Es ist passiert, aber anders als erwartet
Geliefert wie geübt?Man mag sich trösten, dass die Iberische Halbinsel ein Stück weit von Deutschland entfernt liegt, doch die Probleme sind ähnlich. Denn auch dort verfolgt man eine Energiepolitik entsprechend den Vorgaben der Agenda 2030. Das hat zur Folge, dass der Anteil der sogenannten Erneuerbaren Energien stetig hochgefahren wird, während konventionelle Energien auf dem gewollten Rückzug sind. Am 28. April trat dann das Undenkbare ein, vor dem aber schon oft gewarnt wurde – Blackout. Binnen Minuten, ja Sekunden, schaltete sich die Stromversorgung in Spanien, Portugal und Teilen Südfrankreichs in einem kaskadierenden Zusammenbruch ab. Reflexartig machten die Medien dafür einen Cyberangriff verantwortlich, mutmaßlich aus … Tusch! … Russland. Das Szenario erinnert an die regelmäßig unter dem Titel Cyber Polygon stattfindenden Planspiele mit hochkarätiger Beteiligung und freundlicher Unterstützung des World Economic Forums (WEF). Allerdings ruderten die Behörden in den hauptbetroffenen Ländern Spanien und Portugal schon kurze Zeit später zurück. Weder gäbe es Hinweise auf menschliches Versagen, noch war das Ganze die Folge einer gezielten Attacke. Es ist – wie beruhigend – einfach so passiert. Nach aktuellem Stand der Mitteilungen soll die Abschaltung einer der Hauptverbindungsleitungen zwischen Spanien und Frankreich der Auslöser der Kettenreaktion gewesen sein.
Zwei „events“Spärlich fließen die belastbaren Informationen darüber, was die Abschaltung auslöste. Da nur wenige solcher Leitungen Spanien mit Frankreich verbinden, wirken diese wie Nadelöhre, weshalb Spitzenlasten hier auf eine besonders verletzliche Infrastruktur treffen. Es scheint also ein Ungleichgewicht zwischen Stromangebot und Stromnachfrage gewesen zu sein, jedoch anders, als sich dies typische Blackout-Mahner vorstellen. Nicht die berüchtigte Dunkelflaute führte zum Zusammenbruch der Stromversorgung, sondern offenbar ein Zuviel an Solarstrom, das dann schlagartig zum Lastabwurf führte. Es war also nicht der Atomstrom, der das Netz verstopfte, wie einst die grüne „Energieexpertin“ Katrin Göring-Eckardt meinte, sondern wohl der Solarstrom. Dies vermutete auch der ehemalige Hamburger Umweltsenator und spätere Energiemanager sowie Buchautor Prof. Dr. Fritz Vahrenholt. Auch die letzten Aussagen des spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica deuten in diese Richtung, dass das Problem bei den Erneuerbaren lag. Demnach wurde die Instabilität des Netzes, die dann zur Abschaltung führte, durch zwei „events“ aus dem Bereich der Erneuerbaren ausgelöst. Das Unternehmen hatte bereits im Februar vor extrem instabilen Bedingungen im Bereich der Erneuerbaren gewarnt. Geschehen ist offenbar nicht viel. Der Autor Michael Shellenberger setzte dem in einem X-Post noch die Krone auf, indem er darauf hinwies, dass durch die berüchtigten Kaskadeneffekte offenbar das gesamte europäische Stromnetz nur um Haaresbreite einem Blackout entgangen war.
„Schwarzstartfähigkeit“Da es nach einem Blackout auch irgendwie weitergehen muss, lernen wir Laien heute ein neues Wort: Schwarzstartfähigkeit. Diese bezeichnet die Fähigkeit eines Kraftwerks oder eines Teils des Stromnetzes, nach einem vollständigen Stromausfall (Blackout) ohne externe Stromversorgung wieder hochzufahren und das Netz schrittweise wieder aufzubauen. Dies ist ein kritischer Bestandteil der Netzsicherheit, da ein Blackout das gesamte Stromnetz lahmlegen kann, sodass keine externe Stromquelle verfügbar ist, um Kraftwerke zu starten. Schwarzstartfähige Kraftwerke verfügen über eigene Energiequellen, wie Batterien, Dieselgeneratoren oder kleine Hilfskraftwerke, um ihre Systeme zu starten, ohne auf das Stromnetz angewiesen zu sein. Typischerweise sind dies Gaskraftwerke, Wasserkraftwerke oder Kohlekraftwerke, da diese schnell und zuverlässig hochfahren können. Stand 2020 sind in Deutschland ganze 26 der prinzipiell dazu fähigen 174 schwarzstartfähigen Anlagen tatsächlich für einen solchen Wiederaufbau des Stromnetzes vorgesehen. Das wiederum ist aufgrund der notwendigen Synchronisierung ein derart diffiziler Prozess, dass es dafür eigener Pläne und Übungen bedarf. In Spanien wurde die Wiederinbetriebnahme des Netzes übrigens durch eine Kombination aus Wasser- und Pumpspeicher- und Gas-Kraftwerken einerseits sowie französischen Stromimporten (mutmaßlich Kernkraft) andererseits gewährleistet. In der deutschen Presse war zwar zu lesen, dass dabei auch die Erneuerbaren eine Rolle gespielt hätten, eine Bestätigung dafür fanden wir aber nicht. Zumindest eines steht fest: Je tiefer man in die Materie eintaucht – und wir haben hier allenfalls an der Oberfläche gekratzt –, desto sicherer sind wir uns, dass der Strom eben nicht einfach aus der Steckdose kommt.
Ebenfalls interessant waren erste Erfahrungsberichte aus dem Blackout-Gebieten, die sich auf x.com verbreiteten. So wurde berichtet, dass es schon wenige Minuten nach dem Ereignis zu Hamsterkäufen kam und ein Teil der Menschen regelrecht von Panik ergriffen war. Die von der Politik favorisierten bargeldlosen Bezahlsysteme erwiesen sich als Totalausfall. Nach dem Bericht eines Bitcoin-Anhängers soll es sogar mit Bargeld zu Problemen gekommen sein. Wer etwas unbedingt kaufen wollte, musste demnach auch schon einmal auf Wechselgeld verzichten, weshalb es sich in jedem Fall empfiehlt für derartige Notfälle kleinere Stückelungen vorrätig zu haben. Wir sind sicher, dass sich in den nächsten Tagen und Wochen noch weitere Lehren aus dem großflächigen Blackout ziehen lassen, was dann zu einer Erhöhung der Resilienz führen sollte. Natürlich wären die Betrachtungen nicht vollständig, wenn wir nicht noch einen Blick auf den spanischen Aktienmarkt (vgl. Abb., grün) werfen würden. Der zeigte sich insgesamt völlig unbeeindruckt. Selbst die großen Versorger Endesa (WKN: 871028, blau) und Iberdrola (WKN: A0M46B, gelb) zuckten kaum. Lediglich die Muttergesellschaft des Netzbetreibers Redeia (WKN: A2ANA3, rot) gab etwas deutlicher nach.
Ziemlich „schwarz“Ebenfalls ziemlich „schwarz“ geht es in Deutschland weiter. Zumindest von Seiten der CDU/CSU stehen die Minister fest und dabei gab es die eine oder andere Überraschung. Insgesamt scheint das Kabinett zumindest von Seiten der Union doch etwas konservativer aufgestellt zu sein als es erste Verlautbarungen über den Stand der Koalitionsverhandlungen mit der SPD vermuten ließen. Der Publizist Wolfram Weimer ist beispielsweise ein wortstarker Verfechter marktwirtschaftlicher Ideen und eines konservativen Gesellschaftsbildes. Er verkörpert damit klassische CDU-Positionen aus der Vor-Merkel-Zeit und soll Kulturstaatsminister werden. Damit wäre er Nachfolger von Claudia Roth (GRÜNE), ein Gegensatz, der kaum größer sein könnte. Wie es mit den neuen Ministern im Einzelnen aussieht das erfahren Sie im kommenden Smart Investor 6/2025. Dort werden wir die wichtigsten Personalien genauer unter die Lupe nehmen, insbesondere den Werdegang, aber auch jene Äußerungen, aus denen auf die Haltung und die künftige Regierungstätigkeit geschlossen werden kann.
Smart Investor 5/2025 – auf den Wellen der WillkürVor die Juni-Ausgabe hat der Kalender aber das Mai-Heft gesetzt, das vergangenes Wochenende erschienen ist. Dort haben wir uns intensiver mit dem massiven politischen Input beschäftigt, der die Märkte auch wieder im April durchgeschüttelt hat. Nach der Billionenbazooka, die Friedrich Merz unmittelbar und unerwartet nach seinem Wahlsieg in Anschlag gebracht hatte, setzte das Zoll-Bombardement von US-Präsident Donald Trump ein. Politiker machen eben Politikerdinge und dominieren mit ihren sprunghaften Handlungen derzeit die Märkte. Da wird die Willkür einiger weniger buchstäblich zum neuen Normal – keine leichte Situation für Anleger. Ein weiteres Schwerpunktthema sind Familienunternehmen, die schon so manchen Sturm gemeistert haben, wobei wir uns diesmal auf Heimatadressen in Deutschland und Asien konzentrieren. Ein Familienunternehmen, das in gut einer Generation den Aufstieg zum Weltmarktführer schaffte und die Position seit vielen Jahren verteidigt, ist die Rational AG aus Landsberg am Lech. Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Peter Stadelmann. Dies und vieles mehr im neuen Smart Investor 5/2025.
Nochmals hinweisen wollen wir auch auf die Kolumne von Dani Stüssi von der RealUnit AG aus dem Heft 4/2025, in welcher er das Wesen des Kapitalschutzes vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse behandelt: https://www.smartinvestor.de/2025/03/27/us-schutzschirm-gefallen/
Damoklesschwert für die BörsenNach unserem kleinen Werbeblock kommen wir zum Marktgeschehen. Der Zollschock von Anfang April wirbelte die Märkte kräftig durcheinander, dank der Teilaussetzung der angekündigten Maßnahmen für 90 Tage setzte jedoch eine kräftige Erholungsbewegung ein. Dennoch bleibt das Thema als Damoklesschwert erhalten. Mit dem Heranrücken des Fristablaufs werden die Marktteilnehmer sehen wollen, dass erste „Deals“ eingetütet werden. Nicht alle US-Handelspartner werden dabei so „harte Nüsse“ sein wie die Chinesen. In diesen wichtigsten Außenhandelsbeziehungen wurden die Zölle bekanntlich sogar weiter eskaliert. Eine gesichtswahrende Verhandlungslösung ist in weiter Ferne. Auch wenn die Kursentwicklung auf den ersten Blick an eine eher seltene „V“-Umkehr erinnert, wie wir sie nach dem Corona-Crash gesehen haben, sprechen noch weitere Punkte gegen einen nahtlosen Übergang zur Vor-Zollhammer-Tagesordnung.
Aktuell befinden wir uns inmitten der Quartalsberichtssaison, die bis lang erstaunlich gut verlief. Die Gewinne im S&P konnten um rund +10,1% gesteigert werden, was über den Erwartungen lag. So gesehen scheint der Zollstreit bislang kaum Spuren in den Bilanzen hinterlassen zu haben. Allerdings ist angesichts des Rezessionsgeredes damit zu rechnen, dass es in den Ausblicken noch die eine oder andere negative Überraschung geben könnte. Besonders gefährdet erscheinen uns einige der hochkapitalisierten Tech-Unternehmen, deren Bewertungen sich vor allem aufgrund des bislang erwarteten Wachstums rechtfertigten. Auf eben diesen Perspektiven lastet der nun eingeschlagene Rückwärtsgang bei der Globalisierung. Zudem sind einige der Chartbilder in diesem Bereich angeschlagen, wie dies beispielhaft für Meta Platforms* (WKN: A1JWVX, blau) und NVIDIA* (WKN: 918422, gelb) der Fall ist (vgl. Abb.).
Ein weiteres interessantes Phänomen lässt sich derzeit beobachten. Die Erholungsbewegung betrifft auch Aktien, bei denen die Veröffentlichung der Daten erst noch ansteht. Das ist durchaus problematisch, zeigt es doch, dass hier einiges an Vorschusslorbeeren in den Kursen steckt. Sind die Erwartungen aber hoch, steigt die Gefahr von Enttäuschungen. Dieses Kursverhalten rund um die Quartalszahlen ist ein bekanntes Phänomen, das auch umgekehrt gilt. Fallen die Kurse vor dem Termin, ist schon so manches Negativum eingepreist. Bei Börsenhighflyer Palantir (WKN: A2QA4J) ist dies nicht der Fall. Die analytisch teure Aktie strebt unverdrossen auf ihre alten Allzeithochs zu, obwohl erst in fünf Tagen die Quartalszahlen vorgelegt werden.
Schließlich verschlechtert sich mit Beginn des Mais die Saisonalität. In den Köpfen vieler Anleger steckt die Börsenweisheit „Sell in May …“, die dann die Saure-Gurken-Zeit des Sommers einleitet. Das muss sich zwar nicht in jedem Jahr so materialisieren, ein Gefahrenmoment ist es aber allemal.
Erstaunlich stabil im Vergleich zur NASDAQ zeigt sich unser DAX 40. Jetzt kommt diesem Blue Chip Index zugute, dass dort außer SAP nur wenig Hochtechnologie zu finden ist. Vergleichsweise langweilige Unternehmen wie Allianz oder Telekom sind zu wichtigen Stützen des Marktes geworden. Dennoch: Relative Stärke ist aber nur ein relatives Phänomen. Sollte erneut Ungemach an der Wall Street aufkommen, dann wird dies nach aller Erfahrung bis Deutschland ausstrahlen. So gesehen sollten auch DAX-Anleger immer den Ausgang im Blick behalten, wenn sie sich aktuell engagieren.
Deutsche Dividendentitel: heute TratonDass die deutsche Autoindustrie bedrohlich angeschlagen ist, hat sich längst herumgesprochen. VW musste brandaktuell einen Gewinneinbruch von über 40% eingestehen. Eine der ganz wenigen positiven Ausnahmen aus dem Bereich ist die Traton AG (WKN: TRAT0N). Die eigenständige Holding aus ehemals MAN und Scania ist die Lastwagen-Sparte von Volkswagen. Zwar war der Jahresauftakt auch ähnlich schwach wie in der ganzen Branche, allerdings sehen die Aussichten der Münchner weit positiver aus. So stieg der Auftragseingang der ersten drei Monate um 12% im Jahresvergleich. Weiterer Hoffnungsschimmer besteht in der neuesten Zoll-Anpassung. Trump plant nämlich Ausnahmen für Autohersteller, auch aus Deutschland.
Das noch junge Unternehmen hat es bereits auf die Watchlists von Dividendensammlern geschafft. Zum einen kann sich die Dividendenrendite von knapp 6% mehr als sehen lassen – es werden 1,70 EUR je Aktie ausgeschüttet bei einem aktuellen Kurs von 29,00 EUR. Auch bei der Steigerung der letzten Ausschüttungen gibt es wenig zu kritisieren. Allerdings wird man sich in Sachen Zuverlässigkeit erst in ein paar Jahren ein besseres Bild machen können. Traton zahlt erst seit 2020 eine Dividende und musste wegen Corona gleich im zweiten Jahr eine Kürzung vornehmen. Zudem ist der Nutzfahrzeugbereich ein klassischer Zykliker. Trotzdem gab es nun vier Ausschüttungssteigerungen in Folge. Wer am 19.5. in den Genuss der Jahresdividende kommen möchte, sollte sich die Aktie bis zum Ex-Datum 15.5. ins Depot legen.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie diesmal den zweiten Teil unseres Monatsberichts aus dem Smart Investor 5/2025 und einige aktuelle Ergänzungen. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Der Blackout auf der iberischen Halbinsel hätte das Potenzial gehabt, ein weiterer Tiefschlag für die europäischen Börsen zu werden. So direkt ist das Thema Energiesicherheit schon lange nicht mehr an uns herangerückt. Allerdings quittierte selbst der spanische Aktienmarkt das Ganze mit einem Schulterzucken. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen für die Verfassung der europäischen Märkte.
Ralf Flierl, Ralph Malisch
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