Wenn es dem Esel zu wohl wird …

Titelbild: © Stefan – stock.adobe.com

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… kauft er Yamana Gold

Paukenschlag

Ein regelrechter Paukenschlag ist die gestern angekündigte Übernahme der kanadischen Yamana Gold durch die südafrikanische Gold Fields. Damit würde nach Newmont, Barrick Gold und Agnico Eagle Mines der viertgrößte Goldproduzent der Welt entstehen. Da es sich um eine freundliche Übernahme handelt – die Managements beider Konzerne hatten sich im Vorfeld geeinigt – dürfte der Deal in dieser Form auch zustande kommen. Das Volumen der Transaktion beträgt 6,7 Mrd. USD und ist ein reiner Aktiendeal. Dabei erhalten Yamana-Aktionäre für jede ihrer Aktien 0,6 Anteile von Gold Fields. Genau das schmeckte den Gold-Fields-Aktionären erst einmal überhaupt nicht. Der Kurs der ADRs ging gestern mit einem Tagesminus von 23,4% aus dem Handel. Yamana Gold konnte immerhin ein Plus von 3,7% verbuchen, schloss aber weit unter den Tageshochs, so dass die Freude auch hier nur verhalten war.

Eine Frage des Preises

Die Marktteilnehmer haben damit ihr Urteil über die anstehende Großfusion bereits gefällt. Hauptkritikpunkt war das Umtauschverhältnis, das ursprünglich ein Aufgeld von satten 34% auf den Yamana-Kurs während der letzten zehn Handelstage dargestellt hatte. Im Prinzip hat der Markt hier nur das getan, was er am besten kann, er hat sich an die neuen Verhältnisse, genauer gesagt an das Umtauschverhältnis angepasst. Zu den New Yorker Schlusskursen notierte eine Yamana-Aktie bei 5,36 USD und ein ADR von Gold Fields bei 9,34 USD, was multipliziert mit dem Umtauschverhältnis von 0,6 einen Kurs von 5,60 USD ergibt. In der verbleibenden Differenz könnten noch Restunsicherheiten bezüglich eines Zustandekommens des Deals stecken, sonderlich hoch werden diese von den Marktteilnehmern aber offensichtlich aktuell nicht eingeschätzt.

1 +1 = 1,85

Während eine schnelle Anpassung an das Umtauschverhältnis zu erwarten war, ist die Art der Anpassung bemerkenswert. Es wäre durchaus denkbar gewesen, dass der Yamana-Kurs kräftig anzieht, während die Gold-Fields-Aktie im Wesentlichen unverändert bleibt, oder nur leicht nachgibt. Hier war es umgekehrt: Die Marktkapitalisierung von Yamana legte gegenüber dem Vortag um enttäuschende 0,18 Mrd. USD zu, die von Gold Fields nahm im Gegenzug um satte 2,55 Mrd. USD ab. Das Ganze ist also um 2,37 Mrd. USD weniger wert als seine Teile. In dieser Wertveränderung steckt das eigentliche Markturteil über die Übernahme. Diese Sicht der Aktionäre muss nicht deckungsgleich mit der des Managements sein. Denn das Gold-Fields-Management hat händeringend nach Expansionsmöglichkeiten gesucht, um das perspektivarme Stammgeschäft aufzuhübschen und war entsprechend bereit, dafür einen hohen, mutmaßlich zu hohen Preis zu bezahlen.

Fusionskarussell nicht zwingend

Ob diese Fusion nun weitere Fusionen im Goldsektor nach sich ziehen wird, ist offen. Einerseits suchen große Konzerne, deren gealtertes Minen-Portfolio nur über eine überschaubare Lebensdauer verfügt, nach Möglichkeiten, sich Zukunft in Form von jungen Projekten, Minen oder Unternehmen zu kaufen. Falls der Preis dafür aber nicht stimmt, kann die Sache zum Boomerang werden, vor allem für den Übernehmenden. Es ist also gut möglich, dass auch Barrick Gold und Newmont einen neuen Fusionsversuch starten – es wäre der dritte! Allerdings zeigen die beiden bereits gescheiterten Anläufe, dass auch hier der Teufel im Detail steckt. Wiewohl also der Schachzug von Gold Fields andere Konzerne unter Druck setzen könnte, ihre Fusions- bzw. Übernahmepläne zu beschleunigen, um sich in einem grundsätzlich unterexplorierten Markt attraktive Lagerstätten zu sichern, zeigt das Kursdebakel der Aktie, dass dies für das Management kein Selbstläufer ist. Wenn man aus der Sache als Aktionär eine Lehre ziehen kann, dann wohl die, dass selbst bei einem anlaufenden Übernahmekarussell die potenziellen Übernahmeziele wesentlich attraktiver sind als die potenziellen Übernehmer. In diesen könnten sogar aufgrund unbedachter Übernahmen besondere Risiken stecken.

Drei Monate Rabatt auf alles!

Wer kennt sie nicht, die Rabatt-Aktionen des Handels, bei denen pauschal ein bestimmter Prozentsatz auf die bisherigen Endpreise in Abzug gebracht wird, um die Kunden in die Läden zu locken. Da wird dann auch gerne mal die Mehrwertsteuer „geschenkt“, was aber strenggenommen auch nur ein Rabatt ist, der allerdings anders genannt wird. Denn der Fiskus erlässt die Mehrwertsteuer für solche Rabattaktionen natürlich nicht. Zudem haben findige Preisbeobachter solcher Aktionen herausgefunden, dass der Handel die Preise im Vorfeld gerne heimlich, still und leise erhöht, um sie dann mit viel Getöse wieder zu senken.
Bei den Treibstoffpreisen an der Tankstelle ist das alles natürlich ganz anders: Denn erstens war es hier tatsächlich der Fiskus, der temporär auf einen Teil der Energiesteuer und der darauf entfallenden Umsatzsteuer, und damit einen Teil seiner Windfallprofits des Ukrainekriegs für drei Monate verzichten will. Beim Liter Benzin könnte das theoretisch gut 30 Cent, beim Liter Diesel gut 15 Cent für den Endkunden ausmachen. Könnte. Theoretisch. Denn zweitens erhöhten die Tankstellen die Preise im Vorfeld nicht heimlich, still und leise, sondern für jedermann so gut sichtbar, dass es das Thema sogar auf die Titelseiten des Boulevards schaffte. Vielleicht gibt es im Lande ja doch noch so etwas wie ein funktionierendes Kartellamt, das nicht auch schon „harbarthisiert“ wurde?! Der Boulevard erwies sich jedenfalls einmal mehr als schlechter Ratgeber als er vor Knappheiten und einem Ansturm der Kraftfahrer warnte und ihnen daher nahelegte, noch vor dem Tankrabatt zu den Mondpreisen der letzten Tage zu tanken. Das Endergebnis für die Verbraucher ist übrigens das Gleiche wie bei den Rabattkampagnen des Handels: Sie zahlen während der Rabattaktion in etwa so viel wie davor, und nach deren Auslaufen noch sehr viel mehr.

Bewusste Irreführung?

Damit sind wir zwanglos bei der „vorübergehenden Inflation“ angekommen, bei der sich das Adjektiv als ein weiteres Ammenmärchen erwies, das von der EZB noch vor wenigen Monaten und offenbar in bewusst irreführender Absicht verbreitet wurde. Die alternative Erklärung ist schlichte Unfähigkeit, die man allerdings auch nicht ausschließen kann. Auch in dieser Sache machten sich die Großmedien lange Zeit zu willfährigen Helfern bei der kritiklosen Verbreitung ebenso offizieller wie falscher Narrative. Im Mai waren die Verbraucherpreise in Deutschland um 7,9% gestiegen, in der Eurozone waren es gar +8,1%. Die Werte lagen damit sogar noch einmal über den schon hohen Erwartungen. Einen dämpfenden Effekt könnte es tatsächlich durch Maßnahmen wie den Tankrabatt oder das 9-Euro-Ticket geben, allerdings sollte diese Kosmetik nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier nicht etwa der Preisauftrieb gebremst wird, sondern die Kosten lediglich über den Umweg des Staates, aber letztlich doch wieder vom Bürger selbst geschultert werden müssen. Nach dem Auslaufen der Maßnahmen tritt dann ohnehin wieder der gegenteilige Effekt ein. Wieviel Druck auf der Inflationspipeline ist, zeigen die Erzeugerpreise, die im April um atemberaubende 33,5% gegenüber dem Vorjahr angestiegen sind. Das war der höchste Zuwachs seit 1949. Ab Herbst könnten dann zwar tatsächlich gegenläufige Basiseffekte einsetzen, die die Jahresrate des Preisauftriebs optisch dämpfen, die verlorene Kaufkraft kommt dadurch allerdings nicht wieder zurück. Die Inflation würde – ceteris paribus – nur etwas langsamer am Geldwert weiterknabbern.

Schmerzhafte Inflationsbekämpfung

Natürlich ist im Umfeld eines rasch schwindenden Geldwerts die Suche nach werthaltiger Substanz ein erster und sehr nachvollziehbarer Impuls. Allerdings stemmen sich die Notenbanken nun immer vehementer gegen den im Wesentlichen selbstverschuldeten Wertverfall ihrer eigenen Fiatgelder. Dass die Fed hier einen größeren Spielraum als die EZB hat, wurde an dieser Stelle schon mehrfach beschrieben. Die Maßnahmen in Form von Zinserhöhungen und einer weniger üppigen Liquiditätsversorgung sollen einer sich aufbauenden Inflationsmentalität entgegenwirken und damit die Geldhalter im Geld halten. Der durch eine ultraleichte Geldpolitik über viele Jahre aufgebaute Geldüberhang kommt so aber nicht wieder aus der Welt. Solange die Notenbanken, namentlich die Fed, an ihrem restriktiveren Kurs festhält, dürfte der US-Dollar stark und die Aktien, aber auch zunehmend die Immobilien unter Druck bleiben bzw. kommen. Bei letzteren könnte insbesondere die Finanzierung zum Problem werden, da an diesem Markt traditionell mit hohem Kredithebel gearbeitet wird.

Niemals gegen die Notenbank!

Auf den Märkten lastet neben dem Krieg um die Ukraine und den Folgen der vergangenen und sich am Horizont schon wieder abzeichnenden Corona-Maßnahmen vor allem die straffere Geldpolitik. Auch wenn der Realzins noch immer tief im negativen Bereich verläuft, verunsichert die Geschwindigkeit, mit der er angestiegen ist. Da die Fed nun schon seit Monaten ostentativ auf der Bremse steht, sollte man sich an die alte Börsenweisheit „Never fight the Fed!“ erinnern. Im brandneuen Smart Investor 6/2022 haben wir uns in der Titelgeschichte „Es grüßt der Bär“ mit diesem, und auch mit einigen anderen Aspekten auseinandergesetzt, die im Moment zur Zurückhaltung gegenüber den Märkten mahnen. Im Gegensatz zum Corona-Crash des Jahres 2020, bei dem die Notenbanken sofort beherzt gegengesteuert haben, agieren sie in der aktuellen Problemlage restriktiv. Es spricht also einiges dafür, dass wir es diesmal nicht mit dem bekannten Muster aus notenbankinduzierter Blasenbildung, schnellem Crash und erneuter, notenbankinduzierter Blasenbildung zu tun haben, sondern dass eine echte Baisse anstehen könnte. Entscheidend wird sein, was nach dem Auslaufen allfälliger Bärenmarktrallys passiert. In einer Baisse sollten die Kurse dann, mangels Unterstützung von der Gewinn- und/oder Zinsseite, erneut abbröckeln.

Der neue „Smartie“ ist erschienen!

Allerdings befassen wir uns im neuen Smart Investor 6/2022 nicht nur mit einer möglichen Baisse. Traditionell enthält die Juni-Ausgabe unseren Überblick über inländische Beteiligungsgesellschaften, aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich und die große Tabelle mit den wichtigsten Kennzahlen dieser Unternehmen. Eine Branche, die über Jahre links liegen gelassen wurde, und in der buchstäblich kein Pfifferling zu holen war, ist der Offshore-Ölservice-Sektor. Grund genug hier einmal genauer hinzusehen, ob ein Turnaround anstehen könnte. Als Gesprächspartner konnten wir zudem den bekannten Währungsspezialisten und Börsenkommentator Folker Hellmeyer gewinnen, der für uns den Ukrainekrieg fernab russischer, ukrainischer und westlicher Propaganda einordnete. Ein besonderer Leckerbissen ist die Untersuchung der negativen Realzinsen als der großen Anomalie der letzten Jahre, und wie diese die Märkte beeinflusst hat bzw. weiter beeinflusst.

Zu den Märkten

In der vergangenen Woche ist dem DAX der hier in der Vorwoche angedachte Ausbruch aus der Flaggenformation nach oben gelungen. Man könnte dies als ein Zeichen der Stärke ansehen, zumal die Nachrichtenlage weiter äußerst durchwachsen ist. Selbst das „Ölembargo light“, das nun von der EU auf den Weg gebracht wurde, ist ein ökonomisches Vabanque-Spiel und lässt sich nur positiv interpretieren, wenn man es mit den zuvor kursierenden Horrorideen eines vollständigen Ölembargos vergleicht. Technisch steht diese Erholungsbewegung allerdings auf schwachen Beinen. Zum einen ging es seit dem Zwischentief vom 9. Mai in der Spitze um mehr als 1.200 Punkte oder rund 9% nach oben, was für eine wohlverdiente Verschnaufpause spricht. Zum anderen war das Umsatzverhalten zuletzt alles andere als überzeugend. So war der Kursanstieg von sinkenden bzw. niedrigen Umsätzen begleitet (vgl. Abb., unterer Teil, rote Linie), während die Handelstätigkeit beim Kursrücksetzer am Dienstag sprunghaft zulegte. In einer gesunden Aufwärtsbewegung sollte dies genau umgekehrt sein. Es spricht also einiges dafür, dass der DAX weder die rote Widerstandszone im Bereich zwischen 14.800 und 15.000 Punkten noch die darüber verlaufende, fallende 200-Tage-Linie in naher Zukunft wird überwinden können.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über unsere aktuellen Musterdepot-Transaktionen und die Entwicklung unseres wikifolios „Smart Investor – Momentum“. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

So überzeugt wir von den mittelfristigen Perspektiven unserer Edelmetallinvestments sind, Aktionen wie die Yamana-Übernahme durch Gold Fields können die Freude an diesem Sektor kurzfristig eintrüben.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

Smart Investor 06/2022:

Titelstory: Es grüßt der Bär

Beteiligungsgesellschaften: Die Branche im Überblick – samt großem Tabellenwerk

Turnaround: Offshore-Ölservicesektor vor dem Comeback?

Healthcare & Biotech: Gute Eintiegschancen nach der Sektorrotation?

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