Alles klar mit Solar?!

Titelbild: © dima_pics – stock.adobe.com

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Staatliche Wirtschaftslenkung, wie oft denn noch?

Vorgeführt

In der Parteiführung der FDP scheint man inzwischen sehr wohl verstanden zu haben, dass die „Verampelung“ der Liberalen mit Rot und Grün kein Erfolgsrezept ist – man verprellt die Stammklientel. Der Spagat besteht darin, den Wählern zu zeigen, dass man eigentlich wirtschaftsliberal und -kompetent ist, gleichzeitig aber in einer Koalition mit zwei Parteien zu verbleiben, die beides nicht für sich in Anspruch nehmen können. Im Hinblick auf das Superwahljahr 2024 ist die Partei also in einer echten Zwickmühle. Der vermeintlich elegante Ausweg bestand in einem 12-Punkte-Plan „zur Beschleunigung der Wirtschaftswende“. In diesem Rettungsplan für die deutsche Wirtschaft steht, was die Liberalen eigentlich machen wollten, wenn sie so könnten, wie sie in der Ampel nicht dürfen. Das Manöver war so durchsichtig, dass die Union die Probe aufs Exempel machte. Sie stellte kurzerhand ein, in wichtigen Punkten fast identisches Programm im Bundestag zur Abstimmung: Schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Senkung der Steuern auf einbehaltene Gewinne auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau, die Anhebung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags, die Einführung von Steuervorteilen für Überstunden, der Ausgleich der kalten Progression für die Jahre 2025 und 2026, das Aussetzen des Lieferkettengesetzes, eine Neuberechnung des Bürgergelds und eine Verschärfung der Sanktionen für Bürgergeldempfänger, die zumutbare Arbeit verweigern, um die wesentlichen Punkte zu nennen.

Die Liberalen sollten Farbe bekennen. Der CSU-Abgeordnete Sebastian Brehm nutzt seine Redezeit sogar, um die FDP direkt herauszufordern, den Antrag zu unterstützen, und warnte, dass eine Ablehnung die Liberalen vor deren anstehenden Parteitag lächerlich machen könnte. Ist der FDP die Rettung der deutschen Wirtschaft also Herzensangelegenheit oder nur taktisches Wahlkampfmanöver? Die Fraktion zog sich aus der Affäre, indem sie mit der Ampel stimmte und die Angelegenheit erst einmal an die zuständigen Ausschüsse verwies. Selbstbewusste liberale Politik geht anders. Entsprechend gab sich die FDP auf dem Bundesparteitag in Berlin mit ihrem Bekenntnis zur Ampel wieder zahm. Die „Wirtschaftswende“ wolle man zwar weiter, wie das in der bestehenden Koalition gelingen soll, blieb aber offen. So hatten die Liberalen mit ihrem 12-Punkte-Plan zwar gut gebrüllt, mehr aber auch nicht.

Land der untergehenden Sonne

Der Niedergang der deutschen Solarindustrie geht weiter. Nun soll auch die Produktion bei Solarwatt, einem der führenden Unternehmen der Branche, in Deutschland eingestellt werden. Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend, da sie anderen Unternehmen wie Meyer Burger und Heckert Solar folgt, die ebenfalls mit Produktionsproblemen zu kämpfen haben. Die gesamte Branche steckt in der Krise. Nach dreißig Jahren erfolgreicher Tätigkeit wird Solarwatt seine Produktionsbänder ab Ende August vorerst (!) stilllegen. Diese Entscheidung betrifft direkt 190 Arbeitsplätze und wurde den Mitarbeitern in einer Betriebsversammlung mitgeteilt. Zwar sei die Schließung vorläufig, doch wie eine Wiederaufnahme der Produktion gelingen soll, ohne dass sich die Rahmenbedingungen ändern, ist völlig offen. Die Lage hatte sich dramatisch verschärft, nachdem das „Solarpaket I“ im Bundestag verabschiedet wurde, ohne die erbetenen Hilfen für die Hersteller zu berücksichtigen. Merkwürdig genug, dass eine Zukunftsindustrie nur mit solchen Hilfen überlebensfähig zu sein scheint, zumindest in Deutschland. Der Hase liegt wieder einmal bei der Wettbewerbsfähigkeit im Pfeffer. China kann es vielleicht nicht unbedingt besser, in jedem Fall aber billiger. Statt die Wettbewerbsbedingungen für Deutschland insgesamt zu verbessern, fiel der Politik aber – wieder einmal – nichts anderes ein als eine weitere Subvention. Letztlich scheiterte der „Resilienzbonus“ jedoch am Widerstand der FDP. Ob die deutsche Solarindustrie noch viel mit der hiesigen Energiewende und dem angestrebten ökologischen Umbau der Wirtschaft zu tun haben wird, muss inzwischen bezweifelt werden. Solarwatt plant derweil, die Produktion nach China zu verlagern.

„Told you so“

Beim Thema Elektromobilität stottert hierzulande inzwischen ebenfalls der Motor. Der Wegfall der Elektroprämie hat deutlich gemacht, wie ernst es den Deutschen mit der elektrifizierten Fortbewegung ist – nicht sonderlich ernst, könnte man meinen, wenn man auf die Entwicklung der Absatzzahlen blickt. Im brandaktuellen Smart Investor widmen wir uns dem Thema aus Sicht der Österreichischen Schule – und da ist die Entwicklung dann gar nicht mehr überraschend. Das soll aber kein billiges Nachkarten sein, sondern eher ein weiterer Hinweis darauf, wie zeitgemäß diese Ideen auch heute noch sind. Eine andere Idee, deren Zeit möglicherweise bald kommt, ist die des „Great Taking“. Den vollständigen Artikel finden Sie im neuen Smart Investor 5/2024, in dem wir auch den Versuch einer Einordnung unternehmen. 

Grünes Licht für Tesla

Dagegen erlebt Tesla derzeit ein signifikantes Kursfeuerwerk an den US-Börsen, auch getrieben durch wichtige Entwicklungen am chinesischen Markt. Die Aktien des Elektroautobauers schossen nach positiven Nachrichten über die vorläufige Zulassung seines Fahrerassistenzsystems in China um 15 Prozent nach oben. Diese Entwicklung folgt einer Vereinbarung mit dem chinesischen Suchmaschinenriesen Baidu, die Tesla Zugang zu Baidus Kartierungslizenz für die Datenerfassung auf Chinas öffentlichen Straßen ermöglicht. Diese Partnerschaft gilt als letzter regulatorischer Schritt, der benötigt wird, damit Tesla seine „Full-Self-Driving“ (FSD)-Technologie in China anbieten kann.

Das grüne Licht für Teslas autonome Fahrdienste kam kurz nach einem Treffen zwischen Elon Musk und dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang, bei dem die FSD-Technologie ein zentraler Diskussionspunkt war. Als Ergebnis der Zusammenkunft nahm der chinesische Automobilverband CAAM die Tesla-Modelle 3 und Y in die Liste der für den Selbstfahrmodus zugelassenen Fahrzeuge auf. Daneben traf sich Musk auch mit Robin Zeng, dem Chef des chinesischen Batterieherstellers CATL, was Spekulationen über mögliche weitere Kooperationen bzw. Projekte anheizte. Obwohl diese Treffen nicht öffentlich angekündigt wurden und hauptsächlich durch Insider und Flugverfolgungs-Apps bekannt wurden, hat die positive Resonanz auf diese Nachrichten den Aktienkurs von Tesla erstmals seit Anfang des Jahres wieder nennenswert beflügelt.

Die Erschließung des chinesischen Marktes für Teslas FSD-Technologie ist nicht nur aus umsatztechnischer Sicht von Bedeutung, sondern auch für die Weiterentwicklung der autonomen Fahrfähigkeiten. Durch den Zugang zu einem der größten Automobilmärkte der Welt kann Tesla wichtige Daten sammeln, die für die weitere Verbesserung der Technologie entscheidend sind.

Deutsche Dividendentitel: heute freenet AG

Für Dividendensammler, mit einem hoffentlich diversifizierten Portfolio, ergeben sich weitere interessante Möglichkeiten. Nachdem Meta Platforms seit März 2024 eine vierteljährliche Auszahlung eingeführt hat, verkündete letzte Woche mit Alphabet der nächste Tech-Riese, seine Aktionäre ab Juni ebenfalls mit einer regelmäßigen Dividende beglücken zu wollen.

Als deutschen Dividendenzahler möchten wir Ihnen heute die freenet AG (WKN: A0Z2ZZ) vorstellen. Die Büdelsdorfer sind hierzulande einer der größten netzunabhängigen Telekommunikationsanbieter, da sie für ihre mobilen Sprach- und Datendienste auf die Netze anderer Anbieter zurückgreifen. Typisch für ein „Telko“-Unternehmen zeigt sich freenet gegenüber seinen Aktionären sehr spendabel – die geplante Dividende von 1,77 EUR pro Aktie bedeuten bei einem Kurs von 26,68 EUR eine Rendite von satten 6,6%. Dazu kommt noch der spannende Aspekt, dass die Dividendenausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto geleistet wird. Somit erfolgt die Auszahlung ohne Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Die Dividendenhistorie ist seit 2011 auf hohem Niveau sehr stabil. Lediglich im Jahre 2020 wurde die Ausschüttung für die Anleger aufgrund von Unsicherheiten über den Verlauf der Covid-19-Pandemie kurzfristig erheblich gekürzt. Abgesehen von dieser Ausnahme darf man aber davon ausgehen, dass sich an der zuverlässigen Dividendenpolitik freenets so schnell nichts ändern dürfte. Klares Indiz dafür ist eine gesunde Ausschüttungsquote von 58,3% aus dem Free Cashflow. Wer am 14. Mai 2024 in den Genuss der einjährigen Gewinnausschüttung kommen möchte, sollte sich die Aktie bis zum Ex-Datum 9. Mai 2024 ins Depot legen.

Zu den Märkten

Was in der Vorwoche noch eine Möglichkeit war, ist inzwischen wieder in weitere Ferne gerückt: die Rückeroberung des seit Ende Oktober 2023 laufenden Aufwärtstrends. Als wir in der Vorwoche fragten, ob der Durchbruch lediglich eine Schrecksekunde gewesen sei, müssen wir nun doch eher von einigen „Schreckwochen“ ausgehen. Die Charakteristik das Marktes hat sich jedenfalls verändert. Aus „voranstürmend“ wurde „vorsichtig tastend“. Auch sind die Marktteilnehmer derzeit viel schneller zu verunsichern, als dies noch vor einigen Wochen der Fall war – eine Verschärfung des Ukraine-Kriegs oder eine nicht erfüllte Zinssenkungshoffnung genügen.

Insofern ist der Durchbruch der Trendlinie fast symptomatisch. Die Reaktion an das Ausbruchsniveau erfolgte fast lehrbuchmäßig – und scheiterte. Die in der Vorwoche vermutete Short-Covering-Rally scheint damit bereits abgearbeitet zu sein. Neue Käufe sind derzeit jedenfalls nicht aggressiv. Solange der einsame Kursgipfel bei rund 18.500 DAX-Punkten nicht wieder überwunden wird, dürfte sich daran auch erst einmal nichts ändern.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute ein Update zu den Käufen in unserem Musterdepot, sowie zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Die große Monatstabelle für April 2024 inklusive Transaktionen des Berichtszeitraums finden Sie hier https://www.smartinvestor.de/2024/04/24/musterdepot-wikifolio-update-17-2024/. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Teile der Politik suchen den Befreiungsschlag aus einer weitgehend selbstverschuldeten Misere. Dass wir es tatsächlich mit spezifisch deutschen Problemen zu tun haben, zeigt nicht zuletzt der Abstand zu den Wachstumserwartungen anderer Volkswirtschaften.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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