Interview
Smart Investor im Gespräch mit Dr. Bernd Jäger, Gründer der Mopani-Stiftung, über die „Rendite“ seines sozialen Engagements in Mittelamerika
Smart Investor: Herr Dr. Jäger, seit Jahren begleitet und unterstützt Smart Investor Ihre Stiftung Mopani. Das tun wir nicht zuletzt deshalb, weil wir Ihren Ansatz, 100% der Spenden an die entsprechenden Projekte weiterzuleiten, sehr sympathisch finden. Werden Sie bei diesem Ansatz bleiben?
Jäger: Indem Smart Investor uns mit einer Gratisanzeige unterstützt (siehe S. 61; Anm. d. Red.), entstehen uns keinerlei Fundraising-Kosten. Für unsere kleine gemeinnützige Stiftung ist dies ein Segen! Da sich bei uns alle ehrenamtlich engagieren, sind auch unsere Verwaltungskosten niedrig. Darüber hinaus übernehme ich diese Ausgaben als Stifter, sodass jede Spende zu 100% unseren Waisenkindern zugutekommt. Diesem Grundsatz werde ich zum Wohle der Kinder und aus Fairness gegenüber unseren Spendern treu bleiben.

Bild: © Mopani
Smart Investor: Warum haben Sie eigentlich Ihr Vermögen in die Stiftung eingebracht? Sie hätten sich doch auch ein schönes Leben machen oder damit spekulieren können.
Jäger: Da ich selbst eine glückliche Kindheit in einem behüteten Elternhaus verbringen durfte, wollte ich dieses Glück gerne mit anderen teilen, denen das Schicksal nicht so hold war. Der Verzicht auf Vermögen zugunsten verarmter Waisenkinder fiel mir daher nicht schwer, zumal es auch meinen eigenen vier Kindern gut geht. Es erfüllt mich mit Freude, wenn wir mit den Erträgen des von mir gestifteten Vermögens anderen Kindern helfen können. Diese „emotionale Rendite“ möchte ich nicht gegen ein gesteigertes Konsumniveau oder ein spekulatives Privatvermögen eintauschen.
Smart Investor: Erklären Sie unseren Lesern doch bitte die Ziele Ihrer Stiftung.
Jäger: „Bildung ist der beste Weg aus der Armut“ lautet das Motto unserer Stiftung. In diesem Sinne möchten wir Waisenkinder in den ärmsten Regionen Lateinamerikas von der Straße holen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe gewähren. Wir wollen diese Kinder in die Lage versetzen, als Erwachsene ein selbstbestimmtes Leben zu führen, anstatt als Analphabeten in Drogenhandel oder Prostitution abzurutschen. In unseren Projekten finden die Kinder eine Ersatzfamilie in geschützter Umgebung. Neben der Versorgung mit allem materiell Wichtigen und mit Schulwissen möchten wir unseren Kindern auch Werte vermitteln. In einer Gesellschaft, in der Kinder zu Waisen werden, weil ihre Machoväter spurlos verschwinden oder sie ihren Müttern lästig sind, scheint es mir wichtig, jungen Menschen ein von Verantwortung geprägtes Sozialverhalten anzuerziehen.
Smart Investor: Obwohl die Welt von großen Wanderungsbewegungen gekennzeichnet ist, unterstützt Mopani explizit die Ausbildung von Kindern in deren Herkunftsländern. Was ist die Philosophie dahinter?
Jäger: In den Augen der Latinos sind die USA das gelobte Land. Sie ahnen nicht, wie viele Flüchtlinge in der Wüste Mexikos verdursten oder von den rivalisierenden Drogenbanden ermordet werden. Wer den illegalen Grenzübertritt in die USA schafft, wird bereits am nächsten Tag abgeschoben oder taucht unter und wird ein Leben lang als Billiglohnarbeiter ausgebeutet. Wir möchten möglichst viele Waisenkinder vor diesem Schicksal bewahren und bieten ihnen daher eine Bildungschance als Bleibeperspektive. In dessen Herkunftsland können wir ein Kind mit nur 60 EUR monatlich versorgen – Ernährung, Bekleidung, Unterbringung, medizinische Betreuung und Schulbesuch inbegriffen. Das wäre in hochpreisigen Ländern wie den USA oder Deutschland nicht darstellbar. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sollen die jungen Leute in ihrer Heimat bleiben und diese weiterentwickeln, damit auch dort ein gewisser Breitenwohlstand entstehen kann.

Bild: © Mopani
Smart Investor: Sie hatten unseren Lesern in der Januarausgabe 2021 einen Abriss der Stiftung gegeben. Was ist in der Zwischenzeit geschehen?
Jäger: Wie damals angekündigt, haben wir in Nicaragua ein neues Waisenhaus für weitere 36 Kinder gebaut. Infolge der Pandemie wurden wir mit Verzögerungen bei der Materialbeschaffung und Kostensteigerungen von bis zu 40% konfrontiert. Da unser Stiftungskapital überwiegend in dividendenstarken Aktien investiert war und die Märkte „gut liefen“, haben wir es dennoch geschafft: Vor ca. einem Monat konnten die Kinder endlich einziehen!
Smart Investor: Können Sie ungefähr beziffern, wie viele Waisenkinder durch die Spender aus dem Smart-Investor-Abonnentenkreis unterstützt werden?
Jäger: Das kann ich sogar konkret beziffern. Die Zahl der Abonnenten, die regelmäßig an Mopani spenden, ist inzwischen auf 76 gestiegen. Mit deren Spenden können wir 65 Kinder rundum versorgen. Ohne die Spenden aus Ihrem Leserkreis hätten diese 65 Kinder keine Chance auf einen Schulbesuch und müssten auf der Straße ums tägliche Überleben kämpfen. Ein Smart-Investor-Leser kam mit der Idee einer Zustiftung auf mich zu. Wir haben daraufhin gemeinsam einen Plan für die Anlage seines zugestifteten Kapitals entwickelt. Mit den Kapitalerträgen seiner Zustiftung können wir seitdem zwei Kinder versorgen. Vier Leser haben sich für die Übernahme einer Patenschaft entschieden, weil sie langfristig Verantwortung für ein konkretes Kind übernehmen wollten. Allen Spenderinnen und Spendern aus dem Smart-Investor-Leserkreis danke ich herzlichst für ihre großartige Unterstützung!
Smart Investor: Worin sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Stiftungsarbeit?
Jäger: Die sehe ich in möglichen Verwerfungen an den Finanzmärkten. Stärkere Schwankungen an den Aktienmärkten sind so lange irrelevant für eine Stiftung, wie die Unternehmen, deren Aktien gehalten werden, gesund sind und regelmäßig Dividenden ausschütten. Ohnehin bleiben Aktieninvestments alternativlos, solange fest verzinsliche Wertpapiere zu negativen Realzinsen führen. Unwägbar scheinen mir die Risiken am Devisenmarkt: Wegen der Weichwährungen in unseren Förderländern erfüllen wir unsere Zusagen gegenüber den Projektpartnern ausschließlich in US-Dollar. Daher hoffe ich mit Blick auf den Euro auf einen stabilen Außenwert, der nicht dauerhaft unter die Parität zum Dollar rutscht.
Smart Investor: Was wünschen Sie sich für das neue Jahr?
Jäger: Gerne würde ich unseren regionalen Wirkungskreis erweitern. Nachdem wir seit unserer Gründung im Jahr 2007 fünf Bildungsprojekte in den mittelamerikanischen Ländern El Salvador und Nicaragua initiiert haben, würde ich gerne ein neues Projekt in einem südamerikanischen Land starten. Erste Vorgespräche mit einem potenziellen Projektpartner in Peru habe ich bereits geführt. Dort ist das Elend unter Waisenkindern besonders groß. Unabhängig davon werden wir unsere bestehenden fünf Projekte fortführen und bei Bedarf erweitern.
Smart Investor: Wir danken Ihnen im Namen von Smart Investor und den Spendern für Ihre wirklich wertvolle Arbeit und wünschen Ihnen, Ihren Helfern und natürlich den Kindern alles Gute im neuen Jahr.
Dr. Bernd Jäger gründete vor über 15 Jahren die Familie Jäger Stiftung zur Förderung von Waisenkindern in Lateinamerika (Kurzname: Mopani), mit der er in El Salvador und Nicaragua Bildungsstipendien an Waisenkinder vergibt. Ziel ist es, diesen Kindern die Chance auf ein würdevolles Leben in ihren Herkunftsländern zu eröffnen und einer gefährlichen „Flucht nach Norden“ vorzubeugen. Als schlanke Organisation, die ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern getragen wird, garantiert Mopani, dass 100% der Spendengelder den Kindern in Lateinamerika zugutekommen. Derzeit beziehen 162 Waisen in fünf Projekten ein Stipendium. 65 davon werden durch die Spender aus dem Smart-Investor-Kreis finanziert. Dr. Bernd Jäger arbeitet als leitender Angestellter bei einem internationalen Finanzdienstleister und als Stiftungsvorstand im Ehrenamt für Mopani. Er ist erreichbar unter: bernd.jaeger@mopani.org
Weiterführende Informationen: www.mopani.org