(Selbst-)Sabotage?!

Titelbild: © photoschmidt – stock.adobe.com

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Über angekündigte Strafmaßnahmen und Vorverurteilungen

And the Winner is …

… Giorgia Meloni, Chefin der „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“). Damit wird die frühere Journalistin und heutige Parteivorsitzende zur voraussichtlich ersten weiblichen Regierungschefin Italiens – und das ganz ohne Quote. In der hiesigen Presse hielt sich die Begeisterung über so viel Frauenpower dennoch in Grenzen, denn die „Fratelli d’Italia“ sind eine rechte Partei. Im Vorfeld wurde aus Richtung der EU entsprechend nichts unversucht gelassen, den sich abzeichnenden Wahlerfolg Melonis zu sabotieren. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen entblödete sich nicht einmal, den italienischen Wählerinnen und Wählern im besten Mafia-Style zu drohen, dass man „Werkzeuge habe“, falls die Dinge in eine „schwierige Richtung“ gehen sollten. Capisce?! Das war nicht nur anmaßend, besonders für eine Frau, die nur dank Brüsseler Hinterzimmer-Diplomatie in ihr Amt gekommen war, es war auch ziemlich töricht und letztlich eine Form der Selbstdemontage. Denn die Äußerung „der Deutschen“ wurde in Italien offenbar genau so empfunden, wie sie gemeint war, als Bevormundung des italienischen Souveräns durch eine im fernen Brüssel residierende Spitzenbürokratin. Galt der Wahlsieg Melonis schon zuvor als hochwahrscheinlich, war er nach von der Leyens unfreiwilliger Wahlkampfhilfe eine ausgemachte Sache.


Werkzeug für den „kleinen Dienstweg“

Italien wird also künftig in beiden Kammern von einem Mitte-Rechts-Bündnis regiert werden. Der italienische Aktienmarkt nahm das lange nicht so schlecht auf, wie die deutsche Presse, die sich unmittelbar bemüßigt fühlte, an Italiens finsterste Tage unter Mussolini zu erinnern. Das ist natürlich Quatsch. Denn tatsächlich verfügt die EU über einige Instrumente, um das hochverschuldete Italien halbwegs auf Linie zu halten. Zum einen ist das Land abhängig von EU-Fördermitteln wie dem „NextGenerationEU“-Programm, zum anderen ist der italienische Staat auf das Wohlwollen der EZB angewiesen, die im Rahmen des Transmission Protection Instrument (TPI) italienische Staatsanleihen vom Markt nimmt, um einer Ausweitung der Spreads gegenüber Bundesanleihen entgegenzuwirken. Gerade die EZB kann hier „auf dem kleinen Dienstweg“ Druck auf Italien ausüben, ohne dass es dazu formeller Beschlüsse bedürfte, wie bei einer Zurückhaltung von Mitteln aus dem „NextGenerationEU“-Programm. Es sind die Versäumnisse vieler Vorgängerregierungen, die Italien in diese Abhängigkeit gebracht haben. Dass es zu Friktionen zwischen der EU und Italien kommen werde, konnte man noch am ehesten am Kurs des Euro ablesen, der ein neues 20-Jahres-Tief auslotete. Dass wir hier noch deutlich tiefere Kurse für wahrscheinlich halten, können Sie an einer Wette ablesen, die Smart-Investor-Chefredakteur Ralf Flierl eingegangen ist. Näheres dazu lesen Sie im neuen Smart Investor 10/2022 auf Seite 62. Es darf als ziemlich sicher gelten, dass sich die Machtverhältnisse innerhalb der EU nach der Schweden- und der Italienwahl verschieben werden. Eine allzu forsche Umsetzung von „GreenNewDeal“-, „Great Reset“- und Kriegspolitik dürfte nun auf etwas mehr Widerstand stoßen. Auch dürfte der Brüsseler Druck auf die traditionell konservativen Mitgliedsstaaten im Osten, namentlich Polen und Ungarn, etwas nachlassen.

Cluedo unter dem Meeresspiegel

Der eigentliche Sabotageakt, der seit gestern die Welt, insbesondere aber Europa und Deutschland beschäftigt, ist der fast zeitgleiche Druckabfall in den Pipelines Nordstream 1 und Nordstream 2. Inzwischen ist klar, dass es sich hierbei nicht um einen Zufall gehandelt hat, sondern um Terroranschläge. Was zur Stunde nicht klar ist, wer hinter diesen Anschlägen steckt. Fast reflexhaft zeigen die hiesigen Leitmedien in Richtung Russland. Russland, so lesen wir, verfüge über die Fähigkeiten, solche Operationen auszuführen. Das dürfte wohl richtig sein, allerdings gehören verdeckte Operationen zum Repertoire vieler großer Staaten, insbesondere auch zum Repertoire westlicher Staaten. Von den sieben goldenen Ws der Kriminalistik (Was, wo, wann, wer, warum, wie und womit?) beantwortet die Feststellung, dass jemand die grundsätzliche Fähigkeit zu einer Tat habe, keine einzige. Sie schränkt lediglich den Kreis potenzieller Täter ein. Dennoch verengten die hiesigen Leitmedien die Perspektive sofort in Richtung Moskau und die EU kündigte bereits „robuste Reaktionen“ an.

Vorgezogenes Schuldeingeständnis?

Dabei wäre die naheliegendste Frage die nach dem Motiv. Wer könnte ein Interesse daran haben, die Pipelines zu sabotieren? Wenn ein Land überhaupt kein Interesse daran haben kann, dann ist es Russland. Denn wollte Moskau kein Gas mehr liefern, dann bräuchte es einfach nur den Gashahn zuzudrehen und die Sache wäre erledigt. Vor allem würde es die Verhandlungsoption behalten, diesen Hahn auch jederzeit wieder aufzudrehen. Das hindert willfährige „Experten“ freilich nicht daran, sich in die These zu versteigen, Putin habe die Pipelines gesprengt, um der Welt zu demonstrieren, dass er auch andernorts Pipelines sprengen könne. Das wäre in etwa so sinnvoll, wie sich ein Messer in die Brust zu rammen, um zu demonstrieren, dass man auch jedem anderen ein solches Messer in die Brust rammen könnte. Dagegen wird geflissentlich übersehen, wem Nordstream 2 von Anfang an ein Dorn im Auge war, weil diese Pipeline nicht nur die geostrategischen, sondern auch die Geschäftsinteressen der USA unterlief. Weit hergeholt? Vielleicht. Andererseits war es kein geringerer als US-Präsident Joe Biden, der bereits am 7. Februar 2022, also rund drei Wochen vor der russischen Invasion, ein Statement abgegeben hat, das heute wie ein vorgezogenes Schuldeingeständnis klingt:

Joe Biden: „Let me answer this first question first, if Germany, if Russia invades, that means tanks and troops crossing the border of Ukraine again, then there will be no longer a Nordstream 2, we will bring an end to it.“
Reporter: „But how will you do that exactly, since the project and control of the project is within Germanys control?“
Joe Biden: „We will, I promise you, we will be able to do it.“
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=OS4O8rGRLf8

Golf von Tonkin in der Ostsee?

Auch der polnische EU-Abgeordnete Radoslaw (Radek) Sikorski twitterte gestern unverhohlene Freude über den Terroranschlag („Thank you, USA“, vgl. Screenshot). Dabei ist der Mann kein extremistischer Hinterbänkler, sondern ausweislich seines Twitter-Profils (vgl. Screenshot) – dort zeigt er sich mit US-Präsident Biden – bestens mit einflussreichen US-Kreisen vernetzt: „Chairman EU-USA delegation@Europal_EN“, „VP EU-UK Friendship Group“, „Senior Fellow@HarvardCES“ und „Distinguished Statesman@CSIS“. Früher war Sikorski zudem polnischer Verteidigungsminister (2005-2007), langjähriger Außenminister (2007-2014) und Parlamentspräsident seines Landes (2014-2015). Bei einem Mann mit dieser Vita und diesem Netzwerk hat ein solcher Tweet durchaus Gewicht. Man darf also gespannt sein, wie die von der EU angekündigten „robusten Reaktionen“ letztlich aussehen werden und ob es zuvor eine lückenlose Beweisführung geben wird. Spätestens, als BILD heute in der Online-Ausgabe titelte „Die Spur führt zu Putin“, liegt mehr als nur ein Hauch von Tonkin https://de.wikipedia.org/wiki/Tonkin-Zwischenfall über der Ostsee.

Unter Strom

Dass der Energiesektor gestern mit einem Tagesplus von 1,58% tatsächlich alle anderen Segmente der US-Börse deutlich outperformte, ist konsequent und sei nur am Rande erwähnt. Innerhalb dieses Sektors stachen vor allem die Industriegruppen Kraftwerkskohle („Thermal Coal“, +6,14%), Uran (+5,44%) und Kokskohle („Coking Coal“, +4,25%) heraus. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass der Energiesektor mit einem Minus von -9,88% damit noch immer der am schlechtesten performende Sektor auf Wochenbasis ist. An diesen Kurskapriolen ist auch die aktuell herrschende Unsicherheit abzulesen, von der selbst jene Sektoren erfasst werden, die durch die Verhältnisse prinzipiell begünstigt werden.

Konsum auf Tauchstation

Über lange Jahre auf der Sonnenseite waren dagegen Technologietitel und insbesondere die sogenannten FAANG-Aktien. Alles schien unaufhaltsam und unaufhörlich in ihre Richtung zu weisen. Der Plattform-Kapitalismus fraß die traditionelle Unternehmenswelt buchstäblich bei lebendigem Leib. Doch die Spitzenkurse in diesem Bereich liegen bereits weit hinter uns. Meta Platforms, die ehemalige Facebook und damit das „F“ der FAANG-Aktien, hat von seinem Spitzenkurs bei 384 USD inzwischen ziemlich genau zwei Drittel an Wert verloren – und das in ziemlich genau einem Jahr. Aber selbst die lange Zeit als sakrosankt geltende Apple-Aktie, die sich noch vergleichsweise sehr gut in den Kursturbulenzen der letzten Monate gehalten hat, scheint nun in schwereres Fahrwasser zu geraten. Denn der Ausnahmekonzern aus dem kalifornischen Cupertino soll seinen Zulieferern mitgeteilt haben, dass er die Produktion seiner aktuellen iPhones 14 nicht um bis zu sechs Millionen Einheiten erhöhen werde. Das zieht heute nicht nur die Apple-Aktie in die Tiefe. Wenn nicht einmal dieses Unternehmen seine ehrgeizigen Wachstumsziele erreichen kann, dürfte es für die Unterhaltungselektronik insgesamt zappenduster aussehen. So gab die Aktie von Varta heute zwischenzeitlich erneut zweistellig nach. Der Batteriehersteller, vor Jahresfrist noch als einer der Profiteure der Elektrifizierung der Wirtschaft gefeiert, hat nun einen Chart, der mehr an ein Pleiteunternehmen als an einen Hoffnungsträger erinnert.

Zu den Märkten

Das alles lässt naturgemäß auch den DAX40 nicht kalt, der weltweit ohnehin zu den volatilen Aktienindizes gehört. Wie schon in den Vorwochen befürchtet, löste sich die Situation in der Berichtswoche tatsächlich nach unten auf. Der Index durchschlug die wichtige Unterstützung bei 12.400 Punkten und musste heute zwischenzeitlich erstmals seit November 2020 die 12.000er Marke aufgeben, konnte sie aber per Redaktionsschluss wieder zurückerobern. In einer ohnehin fragilen Marktsituation war die Vielzahl an schlechten Nachrichten schlicht nicht mehr zu verdauen. Natürlich liegen in einer solchen Situation auch Chancen, aber so weit dürfte es im Moment noch nicht sein. Denn der zähe Abwärtsgang, der den Index in nur zwölf Handelstagen in der Spitze um mehr als 1.500 Punkte südwärts beförderte, ist noch immer nicht durch einen echten Sell-Off gekennzeichnet. Zwar ist in Einzelaktien wie der oben erwähnten Varta schon eine echte Aufgabestimmung greifbar, im Gesamtmarkt allerdings noch nicht.


Tagungen und Messen im Herbst

Roadshow „Wissen sichert Vermögen“

Am 15.10. macht die Roadshow „Wissen sichert Vermögen“ im Großraum Frankfurt Station, genauer gesagt in Eppstein-Bremthal. Referenten werden unter anderem der als „Silberjunge“ bekannte Buchautor und Redner Thorsten Schulte, der Finanzexperte Josef Schöftenhuber und der Metallexperte Tino Leukhardt sein. Auf der Website des Anbieters können Sie sich für Ihre kostenlose Teilnahme registrieren.

WatchTime Düsseldorf

Natürlich sollen auch in schwieriger Zeit die schönen Dinge des Lebens nicht zu kurz kommen, sind sie es doch, die uns Zuversicht und Lebensfreude schenken. Den Liebhabern kostbarer Uhren sei die WatchTime vom 27. bis 30.10. in Düsseldorf empfohlen. Noch sind einige der kostenlosen Tickets für unsere Leser vorhanden. Gehen Sie hierzu auf die Webseite des Veranstalters und klicken Sie oben links auf „Werbecode eingeben“. Geben Sie dort den Promocode SmartInvestorxWatchtime ein und suchen Sie sich ein Tagesticket aus. Der Preis reduziert sich auf 0,00 Euro. Klicken Sie auf „Kasse“ und fahren Sie mit Ihrer Bestellung fort.

k.u.k. Anlegertagung in Budapest

Wer einerseits die schönen Dinge des Lebens schätzt, aber gleichzeitig auch fundierte und ungeschminkte Informationen für Anleger sucht, der sollte sich den 29.10. dick in seinem Kalender anstreichen. An diesem Tag findet in Budapest, einer der schönsten Städte Europas, die erste „k.u.k. Anlegertagung“ unter dem Motto „Go east!“ statt. „Kapitalschutzstrategien für die Zeitenwende“ werden Ihnen unter anderem IfAAM-Chef Steffen Krug, Goldexperte Dimitri Speck, sowie Dr. Markus Elsässer und Dr. Markus Krall vorstellen. Auch Christoph Heuermann, einer der besten Experten in Sachen Auswandern wird vor Ort sein. Denken Sie in jedem Fall daran, etwas mehr Zeit in Budapest einzuplanen, denn „das Paris des Ostens“, das können wir Ihnen versprechen, wird Sie verzaubern. Nähere Informationen zu dieser außergewöhnlichen Anlegertagung finden Sie auf der Website des Instituts für Austrian Asset Management IfAAM.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über die neuesten Transaktionen und über die Entwicklung in unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Sabotage scheint das Gebot der Stunde zu sein. Während EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erfolglos versuchte, die Parlamentswahlen in Italien zu sabotieren, fielen gestern auch die Pipelines Nordstream 1 & 2 Sabotageakten zum Opfer. Die Täter hier sind allerdings unbekannt, und werden es im deutschen Medienmainstream vermutlich auch bleiben. Der Sündenbock scheint dort dagegen bereits festzustehen.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

Smart Investor 10/2022:

Titelstory: Immobilien – Bröckelndes Betongold

Energiepolitik: Droht Deutschland ein Horrorwinter?

Work-Life-Balance: Im hohen Norden winkt das Glück

Düngermarkt: Auch der Boden will gefüttert sein

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