Strategische Vorbereitungen

Titelbild: © Christian – stock.adobe.com

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Ein Aktienfahrplan für den Sommer

Amerikas Gewinn und Chinas Beitrag

Um eine Marktlage mit Chance auf Anlagegewinn einschätzen zu können, braucht es zuerst Fakten. Hier sind sie: Der amerikanische Blue-Chip Index S&P 500 schafft seit Jahresbeginn einen Kurszuwachs von über +11%. Der NASDAQ 100 liegt gleichauf, der altehrwürdige Dow Jones Industrial bringt es immerhin auf +6% und der britische UK 100 notiert 9% im Plus. Sogar der hiesige DAX-Kursindex erfreut mit +9%.

Der Bulle ist los. Aller Erfahrung nach lässt er sich zunächst kaum einfangen. Für investierte Anleger ist das eine gute Nachricht. Dass sich ihre Depots bei derartiger Marktverfassung über Nacht in rauchende Trümmerfelder verwandeln, erscheint als sehr unwahrscheinlich. Katastrophen wie ein Meteoriteneinschlag beiseitegelassen, ändert sich der Charakter eines starken Marktes nicht von einem Tag auf den andern. Eine Wende braucht Zeit und der aufmerksame Anleger würde sie erkennen: Die Kurse wollen dann nicht mehr recht voran, sie bröckeln, erholen sich nur noch mäßig – gemäß der charttechnischen Theorie würden sich tiefere Hochs und tiefere Tiefs ausbilden.

Amerikas Börsen gewinnen also, und sie ziehen Europa mit. Auch China leistet zur Gesamtlage einen Beitrag. Die Wirtschaft im Reich der Mitte fasst wieder Tritt und das ist gut. Abzulesen sind die jüngsten Kursgewinne beispielsweise bei den chinesischen Large Caps, die zusammengefasst werden im iShares China Large Cap ETF (WKN: A0DK6Z).

Aber, es gibt auch beunruhigende Aspekte: Denn der Kurs des Goldes steigt und die Renditen für US-Anleihen ziehen an. Der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg meldet, dass China sich verstärkt von US-Anleihen trennt, angeblich um zu „diversifizieren“. Parallel werden Goldreserven aufgebaut und der Preis für Kupfer erreicht Rekordhöhen. Anleger, welche sich an Kursgewinnen in Amerika erfreuen, dürften von Chinas Beitrag zur Gesamtlage weniger erbaut sein und hier womöglich strategische Autarkie-Vorbereitungen vermuten. Ein militärisch forcierter Griff von Festlandchina nach Taiwan würde die Börsenkurse jedenfalls weltweit abstürzen lassen.

Schwellenländer angesagt

Die Staaten Brasilien, Russland, Indien und China bekamen vor Jahren in der Finanzwelt das Etikett BRIC aufgeklebt, welches allerdings vor allem dem Marketing diente, um damit allerlei griffig zu benennende Anlageprodukte an den Mann zu bringen. Der Rendite-Ruhm der meisten BRIC-Staaten ist mittlerweile verblasst.

Jedoch zaubern die Renditemöglichkeiten neu ausgewählter Schwellenländer ein Lächeln in die Gesichter informierter Anleger. Von den alten Kandidaten überzeugt nur noch Indien. Neu hinzugekommen sind Indonesien und Mexiko. Den genannten Staaten gemeinsam ist die Blockfreiheit, welche ihnen ermöglicht, bei der Wahl ihrer Wirtschaftsbeziehungen sehr offen zu sein. Das ist dem Wohlstand aufstrebender Nationen zuträglich. Zugleich erscheint die Rechtspflege in den drei Ländern gefestigt, die Korruption (einigermaßen) im Griff, die Bürokratie noch nicht wuchernd, so dass westliche Firmen sich gern ansiedeln. Mexiko erwartet 2024 ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) um +2,37%, Indien +6,8%, Indonesien +5%. 

Die Kursentwicklungen beispielsweise des Xtrackers MSCI Mexico (WKN: DBX0ES) oder des iShares MSCI India (WKN: A2AFCY) sind vielversprechend. Einzig der MSCI Indonesia, von Bankaktien dominiert, zeigt noch keine überzeugende Kurswende. Sie kann aber bald kommen, denn der frisch gewählte Präsident Prabowo Subianto verbreitet Aufbruchstimmung. Der neue Spitzenmann soll am 20. Oktober vereidigt werden und er will die Wirtschaft ankurbeln.

Die wirklichen KI-Profiteure

Genau ein Jahr ist es her, dass ChatGPT für die breite Öffentlichkeit freigeschaltet wurde. Seitdem ist nichts mehr wie es war: für Privatleute nicht, für die Industrie und die Börse auch nicht. ChatGPT fand innerhalb weniger Wochen weltweit begeisterte Nutzer. Es ist ein Chatbot, der auf Fragen seiner menschlichen Nutzer erstaunlich sinnvolle, scheinbar intelligente Antworten liefert.

Betrieben werden KI-Chatbots in Rechenzentren auf ausgeklügelten Chip-Farmen. Es braucht viele Server und viel elektrischen Strom. Profi-Anleger folgerten schnell und scharf, dass exakt in den genannten Bereichen die ersten großen KI-Profiteure zu finden sein werden. Die Kurse des Anbieters von physischen Datenspeicherlösungen Pure Storage (WKN: A14YFN), des Serverschraubers Dell (WKN: A2N6WP) und der Hightech-Chipschmiede Nvidia (WKN: 918422) hoben ab. Heute Nacht präsentiert Nvidia die neuesten Geschäftszahlen …

Als nächste mögliche Kursgewinner benennen Anleger auf der Suche nach frischen Renditemöglichkeiten den Microsoft-Konzern (WKN: 870747), welcher aktuell KI-gestärkte Laptops und Desktop-Rechner ankündigt, sowie amerikanische Einzelhandelsriesen wie Walmart (WKN: 860853) und Costco (WKN: 888351), die ihr Online-Geschäft mit Hilfe von KI-Anwendungen überraschend zügig ausbauen könnten.

Deutsche Dividendentitel: heute Volkswagen AG Vz

Der Titel, den wir Ihnen heute vorstellen, ist vor allem aufgrund seiner allgemeinen Fundamentalwerte interessant. Und es ist erneut ein Automobilhersteller – Volkswagen AG Vz* (WKN: 766403). Die Wolfsburger waren 2020 größter Autohersteller der Welt und wurden im letzten Jahr nur von Toyota auf den zweiten Platz verwiesen. Bekanntermaßen hat die deutsche Autoindustrie derzeit mit Gegenwind zu kämpfen. Bei der E-Mobilität sind viele Unternehmen der Politik zunächst nur widerwillig gefolgt, was Tesla, BYD und Co. die Überholspur überließ. Doch das ist Jammern auf einem noch immer recht hohen Niveau. Womöglich könnten sich einige Wolken sogar wieder verziehen, beispielsweise falls die Rolle rückwärts beim Verbrenner-Aus in der EU kommt.

Tatsächlich zeigt sich die gegenwärtige Stimmung im VW-Kurs und in einer erheblichen Unterbewertung. Das KGV liegt unterhalb von 4,0. Dies wiederum ergibt bei einem Kurs von 117,10 EUR eine Dividendenrendite von sehr ordentlichen 7,61%. Damit rangiert VW ganz oben in der deutschen Dividendenrangliste. Wir betonen immer wieder, dass es fahrlässig ist, Aktien nur aufgrund einer hohen Dividendenrendite auszuwählen. Mindestens genauso wichtig ist eine Historie stabiler bzw. kontinuierlich ansteigender Ausschüttungen, die bei Volkswagen gegeben ist, bis auf einen Aussetzer im Jahr 2016 bedingt durch den Abgasskandal. Die Ausschüttungsquote, bezogen auf den Fee Cashflow liegt bei 100%, im Hinblick auf den bereinigten Gewinn bei 30,2%. Sehr schön liest sich die Steigerungsrate von 14,86% auf Fünf-Jahres-Sicht. Volkswagen ist vielleicht nicht der typische Dividendentitel, doch die aktuelle Rendite und die Aussicht auf einen möglichen Turnaround beim Kurs, sind zwei schlagkräftige Argumente für den Aufbau einer überschaubaren Position. Wer am 4. Juni 2024 in den Genuss der Ausschüttung kommen möchte, sollte sich die Aktie bis zum Ex-Datum 30. Mai 2024 ins Depot holen.

Zu den Märkten

Nach dem Gipfelsturm der Vorwoche hat der DAX während der vergangenen fünf Handelstage erst einmal wieder eine Verschnaufpause eingelegt. Unter technischen Gesichtspunkten ist das nicht nur ein normaler, sondern sogar ein sehr gesunder Vorgang. Das gilt besonders, wenn dieses Luftholen unter per Saldo rückläufigen Umsätzen erfolgt. Dennoch sollte man stets auf der Hut bleiben und insbesondere dann nach gegenläufigen Signalen Ausschau halten, wenn die Stimmung an den Märkten in Richtung allgemeine Sorglosigkeit driftet. Ein Warnzeichen, das sich bereits realisiert hat, ist ein erneutes Unterschreiten des Aufwärtstrendkanals (blau). Das allerdings ist für sich genommen nicht weiter dramatisch. Denn erstens war der bisherige Aufwärtskanal ungewöhnlich steil. Es konnte also ohnehin nicht erwartet werden, dass dieser auf Dauer Bestand haben würde. Zweitens lässt sich bereits eine Auffächerung nach unten einzeichnen, wobei auch die neue Aufwärtstrendlinie (schwarz) ordentlich unterstützt ist. Ein echtes Warnsignal wäre dagegen ein Unterschreiten des Hochs von Ende März/Anfang April, besonders, falls dies unter hohen Umsätzen geschieht. Bis dahin kann die aktuelle Orientierungslosigkeit aber noch als gesunde Korrekturbewegung gelten.

Der entscheidende Impuls für die nächsten Handelstage könnte am Mittwochabend allerdings von außerhalb des DAX kommen. Der Chip-Konzern Nvidia liefert nach Börsenschluss seine mit Spannung erwarteten Quartalszahlen. Sollten die hohen Erwartungen erneut übertroffen werden, dürfte die Aktie am Donnerstag mit neuen Allzeithochs aufwarten. Finden die Märkte jedoch ein Haar in der Zahlensuppe, dann ist mit kräftigen Abschlägen zu rechnen.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute den Monatsbericht nebst Tabelle und Transaktionsliste für Mai 2024. Wir sind aufgrund des Feiertages in der nächsten Woche diesmal etwas früher dran. Lohnen wird sich ein Blick in diesem Monat auf jeden Fall, denn unsere Performance hat den DAX zuletzt regelrecht deklassiert. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

An den Aktienmärkten bleibt der Bulle weiter dominant, allerdings dürften einige der vermuteten Hintergründe den Anlegern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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