Über Regeln, Statistiken, …

Titelbild: © Uuganbayar – stock.adobe.com

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… Gold und Gazprom

Sinnvolle vs. sinnlose Regeln

Regeln sind dazu da, befolgt zu werden. Das wissen insbesondere Börsianer, die in der Hitze des Gefechts einen zuvor gesetzten Stopp Loss nicht beachten, oder die einen viel zu großen Depotanteil auf eine vermeintlich „sichere Sache“ gesetzt haben. Ist der Schaden erst einmal eingetreten, ist der Jammer groß und man nimmt sich fest vor, dass einem ein derartiger Fehler nicht wieder unterlaufen soll. So viel zu sinnvollen Regeln. Aber es gibt natürlich auch andere, wie beispielsweise die Politik der Corona-Bekämpfung gezeigt hatte und immer wieder aufs Neue zeigt. Da gab es beispielsweise in Bayern die mittlerweile berühmt gewordene Regel, dass man in den Anfangstagen nicht einmal allein auf einer Bank im Freien sitzen durfte – eine Regel, die inzwischen traurige Berühmtheit für die Absurdität mancher Maßnahmen erlangt hat. Aber selbst wenn man heute mit dem Zug von München nach Wien oder gar nach Budapest fährt, unterliegt man in ein und demselben Zug mit denselben Mitreisenden unterschiedlichen Regeln. Kaum hat man auf dem Rückweg die Grenze zu Deutschland wieder überfahren, schon werden Fahrgäste mit dem Befehl „Maske auf!“ angeblafft, was irgendwie an das „Kofferraum auf!“ an der ehemaligen innerdeutschen Grenze erinnert. Den Nachsatz „Wir sind hier in Deutschland!“ hätte sich die, nun ja, Servicekraft durchaus sparen können, denn die Ortsangabe konnte man bereits aus dem Tonfall ableiten.

Geisterfahrer mit Winterreifen

Sinnlose Regeln dürfen also, ja müssen hinterfragt werden. Im Prinzip gilt das sogar für jede Regel, denn in welche Kategorie eine Regel letztlich fällt, kann man a priori nicht immer wissen. Insofern war das Diktum von RKI-Chef Lothar Wieler „Diese Regeln dürfen niemals hinterfragt werden“ zum Auftakt der Maßnahmen vor allem eines – eine öffentliche Bankrotterklärung. Damals wirkte Wieler allerdings noch unter Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der inzwischen zum Energieexperten mutiert ist. Unter dessen Amtsnachfolger Karl Lauterbach (SPD) wurde – im Zusammenwirken mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) – nun der Entwurf eines neuen Infektionsschutzgesetzes publik gemacht, der es in sich hat. Durch die Hintertür würden alle, die nicht „„Frisch“ geimpft/genesen (vor max. 3 Monaten)“ sind, im Zeitraum von Oktober bis Ostern in bestimmten Situationen einer Maskenpflicht unterliegen. Abgeleitet ist der Zeitraum übrigens nicht etwa aus Evidenzen oder dem schnell in den Schubladen verschwundenen Evaluierungsbericht, sondern aus einer plumpen Analogie zur kalendarischen Winterreifenpflicht, die es gar nicht gibt. Unter Lauterbach scheint zu gelten: Griffiges Wording schlägt Grundrechte. Auch der Drei-Monats-Zeitraum ist ebenso über den Daumen gepeilt wie die einzelnen Maßnahmen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass alle, die zwischen Oktober und Ostern durchgängig als „frisch geimpft“ gelten wollen, sich drei weiteren Spritzen unterziehen müssten – Anfang Oktober, Anfang Januar und Anfang April. Insbesondere der 1. April könnte ein beliebter „Impftermin“ werden.

Anreiz oder Ausnahme?

Nach massiven Protesten versucht Lauterbach hier inzwischen zurückzurudern und nachzubessern was in seinem Fall regelmäßig Verschlimmbessern bedeutet. Was ursprünglich als klarer Impfanreiz aus dem Entwurf herauszulesen war, soll nun eine Art Ausnahmetatbestand sein, der im Missbrauchsfalle dann wieder ganz ausgesetzt werden könnte. Klartext: Maskenflicht trotz frischer X-fach-„Impfung“. Nachdem die „frische Impfung“ ein Ablaufdatum hat, es also zu einem beständigen Abfluss „frisch Geimpfter“ aus der Statistik käme, dürfte es beim Ausweis der sogenannten Impfquote bei der alten Zählung der empfangenen Spritzen bleiben. Schließlich soll ja ein Erfolg der Kampagne ausgewiesen werden. Wie bisher würde der Status „vollimmunisiert“ dann willkürlich mit einer bestimmten Anzahl an Spritzen festgelegt und kann auch ebenso willkürlich wieder entzogen werden. Die neueste menschenverachtende Schnapsidee sind Farbcodierungen in der sogenannten Corona-App. Demnach soll es künftig ein Feintuning der Gängelung mit Ampelfarben nach dem Status frisch/alt/nicht geimpft/genesen geben – eine „Idee“, die direkt von der kommunistischen Diktatur in China abgekupfert zu sein scheint.

Auf die Währung kommt es an

Wenden wir uns etwas Erfreulicherem zu: Mit einer gewissen Häme wurde in einigen Mainstream-Medien der Niedergang des Goldpreises verfolgt, dessen Kursentwicklung das Versprechen, ein Schutz gegen Inflation und Krieg zu sein, offensichtlich nicht einlösen konnte. Natürlich war der Kursverlauf enttäuschend. Nachdem es zuletzt aber wieder stiller um das gelbe Metall geworden war, konnte man sich fast sicher sein, dass das Gold nicht weiter gefallen war. Tatsächlich ist es sogar wieder etwas deutlicher angestiegen. Es ist ein bisschen wie in dem Sherlock-Holmes-Roman „Der Hund von Baskerville“: Um auf die richtige Spur zu kommen, ist nicht immer das lauthalse Bellen entscheidend, sondern oft genug, dass eben dieses Bellen fehlt. Das gilt besonders im Zusammenhang mit Massenmedien und den dort vorherrschenden Narrativen.
Zudem sehen Sie in der Abb. zwei Charts. Neben Gold in USD (rote Linie) ist dort auch Gold in EUR (blaue Linie) abgetragen. Zwar ist die Darstellung in US-Dollar die weltweit übliche, für Anleger des Euroraums ist jedoch die Darstellung in Euro die relevante. Während Gold gegenüber dem US-Dollar in einem Abwärtstrend verläuft, sieht es gegenüber dem Euro eher nach einer ausgedehnten Konsolidierung nach einem impulshaften Anstieg aus. Der Unterschied zwischen beiden Kurven fällt auch deshalb so groß aus, weil Gold und US-Dollar an den Märkten üblicherweise als Gegenspieler wahrgenommen werden. Es war die Flucht in den US-Dollar, die den Goldanlegern die Performance verhagelte. Das scheint sich aber nun langsam wieder zu ändern. Ein wenig paradox klingt es allerdings dennoch, dass Goldanleger des Euroraums eher dann Rückenwind am Goldmarkt haben, wenn die Heimatwährung nicht allzu schwach gegen den US-Dollar tendiert.

Gazprom – ein weiterer Weg?

Eine Fortsetzungsgeschichte, die bislang noch kein Happy End gefunden hat, ist die Frage nach einem Umtausch der Gazprom-ADRs. Wir sind hier weiter am Ball, auch wenn es bislang keine neuen Newsletter der SdK zum Thema gibt. Unser freier Redakteur Thomas Steinhauser hat gestern von einer Möglichkeit berichtet, wie man wohl relativ einfach das Thema eines Umtauschs angehen könnte. Da die Zeit einerseits drängt und wir diesen Weg andererseits in der Kürze der Zeit nicht überprüfen konnten, geben wir die Erkenntnisse von Herrn Steinhauser, der selbst Betroffener ist, hier ohne jegliche Gewähr wieder:

„Wie den meisten Inhabern von russischen ADR/GDRs inzwischen bekannt ist, soll das ADR/GDR Programm eingestellt werden. Es ist zu befürchten, dass die Papiere von den Emittenten „gekündigt“ und zu Preisen weit unter ihrem inneren Wert zwangsliquidiert werden. Als Alternative stand bisher im Raum, die ADRs auf das Konto einer russischen Bank zu übertragen und in Originalaktien umzutauschen. Dies erwies sich aber gerade für Privatanleger als unpraktikabel da bspw. die Gazprombank verlangt, dass sich der Kunde in einem Büro in Moskau persönlich vorstellt und legitimiert. Ein Broker, der den Umtausch bewerkstelligen kann und dessen Registrierungsverfahren deutlich einfacher ist, ist die kasachische Freedom Finance. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Europa und ist an der NASDAQ notiert (Kürzel: FRHC). Unter https://de.freedom24.com/ kann man in ca. einer halben Stunde ein Depot eröffnen und wird umgehend freigeschaltet. Es gibt keine Grundgebühr, Neukunden bekommen eine zufällige Aktie gratis eingebucht. Der Übertrag meiner russischen ADRs von Flatex hat etwa 5 Tage gedauert. Wenn die Aktien eingebucht sind, kann man die Umwandlung automatisch beantragen.
Dieser Prozess läuft bei meinen eigenen Aktien gerade. Die Frist zum Umtausch läuft am 15.8. ab, sie wurde jedoch schon einmal verlängert, und es ist denkbar, dass kurzfristig weiterer Aufschub gewährt wird. Der Broker verlangt für den Umtausch 3% des derzeitigen Kurswertes in Moskau als Gebühr. Diese Gebühr soll nach erfolgreichem Umtausch erhoben werden. Aktien von Unternehmen, die aktuell unter Sanktionen stehen (z.B. Sberbank) können nicht übertragen werden. Die Unternehmen aus dem Energie- und Agrarbereich sind jedoch von den Sanktionen nicht betroffen.“

Soweit die Ausführungen von Thomas Steinhauser. Ansonsten dürfen wir in der Sache noch einmal auf unseren Newsletter aus der letzten Woche verweisen, in dem das Thema ausführlich behandelt wurde.


Zu den Märkten

Praktisch unverändert ist der DAX zur Vorwoche. Auch an den Rahmenbedingungen hat sich nur wenig verändert. Der Index verläuft weiter unterhalb der fallenden 200-Tage-Linie, ist also aus diesem Blickwinkel in einem langfristigen Abwärtstrend. In den kürzeren Zeitfenstern sieht es besser aus, allerdings ist nach wie vor offen, ob es sich dabei um eine Korrektur im Abwärtstrend oder um einen neuen Aufwärtstrend handelt. Ziemlich robust reagierten die Märkte auf den Pelosi-Besuch in Taiwan, der zum erwarteten Säbelrasseln der Volksrepublik China führte. Warum hier bei einem weiteren Konfliktherd Öl ins Feuer gegossen wird, ganz so als ob es aktuell nicht bereits genügend Baustellen in Geopolitik und Weltwirtschaft gäbe, bleibt das Geheimnis von Nancy Pelosi und der Handvoll deutscher Bundestagsabgeordneter, die bereits angekündigt haben, ihrem Beispiel folgen zu wollen. Vor dem Hintergrund einer zusätzlichen Verspannung der deutsch-chinesischen Beziehungen, immerhin wichtigster Handelspartner der Bundesrepublik, war die Marktreaktion tatsächlich äußerst gelassen bis robust. Rein technisch fehlt es dem Markt allerdings weiter an einem markanten Sell-off und auch die Umsatztätigkeit während des jüngsten Aufschwungs lässt wenig Begeisterung erkennen.


Veranstaltungskalender im September

Bereits in gut drei Wochen, am 3. September 2022, findet die Metallorum-Roadshow – Wissen sichert Vermögen in der Inselhalle Lindau statt. Unter der Überschrift „Droht der Finanzkollaps?“ erwarten Sie nicht nur spannende Vorträge von Experten wie Bestseller-Autor Ernst Wolff, Sie haben dort auch die Gelegenheit, sich direkt mit den Experten im Rahmen der ganztägigen Veranstaltung auszutauschen. Nähere Informationen finden Sie hier.

Ebenfalls im September, genauer gesagt am 13.9., findet bereits zum 19. Mal das SRC Forum Financials & Real Estate 2022 in Frankfurt am Main statt. Auch dieses Jahr wird sich eine Vielzahl namhafter Unternehmen des Immobilien- und Private Equity Bereichs aus dem deutschen Sprachraum präsentieren. Nähere Informationen finden Sie auf der Website des Veranstalters.

Im Oktober geht es dann mit drei weiteren hochinteressanten Formaten weiter, über die wir Sie in den nächsten Newslettern noch ausführlich informieren werden.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio berichten wir heute über unsere Käufe und über die Entwicklung in unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Leider muss sich Deutschland wohl erneut auf einen harten Corona-Maßnahmen-Herbst bzw. -Winter einstimmen. Das Land wird in der Sache mehr und mehr zum Solitär in Europa – oder weniger freundlich formuliert – zum Geisterfahrer.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

Smart Investor 08/2022:

Titelstory: Deutschlands Niedergang

Growth: Wachstumssektor vor Comeback?

Infrastruktur: Risikoarme Investments mit Rendite

Wasserstoff: Technologie mit guten Aussichten

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Die Charts wurden erstellt mit Guidants und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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