide Trends sorgen.
Einer, der bislang zu den Taktgebern der NASDAQ und damit zu den Börsen insgesamt gehörte, war die Aktie von NVIDIA (WKN: 918422). Das Papier war in der Vergangenheit für manche Überraschung gut, was die Erwartungen und damit die Messlatte entsprechend immer weiter nach oben verschoben hat. Am heutigen Mittwoch ist es wieder so weit. Nach Börsenschluss präsentiert der KI-Chip-Primus seine Zahlen für das vergangene Jahr und seinen Ausblick. Im Moment ist nur eines sicher. Jedes Wort, jedes Satzzeichen, wird in Windeseile auf die Goldwaage gelegt werden, bevor die Algorithmen und in der Folge auch die menschlichen Marktteilnehmer ihr Urteil über die Aktie fällen. Egal, wie es am Abend ausgeht, es ist fast schon erfrischend, wenn wieder einmal Unternehmen und nicht Politiker die Kurse machen.
Seit dem DeepSeek-Schock vom Januar tat sich das erfolgsverwöhnte Unternehmen schwer, an der Börse zu glänzen. Im Wesentlichen ging es seitwärts, wobei die Hochs aus der Zeit davor bislang noch nicht wieder erreicht werden konnten. Das könnte man auch positiv sehen, denn die Erwartungen sind nun nicht mehr ganz so hochgespannt wie früher. Die Aktie steht in etwa dort, wo sie schon vor rund einem Jahr stand, und das ist für einen ertragsstarken Wachstumstitel bemerkenswert. Es sieht fast so aus, als musste die Aktie nach dem Hype erst einmal in die bereits erreichte Bewertung hineinwachsen. Aktuell liegt das KGV noch immer bei rund 44. Ein Schnäppchen ist das Papier also nicht. Zuletzt konnte die Aktie zudem deutlich zulegen. Seit den April-Tiefs von 86,62 USD steht ein Plus von 56% auf der Uhr. Das wiederum könnte sich als Warnzeichen herausstellen. Denn oft ist das Muster zu beobachten, dass Aktien, die vor der Präsentation wichtiger Zahlen bereits stark angestiegen sind, dann doch anfällig für Enttäuschungen sind. Am heutigen Mittwochabend wissen wir mehr.
Die jüngsten Entwicklungen am japanischen Anleihenmarkt werfen Fragen über potenzielle globale Auswirkungen auf, insbesondere angesichts steigender Renditen und schwacher Auktionsnachfrage. Japan erlebt derzeit eine Verschiebung in seinem Anleihenmarkt. Die 30-jährige JGB-Rendite erreichte im Mai 2025 ein Rekordhoch von 3,15%, den höchsten Stand seit ihrem Debüt im Jahr 1999, während die 40-jährige Rendite auf 3,63% stieg, ebenfalls ein Allzeithoch. Eine Auktion von 20-jährigen JGBs verzeichnete die schwächste Nachfrage seit über einem Jahrzehnt, mit einer niedrigen Bieterquote, die seit August 2012 nicht mehr gesehen wurde. Dazu kommt ein Politikwandel der Bank of Japan (BoJ): Diese hat seit März 2024 ihre Leitzinsrate auf 0,5% angehoben, was ein Ende der negativen Zinspolitik und eine Reduzierung ihrer massiven Anleihenkäufe bedeutet. Mit einer Schuldenquote von über 260% zum BIP und einer Inflation von 3,6% – weit über der Zielmarke von 2,0% – wachsen die Bedenken über die fiskalische Tragfähigkeit. Eine Ausweitung des Anleihen-Crashs in Japan könnte die globalen Märkte sehr negativ beeinflussen: Japanische Investoren könnten ausländische Anleihen, wie US-Staatsanleihen, verkaufen, um von höheren heimischen Renditen zu profitieren, was die Finanzierungskosten in diesen Märkten erhöhen könnte. Eine Rückführung der Carry-Trades, bei denen in Yen zu niedrigem Zins massenhaft Geld geliehen wurde, könnte zu noch mehr globaler Volatilität führen. Aufgrund der engen Verflechtung der Finanzmärkte besteht die Gefahr einer systemischen Krise, ähnlich der von 2008. Man sollte diese Baustelle also gut im Auge behalten, besonders, da sie im hiesigen Medienmainstream kaum thematisiert wird.
Bargeld – angesichts der Digitalisierungsoffensive aktueller denn je
In immer mehr Bereichen wird Bargeld zurückgedrängt. Das geschieht oft schleichend. Plötzlich kann im netten Café an der Ecke nur noch mit Karte oder App bezahlt werden oder der Geldautomat auf dem Arbeitsweg ist verschwunden. Das hat System. Denn auch der Staat macht kräftig mit und besteht immer häufiger auf unbarer Zahlung. Ohne eine funktionierende Infrastruktur ist die Zukunft des Bargelds aber in großer Gefahr. Dazu kommt, dass dessen künftige Konkurrenz, der digitale Euro, von der EU-Kommission massiv vorangetrieben und protegiert wird. Brisanz und Aktualität erlangt das Thema durch eine neue EU-Verordnung. Offiziell heißt es, damit werde der digitale Euro als „Ergänzung“ zum Bargeld auf den Weg gebracht. Tatsächlich ist dort ein Annahmezwang für den E-Euro vorgesehen, nicht mehr aber für Bargeld. Damit wäre der Weg zu einem Geld zweiter Klasse vorgezeichnet. Lassen Sie sich bitte auch in anderer Hinsicht nicht täuschen: der digitale Euro hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Bitcoin zu tun. Er ist staatliches Zwangsgeld, das nicht nur beliebig vermehr- und manipulierbar sein wird, er ermöglicht auch den gläsernen Geldnutzer, der überwacht, kontrolliert, eingeschränkt oder sogar gänzlich abgeschaltet werden kann. Zwar wird den Bürgern das digitale Bezahlen gerne als besonders bequem verkauft, aber Bargeld ist und bleibt – trotz der immer stärkeren Einschränkungen – eine Insel der Freiheit. Wir bitten Sie also, seien Sie in dieser Sache nicht bequem, sondern richtig unbequem. Werden Sie zum Mitzeichner und Multiplikator für die Petition „Bargeld in Europa gesetzlich schützen! Wahlfreiheit statt Bevormundung!“. Sie sind dabei in bester Gesellschaft prominenter Zeichner wie Dr. Norbert Häring (Wirtschaftsjournalist, https://norberthaering.de), Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler (Vizepräsident a.D. der Deutschen Bundesbank), Prof. Dr. Manfred Spitzer (Neurowissenschaftler), Prof. em. Dr. Gerald Hüther (Neurobiologe), Marc Friedrich (Finanzexperte & Bestseller-Autor), Milena Preradovic (TV-Moderatorin), Julia Neigel (Musikerin), usw.
Veranstaltungshinweis
Kaum ein Thema interessiert die Menschen mehr als der Krieg um die Ukraine. Dennoch fühlen sich viele vom bundesdeutschen Mainstream nur einseitig informiert. Eine gute Gelegenheit, das eigene Bild der Situation abzurunden, gibt es am 1.6. in Ergolding (Bürgersaal). Dort tritt mit Frau Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz eine profunde Kennerin der Materie auf. Die frühere Russland-Korrespondentin der ARD und Moderatorin des ARD-Kulturweltspiegel findet aufgrund ihrer kritischen Haltung in den Leitmedien praktisch nicht mehr statt. Mit ihrem Vortrag „Russland – und wie weiter?“ kündigt sie eine „schonungslose Analyse des Konfliktes zwischen Russland und dem politischen Westen“ an. Restkarten gibt es unter https://krasser.guru/russland oder an der Abendkasse.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie diesmal eine traurige Nachricht zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“ und unsere Anmerkungen zur Entwicklung des Musterdepots. Die große Übersicht für den Berichtszeitraum Mai 2025 inklusive der großen Übersichtstabellen finden Sie hier. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Trump wirbelt die Märkte weiter durcheinander. Manches ist Verhandlungstaktik, manches wird Bestand haben. Allerdings sollten die Anleger nicht nur in die USA schauen, denn in Japan braut sich etwas zusammen …
Ralf Flierl, Ralph Malisch
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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.
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