Krise oder endlich Aufschwung?

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Gipfeltreffen nächsten Montag

„Wirtschaftswende“

Kommenden Montag wollen sich Chefs deutscher Konzerne mit Kanzler Merz und Finanzminister Klingbeil treffen. Die im Wahlkampf versprochene Wirtschaftswende soll passieren und Optimismus endlich greifen. Man konferiert über Investitionen und Bürokratieabbau.

Die „Menschen draußen im Lande“ (O-Ton des Kanzlers der „blühenden Landschaften“, Helmut Kohl) dürften vom Gipfeltreffen nur wenig erwarten. Mainstream-Medien bestätigen derzeit diese tiefliegende Messlatte. Zu bedenken ist allerdings, dass im Mediengeschäft jene die größte Reichweite erreichen und die meisten Klicks produzieren, die über Krisen schreiben. Die Möglichkeit der Überraschung liegt somit auf der anderen Seite der Geschichte – gerade wegen der niedrigen Erwartungen:
– falls die Berliner Inszenierung einer Wende gelingt – und das ist noch lange nicht deren Vollzug –und die ins Schaufenster gestellten „Fantastilliarden“ für neue Straßenbeläge, Brücken und Panzer im Lande, aber wohl auch außerhalb, die abwartende Börsenstimmung aufhellt.
– falls Trump wieder einmal „TACO“ macht, die Kurzform für „Trump Always Chickens Out“, die derzeit im Netz trendet. Sie bedeutet: Trump macht letztlich immer einen Rückzieher, wenn es ernst wird. Derzeit droht er breitbeinig der Europäischen Union mit 30% Zöllen ab 1. August. Vielleicht ist das wieder nur eine Drohkulisse, die nach und nach abgebaut wird, je näher der Termin rückt?

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Niemand weiß das, vielleicht nicht mal der US-Präsident selbst, der ganz im Hier und Jetzt lebt. Die Analysten der BNP geben sich in einer frischen Studie jedenfalls optimistisch für die USA und (!) für Deutschland. Sie verweisen auf Trumps „Big Beautiful Bill“ als größtes Investitionsförderpaket aller Zeiten und setzen an der Börse auf klassische Hochtechnologie-Werte wie Alphabet (WKN: A14Y6H) und Oracle (WKN: A14Y6H). In Deutschland, das unter der Regierung Merz ebenfalls kräftig investieren soll, schauen sie auf den Energieversorger RWE (WKN: 703712) und den MDAX, den Index für mittelgroße Kapitalunternehmen.

Krieg der Drohnen

In den ersten Monaten des Ukrainekriegs wurden laut Experten 20% aller Abschüsse durch Drohnen erzielt. Mittlerweile liegt der Anteil bei 80%. Drohnen sind billiger herzustellen als Panzer und Geschütze. Drohnen lassen sich so einfach steuern wie ein Videospiel. Der Unterschied: Sie sind tödlich und möglicherweise kriegsentscheidend.

Die deutsche Panzerschmiede Rheinmetall (WKN: 703000) will sich nicht abhängen lassen und kooperiert beim Thema Drohnen mit dem US-Spezialisten Anduril. Gemeinsam wollen sie Modelle für den europäischen Markt konzipieren. Der deutsche Optronikspezialist Hensoldt (WKN: 703000) plant, stärker mit dem britischen Rüstungsdienstleister QinetiQ (WKN: A0JDDS) zusammenzuarbeiten, entwickelt werden Software und Geräte zur Drohnenabwehr.

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Im Markt herrscht Aufbruchstimmung und eindeutige Technologieführer haben sich noch nicht herausgeschält. Drohnen seien innerhalb kurzer Zeit technisch veraltet, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Was bedeutet: Anbieter können beständig Weiterentwicklungen verkaufen. Gerade sind die Fortschritte bei Reichweite und Tragfähigkeit enorm. So lag die durchschnittliche Reichweite militärischer Kleindrohnen vor einem Jahr bei zehn Kilometern, aktuell sind 40 Kilometer möglich.

Auf dem internationalen Markt werden die Drohnensysteme des israelischen Herstellers Elbit (WKN: 904218) besonders beachtet. Inländische Verkäufe tragen nur noch zu 29% zum Umsatz des Rüstungsunternehmens bei. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, Kunden stehen Schlange. Beim US-Unternehmen AeroVironment (WKN: A0MJX7) hat das Kleindrohnengeschäft mittlerweile einen Umsatzanteil von 60%. Der Gewinn steigt stetig, nicht zuletzt, weil zahlungskräftige NATO-Staaten, die ihre Verteidigungsausgaben hektisch hochfahren, zu den regelmäßigen Käufern gehören.

Günstig sind Aktien im Drohnen-Segment im landläufigen Sinn nicht mehr. Bei AeroVironment liegt das KGV beispielsweise beim schwindelerregenden Wert von 97. Derartige Zahlen kennt man sonst nur von Aktien aus der Hightech-Branche. Dort war es allerdings in den letzten Jahren so, dass die wirklich großen Gewinne von Anlegern ohne Nerven gemacht wurden. Sie kauften sich unerschrocken zu überhöhten Kursen ein und diese stiegen dann einfach weiter.

Dividendenaktien funktionieren

Profis rümpfen die Nase, aber Privatanleger lieben sie: Aktien mit hoher Dividendenausschüttung. Eine neue Studie von Ned Davis Research zeigt, dass die Privatanleger Recht haben. Dividendenaktien lohnen sich. Zunächst ist das erstaunlich, denn – so die Expertenansicht – eine Dividendenauszahlung schmälert den Unternehmens- und damit den Aktienwert um genau die Auszahlungssumme. Es ist also zunächst ein Nullsummenspiel. Bei dem hält zu allem Überfluss noch der Finanzminister die Hand auf. Dank der einkassierten Abgeltungssteuer wird das Nullsummenspiel zum Minusgeschäft.

Ganz so ist es aber nicht, sagen die Studienautoren. Sie durchforsteten die Daten des US-Leitindex S&P 500 der vergangenen 50 Jahre nach den höchsten Dividendenzahlern. Dann schauten sie sich die Jahresrendite der Dividendenzahler an und machten eine erstaunliche Entdeckung. Die durchschnittliche Jahresrendite der Dividendenzahler lag bei 9,2%.

Unternehmen, die keine Dividende ausschütteten, kamen nur auf eine Durchschnittsrendite von 4,3%. Ein Grund könnte sein, dass Unternehmen mit hohen Dividendenzahlungen ein langjährig funktionierendes Geschäftsmodell haben. Zusätzlich könnten sie gezwungen sein, diszipliniert zu wirtschaften, um die hoch geschätzte Dividendenkontinuität zu erzeugen. Wer sich nicht mit Einzeltiteln befassen will, kann sich ETFs wie den iShares STOXX Global Select Dividend 100 (WKN: A0F5UH) und den VanEck Morningstar Developed Markets Dividend Leaders (WKN: A2JAHJ) näher ansehen. Einen ausführlichen aktuellen Bericht zu Dividendenaktien finden Sie übrigens im Smart Investor 3/2025.

Zu den Märkten

Pünktlich zum Erscheinen des letzten Smart Investor Weekly erreichte der DAX am vergangenen Mittwoch ein neues Allzeithoch. Die Freude währte allerdings nur kurz. Schon am nächsten Tag legten die Kurse wieder den Rückwärtsgang ein. Trumps frische Strafzollandrohungen Richtung EU sorgten dann sogar für Gegenwind. Inzwischen hat sich der deutsche Leitindex knapp unter den Hochs stabilisiert und strebt heute sogar wieder nach oben.

Was bleibt ist ein ungutes Gefühl. Wenn Politik derart sprunghaft praktiziert wird, ist sie ein Problem – nicht nur für die Börsen, sondern auch für Unternehmen selbst. So beeinflusst das Zollgefüge durchaus Produktions- und Standortentscheidungen. Die sind aber kaum zu treffen, wenn sich die Geschäftsgrundlage im Monats-, wenn nicht Wochenrhythmus verändert. Entsprechend werden auch einige Unternehmen die Füße erst einmal stillhalten, was zu einem echten Wachstumskiller werden kann. Dabei müsste sich Trump eigentlich nur an seine Zeit als Unternehmer erinnern. Günstige und stabile Rahmenbedingungen lassen die Wirtschaft gedeihen, während erratische externe Impulse aus der Politik vor allem ein Störfaktor sind.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio gibt es diesmal erfreuliche Nachrichten zu mehreren unserer Depotwerte. Die große Depotübersicht für Juni 2025 einschließlich Bestandstabelle und den getätigten Transaktionen finden Sie im Musterdepot-Update 26/2025. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich zu lesen, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Die schon wenige Monate nach Amtsantritt stark zerstrittene Bundesregierung will der Wirtschaft neuen Optimismus einhauchen. Klar, dass da einige lieber Richtung Drohnen- oder Dividendentitel schielen.

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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