„Gold ist keine Investition, es ist Geld“

Dr. Keith Weiner

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Smart Investor im Gespräch mit Dr. Keith Weiner, Gründer und Präsident des Gold Standard Institute USA sowie Gründer und CEO von Monetary Metals

Smart Investor: Herr Dr. Weiner, die Inflation erweist sich hartnäckiger als von vielen Beobachtern vorhergesagt. Welches sind Ihrer Meinung nach die Haupt­ursachen für den derzeitigen Inflationsanstieg?
Weiner: Seit Jahrzehnten gibt es eine unaufhaltsame Zunahme vorgeschriebener „nutzloser Inhaltsstoffe“. Dies bedeutet, dass die Regulierungsbehörden die Hersteller zwingen, Kosten hinzuzufügen, für Dinge, die den Verbrauchern nicht ­wichtig sind und von denen sie oft nicht einmal wissen, z.B. die Beimischung von Ethanol oder MBTE zu Benzin.

Smart Investor: Das erklärt aber nicht den aktuellen Inflationsschub.
Weiner: In jüngster Zeit haben wir Beschrän­kungen zugunsten grüner Energien eingeführt. Dabei handelt es sich um ­Gesetze und Vorschriften, die die Exploration, die Produktion, den Transport und den Verbrauch von zuverlässiger Energie, d.h. von fossilen Brennstoffen, unterbinden. ­Solche Vorschriften können zu einem Synergieeffekt führen, wie im Vereinigten Königreich, wo zwei Gesetze erlassen wurden: Das eine verbot die heimische ­Erdgasförderung, das andere zwang die Schwerindustrie und die Stromerzeuger, von Öl und Kohle auf Erdgas umzusteigen. Erdgas wurde so ­teuer, dass die Produktion von Düngemitteln ein­gestellt wurde. Die Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise sind noch nicht vollstän­dig zu spüren. Und natürlich hat Deutschland die meisten seiner Kernkraftwerke geschlossen.

In den letzten Jahren haben auch Zölle und Handelskriege sowie der wirtschaftliche Nationalismus allgemein zugenommen. Unternehmen, die bestimmte wichtige Waren einführen, müssen Zölle zahlen, in einigen Fällen sogar in Form von Straf­zöllen. Allgemein wächst das Misstrauen gegenüber Lieferketten in bestimmten Offshore-Ländern. Natürlich steigen die Kosten, wenn die Produktion näher an das ­eigene Land heran oder gleich ins Inland verlagert wird.

Eine Diskussion über steigende Verbraucherpreise wäre zudem unvollständig, wenn man nicht die beiden Elefanten im Raum ansprechen würde. Der eine ist die Abschot­tung als Reaktion auf COVID. Als die Regie­rungen die Lockdowns aufhoben, mussten sie feststellen, dass die Logistikbranche aus dem Gleichgewicht geraten war und den aufgestauten Bedarf nicht einfach aufholen konnte. Der andere ist der Krieg in der Ukraine, durch den ein großer Teil der Weizenproduktion vom Markt genommen wurde, und jetzt vielleicht auch Erdgas …

Mit anderen Worten: Mehrere große nicht-monetäre Kräfte treiben die Preise nach oben.

Smart Investor: Milton Friedman ­nannte Inflation immer und überall ein monetäres Phänomen. Würden Sie diesem Satz zumindest in der schwachen Form zustimmen, dass es keinen allgemeinen Anstieg des Preisniveaus ohne ­monetäre Expansion geben kann?
Weiner: Ich denke, wir erleben einen allge­meinen Anstieg des Preisniveaus, und der ist nicht monetär bedingt. Ich würde noch weiter gehen und sagen, dass wir ein ande­res Wort dafür verwenden sollten, wenn die Preise aufgrund der Geldentwertung steigen, und nicht aufgrund anderer staatlicher Maßnahmen, die das Angebot verringern.

Smart Investor: Wir sehen im Moment u.a. verzweifelte politische Maßnahmen wie Preiskontrollen oder Exportbeschränkungen für knappe Güter, um Preissteigerungen entgegenzuwirken. Was ist davon zu halten?
Weiner: Man sollte meinen, dass es bis zum Jahr 2022 offensichtlich geworden sein sollte, dass Preiskontrollen nicht funktionie­ren, nie funktioniert haben und gar nicht funktionieren können. Wenn die Herstellung einer Ware 2 EUR kostet, kann man sie nicht für 1 EUR verkaufen.
Ausfuhrbeschränkungen sind eine aus Verzweiflung ergriffene Maßnahme, die in der Regel in verzweifelten, armen Ländern angewandt wird, die verzweifelt alles versuchen – nur keine freien Märkte. Diese Politik ist ein Teil dessen, was diese Länder so arm macht. Sie wird auch jedes westliche Land verarmen lassen, das diese Politik versucht.

Smart Investor: Um die Inflation zu bekämpfen, hebt vor allem die Fed die Zins­sätze rasch an. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten dieser Maßnahmen ein?
Weiner: Eine Änderung des Zinssatzes verursacht vielerlei Schäden. Aber wenn wir nur die Verbraucherpreise betrachten, denkt die Fed rückwärts. Niedrigere Zinssätze führen zu moderaten, wenn nicht gar sinkenden Verbraucherpreisen. Das konnten wir von 1981 bis 2020 beobachten. Eine Anhebung der Zinssätze wird die Grenzproduzenten auf jedem Markt in den ­Ruin treiben, das Angebot verringern und die Preise erhöhen.

Smart Investor: Könnte man sagen, dass ausgerechnet die EZB, die bei der Erhöhung von Zinssätzen sehr zögerlich ist, es im Prinzip richtig macht?
Weiner: Ich muss betonen, dass es weitere Schäden gibt als steigende Verbraucherpreise. Einige davon sind sogar viel wichtiger: Zum Beispiel kann ein ­Unternehmen, das Kredite zu -1% Zinsen aufnehmen kann, investiertes Kapital zu -0,5% vernichten und einen Gewinn ausweisen!

Smart Investor: Was die Notwendigkeit einer Zinserhöhung betrifft, so scheint es zwischen den Anhängern von Keynes und den Monetaristen nach Friedman dennoch keine großen Meinungsverschiedenheiten zu geben. Was wäre denn die Alternative?
Weiner: Die Alternative wäre ein freier Markt, auch bekannt als unverfälschter Goldstandard, bei dem die Marktteil­nehmer die Zinssätze durch ihre Entscheidungen, zu leihen oder nicht zu leihen, zu borgen oder nicht zu borgen, so festlegen, wie sie es für richtig halten.

Smart Investor: Wo wir gerade von Alter­nativen und Gold sprechen – sollte Gold in Zeiten der Inflation nicht die ­Anlage schlechthin sein? Was ist der Grund für die enttäuschende Preisentwicklung in letzter Zeit, und was würde den Preis wieder ansteigen lassen?
Weiner: Gold ist keine Investition, es ist Geld. Gold ist das, was man besitzt, wenn man nicht in irgendetwas investieren oder spekulieren will, sofern man eine Wahl hat. Leider haben viele Gold unter Einsatz von Fremdkapital gekauft und sehen sich mit Nachschussforderungen, Kapitalanforderungen und der Rückforderung von Kredi­ten durch die Banken konfrontiert. So entsteht eine Nachfrage nach Papiergeld, insbesondere nach dem US-Dollar. Viele Menschen kaufen Gold, um aus der Gläubigerrolle im Dollarsystem auszusteigen. Aber im Moment verkaufen noch mehr Menschen Gold, um sich das benötigte Geld zu beschaffen.

Smart Investor: Vielen Dank für Ihre sehr interessanten Ausführungen.

Der US-Amerikaner Dr. Keith Weiner ist Gründer und CEO von Monetary Metals, einer Investmentfirma, die die Produktivi­tät von Gold freisetzt, indem sie Zinsen auf Gold in Gold zahlt. Der Wirtschaftswissen­schaftler ist zudem eine führende Autorität auf dem Gebiet von Gold, Geld und Kredit und hat wichtige Beiträge zur Geldtheorie geleistet. Er ist auch ein Serienunter­nehmer, der sich auf Unternehmen spezia­lisiert hat, die schwierige Probleme lösen.

Vor Monetary Metals gründete er DiamondWare, ein Softwareunternehmen, das 3D-Sprachtechnologie entwickelte und 2008 an Nortel verkauft wurde. Keith ist außerdem Gründer und Präsident des Gold Standard Institute USA. Mit seiner Arbeit leistete er einen maßgeblichen Beitrag für die Verabschiedung des Gold-als-gesetzliches-Zahlungsmittel-Gesetzes im Bundesstaat Arizona anno 2017. Er hat sich mit Zentralbankern, Gesetzgebern und Regierungsvertretern auf der ganzen Welt getroffen und an der (nicht akkreditierten) New Austrian School of Economics promoviert.

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