Aufatmen an der Wall Street
Trumps RuderkünsteDonald Trump bestimmt weiter Nachrichten und damit Märkte. Der US-Präsident und TV-Profi („The Apprentice, 14 Staffeln) verkündet in schneller Taktung Zollabkommen mit China und Großbritannien, legt sich mit Big Pharma an. Zu oft allerdings musste Trump mittlerweile zurückrudern. Zollabkommen erscheinen bei Lichte betrachtet als bloße Absichtserklärungen. Dagegen gewinnt zunehmend Trumps Finanzminister Scott Bessent Einfluss und dringt mit abgewogenen Vorstellungen zur Wirtschaftspolitik durch.
Vor seiner Zeit in Washington war Bessent erfolgreicher Renditejäger im Soros Fund Management. Bessent ist der Mann, auf den die Wall Street aktuell setzt. Nach turbulenten Wochen im Anschluss an Donald Trumps missglückten „Liberation Day“ vom 2. April 2025 soll mit Bessent Ruhe einkehren, so dass Börsianer wieder stärker auf Geschäftszahlen und Firmenausblicke achten und sich mit Indikatoren beschäftigen, welche die – hoffentlich rosige – Zukunft der Kurse anzeigen.
ANZEIGE
Greenspans Unterwäsche
Alan Greenspan war Fed-Chef, ehrfürchtig wurde er „Magier der Märkte“ genannt. Der Finanz-Profi hatte ein Faible für Unterwäsche; er studierte die Statistiken der Verkäufe von Herrenboxershorts und Herrenslips. Seine Theorie: Herrenunterwäsche ist der perfekte Früh-Indikator für eine sich abschwächende Konjunktur. Männer verzichteten bei knapper Kasse als erstes auf den Neukauf von Kleidungsstücken, die man nicht sieht. Ein zweiter, in der heutigen Zeit der Political Correctness durchaus fragwürdiger Indikator: Wenn immer mehr Frauen das Haarefärben unterlassen, so sei das ebenfalls ein konjunkturelles Warnsignal.
Auch im Jahr 2025 benutzen Fondsstrategen und Börsenpraktiker, die nicht auf amtliche Statistiken warten wollen oder können, ungewöhnliche und schnell verfügbare Konjunktur-Indikatoren wie den Umfang von Kartonlieferungen oder die Höhe von Containerstapeln in Häfen. Smart Investor Weekly bevorzugt einen anderen, sofort verfügbaren Indikator: die Börsenkurse.
Bei den Kursen fällt auf, dass Trumps Rückwärts-Ruderkünste solchen Aktienunternehmen an der Kurstafel einen besonderen Schub verliehen haben, die essenziellen Geschäftsbeziehungen zu China unterhalten. Seit dem „Liberation Day“ galten enge China-Connections als Makel, nun aber ist die Aufholjagd eröffnet. Smart Investor Weekly schaut auf den Chip-Anlagenbauer ASM International (WKN: A0X96X), eine Ausgründung von Philips und ASML. Auch der deutsche Chip-Produzent Infineon (WKN: A0X96X) dürfte Potential haben. Vom China-Malus entlastet werden ebenfalls gerade Nike (WKN: 866993) sowie die Spielzeugproduzenten Mattel (WKN: 851704) und Hasbro (WKN: 859888). Auch Logistiker Fedex (WKN: 912029) kann profitieren, wenn die Handelsströme über den Pazifik wieder anschwellen.
ANZEIGE
Büdelsdorf ist Freenets Vorteil. Büdelsdorf hat 10.000 Einwohner, liegt in Schleswig-Holstein und damit geografisch sowie mental weit weg von Washington und den USA. Büdelsdorf ist der Stammsitz des Telekommunikationsanbieters Freenet (WKN: A0Z2ZZ) und gefühlt der natürliche Fluchtpunkt für viele inländische Smartphone-Nutzer. Sie wollen sich schützen vor realen oder auch nur eingebildeten Zugriffsmöglichkeiten, welche US-Dienste auf Daten und Verhaltensmuster deutscher Nutzer haben könnten bei den internationalen, tief vernetzten Telekommunikationsanbietern.
Sieben Mio. Mobilfunkkunden hat Freenet bislang überzeugt. Zwei Mio. Nutzer haben TV-Streaming gebucht. Der Kurs des MDAX-Mitglieds ist in den letzten Monaten beständig gestiegen. Ganz billig ist das Freenet-Papier nicht mehr, aber das Momentum scheint zu halten und das KGV ist mit 13 moderat. Kommende Woche werden die neuen Geschäftszahlen erwartet. Mehr zum Unternehmen berichtet Smart Investor in seiner aktuellen gedruckten Mai-Ausgabe innerhalb der umfassenden Markt-Analyse „Festung Europa“.
Einmal mehr hat es der DAX geschafft – Allzeithoch! Das war nach dem Zollhammer von Anfang April so kaum zu erwarten. Allerdings kam dieses Hoch ohne größere Begeisterung und die üblichen Begleiterscheinungen. Keine langen Aufwärtskerzen, kein anschwellendes Volumen – eine Party ohne Musik und Tanz. Positiv könnte man darin einen Mangel an Euphorie bzw. anhaltende Skepsis sehen, was den Markt unterstützen sollte. Negativ ist jedoch, dass der US-Fear-and-Greed-Index in kürzester Zeit schon wieder in den Gier-Bereich gewechselt ist – von Zurückhaltung also keine Spur, zumindest nicht in den USA. Der Mini-Crash scheint bei vielen Anlegern schon fast vergessen. Stattdessen regiert die Furcht, etwas zu verpassen. Der praktisch unterbrechungs- und konsolidierungsfreie Aufschwung des DAX seit April deutet an, dass die Crash-Ängste überraschend schnell verflogen sind. An deren Stelle ist fast nahtlos die Gier nach Performance getreten, was aber kaum nachhaltig sein dürfte. Auch deshalb erscheint uns das weitere Aufwärtspotenzial auf dem erreichten Kursniveau doch ziemlich begrenzt.
Deutsche Dividendentitel: heute EvonikEvonik (WKN: VEVNK01) ist gut ins Jahr 2025 gestartet und konnte im ersten Quartal den Gewinn deutlich steigern. Insbesondere das Tiernahrungsgeschäft und die hausinterne Kostendisziplin trugen zum positiven Ergebnis bei. Trotz globaler Unsicherheiten wie Handelskonflikten und einer möglichen Konjunkturschwäche in der zweiten Jahreshälfte hält der Chemie-Konzern an seinen Jahreszielen fest. Parallel dazu treibt Evonik den Konzernumbau voran und setzt verstärkt auf zukunftsträchtige Bereiche wie biobasierte Chemie sowie Kreislaufwirtschaft. Mit dieser Neuausrichtung will man dem Trend begegnen, dass die energieintensive Kunststoffproduktion immer mehr im Ausland stattfindet.
Die aktuelle Dividendenrendite ist mit 5,7% üppig und sehr verlockend. Es ist jedoch zu erwähnen, dass diese durch den aktuell niedrigen Kurs der Aktie begünstigt wird. Ein Blick auf die Dividendenhistorie zeigt: Ausschüttungssteigerungen sind selten und auch nicht pompös. Auf der anderen Seite sind die Essener ein absolut zuverlässiger Dividendenzahler. Die letzte minimale Kürzung stammt aus dem Jahr 2013. Zudem bietet die derzeitige Unterbewertung gewisse Rebound-Chancen, was den Wert doppelt interessant macht. Wer am 3.6. in den Genuss der einjährigen Gewinnausschüttung kommen möchte, sollte sich die Aktie bis zum Ex-Datum 29.5. ins Depot legen.
Mit unserem heutigen Beitrag beenden wir unsere kleine Reihe zur deutschen Dividendensaison 2025. Wir hoffen, es waren einige interessante Titel für unsere längerfristig orientierten Leser dabei.
Bargeld – setzen Sie ein Zeichen!
In immer mehr Bereichen wird Bargeld zurückgedrängt. Das geschieht oft schleichend. Plötzlich kann im netten Café an der Ecke nur noch mit Karte oder App bezahlt werden oder der Geldautomat auf dem Arbeitsweg ist verschwunden. Das hat System. Denn auch der Staat macht kräftig mit und besteht immer häufiger auf unbarer Zahlung. Ohne eine funktionierende Infrastruktur ist die Zukunft des Bargelds aber in großer Gefahr. Dazu kommt, dass dessen künftige Konkurrenz, der digitale Euro, von der EU-Kommission massiv vorangetrieben und protegiert wird. Brisanz und Aktualität erlangt das Thema durch eine neue EU-Verordnung. Offiziell heißt es, damit werde der digitale Euro als „Ergänzung“ zum Bargeld auf den Weg gebracht. Tatsächlich ist dort ein Annahmezwang für den E-Euro vorgesehen, nicht mehr aber für Bargeld. Damit wäre der Weg zu einem Geld zweiter Klasse vorgezeichnet. Lassen Sie sich bitte auch in anderer Hinsicht nicht täuschen: der digitale Euro hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Bitcoin zu tun. Er ist staatliches Zwangsgeld, das nicht nur beliebig vermehr- und manipulierbar sein wird, er ermöglicht auch den gläsernen Geldnutzer, der überwacht, kontrolliert, eingeschränkt oder sogar gänzlich abgeschaltet werden kann. Zwar wird den Bürgern das digitale Bezahlen gerne als besonders bequem verkauft, aber Bargeld ist und bleibt – trotz der immer stärkeren Einschränkungen – eine Insel der Freiheit. Wir bitten Sie also, seien Sie in dieser Sache nicht bequem, sondern richtig unbequem. Werden Sie zum Mitzeichner und Multiplikator für die Petition „Bargeld in Europa gesetzlich schützen! Wahlfreiheit statt Bevormundung!“. Sie sind dabei in bester Gesellschaft prominenter Zeichner wie Dr. Norbert Häring (Wirtschaftsjournalist, https://norberthaering.de), Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler (Vizepräsident a.D. der Deutschen Bundesbank), Prof. Dr. Manfred Spitzer (Neurowissenschaftler), Prof. em. Dr. Gerald Hüther (Neurobiologe), Marc Friedrich (Finanzexperte & Bestseller-Autor), Milena Preradovic (TV-Moderatorin), Julia Neigel (Musikerin), usw.
Veranstaltungshinweise
Schon in weniger als einer Woche, am 20.5., findet der Fondskongress Stuttgart im Haus der Wirtschaft Baden-Württemberg statt. Die Teilnehmer erwartet unter dem Titel „INNOVATION DAY – Mensch versus Maschine“ ein hochkarätiges Programm zu aktuellen Tendenzen der Branche. Keynote Speaker sind Robert Halver und Joachim Llambi. Achtung: Die Veranstaltung wendet sich nur an professionelle Investoren und Vermittler. Nähere Informationen: https://fondskongress-stuttgart.de
Kaum ein Thema interessiert die Menschen mehr als der Krieg um die Ukraine. Dennoch fühlen sich viele vom bundesdeutschen Mainstream nur einseitig informiert. Eine gute Gelegenheit, das eigene Bild der Situation abzurunden, gibt es am 1.6. in Ergolding bei Landshut (Bürgersaal). Dort tritt mit Frau Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz eine profunde Kennerin der Materie auf. Die frühere Russland-Korrespondentin der ARD und Moderatorin des ARD-Kulturweltspiegel findet aufgrund ihrer kritischen Haltung in den Leitmedien praktisch nicht mehr statt. Mit ihrem Vortrag „Russland – und wie weiter?“ kündigt sie eine „schonungslose Analyse des Konfliktes zwischen Russland und dem politischen Westen“ an. Karten gibt es unter https://krasser.guru/russland oder an der Abendkasse.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie diesmal Neuigkeiten zu unserem letzten Kauf sowie zur sehr positiven Entwicklung unseres wikifolios „Smart Investor – Momentum“. Unseren Monatsbericht für April inklusive Tabellen finden Sie hier und hier. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Donald Trump ist einer, der mit kräftigem Schlag rudert – manchmal auch zurück. Das freut derzeit die Märkte. Allerdings ist das Zollthema bisher nur aufgeschoben. Und ob es morgen zum Durchbruch zwischen Russland und der Ukraine kommt, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.
Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch
Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte:
Ein mit “*“ gekennzeichnetes Wertpapier oder ein Derivat darauf wird zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Publikation oder der Smart Investor Printausgabe von mindestens einem Mitarbeiter der Redaktion gehalten.
Abonnements:
Unsere Smart Investor Abonnements finden Sie hier.
Das Magazin:
Das aktuelle Smart Investor Magazin finden unsere Abonnenten hier.
E-Mail-Versand:
Sollten Sie den E-Mail-Versand abbestellen wollen, so benutzen Sie bitte den Abmelde-Link unter dem Newsletter bzw. schicken uns eine E-Mail mit dem Betreff “Abbestellen des SIW” an weekly@smartinvestor.de.
Unsere Datenschutzerklärung finden sie hier.
Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.
Unsere Depotempfehlung: das Depot von smartbroker.de. Bereits ab 0 € Gebühren Wertpapiere handeln.