Goodbye 2023!

Titelbild: © lucid_dream – stock.adobe.com

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Das Börsenjahr in Zahlen

Überdurchschnittliches Aktienjahr

So richtig beurteilen kann man ein Jahr erst, nachdem es vorüber ist, oft genug auch erst mit etwas Abstand. Zwar sind von 2023 noch ein paar (Handels)Tage übrig, ein erstes Fazit kann aber bereits gezogen werden. Für die meisten etablierten Aktienmärkte war es insgesamt ein gutes, ein überdurchschnittliches Jahr. Das ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich. Zum einen ist 2023 weiter durch eine Hochzinspolitik geprägt – eine Politik, welche die Inflation einhegen sowie Wirtschaft und Märkte von der Droge des Null- und Negativzinses entwöhnen sollte. Wie die rasant ansteigende Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland zeigt, ist das nicht ohne Risiken und Kollateralschäden zu bewältigen. Durch die Rückkehr des Zinses wachsen die Schuldenberge nun noch schneller, abzüglich jener Schulden – ein bisschen schwarzer Humor darf sein –, die durch Pleiten verschwinden. Mit solchen Pleiten wachsen auch wieder die Gefahren für Banken, aber das ist ein anderes Thema, das uns im nächsten Jahr wohl noch beschäftigen wird. Was die Märkte zuletzt dennoch beflügelte, war die Hoffnung auf eine Zinswende. Es liegt in der Natur solcher Hoffnungen, dass sie auch enttäuscht werden können. Zum anderen drängen internationale Krisen und das Thema Krieg mit aller Macht zurück auf die Weltbühne. Für die Wirtschaft würde dies das vollständige Verschwinden der „Friedensdividende“ bedeuten, welche den Märkten nach 1989/90 zusätzliche Schubkraft verlieh. Welche Themen das kommende Jahr prägen werden, lesen sie übrigens im grossen „Kapitalmarktausblick 2024“, der Titelstory des brandneuen Smart Investor 1/2024.

Countdown des Börsenjahrs

Wer ging im laufenden Jahr also als erster durchs Ziel? In unserer subjektiven Auswahl befinden sich DAX 40, S&P 500, NASDAQ 100, Gold und Bitcoin. Gemessen haben wir die Wertentwicklung in Euro seit dem letzten Börsentag des Jahres 2022 bis zum gestrigen Schlusskurs (19.12.2023, Charts jeweils in Originalwährung). Ein wenig hinkt der Vergleich dennoch, da – dies ist ein alter Streitpunkt – der DAX als Performanceindex um die Dividendenabschläge bereinigt ist, während die beiden US-Indizes als Kursindizes konstruiert sind. Dafür zeigt sich in S&P 500 und NASDAQ 100 ein positiver Effekt durch Aktienrückkäufe, die jenseits des Atlantiks wesentlich häufiger stattfinden als diesseits. Beginnen wir also unseren Countdown des Jahres 2023.

Platz 5: Gold

Trotz des am 4.12.2023 erzielten, spektakulären Allzeithochs reichte es bei Gold nur für den fünften Platz. Das liegt zum Teil daran, dass die Spitzennotierungen dieses Tages nicht gehalten werden konnten und dem Spike ein kräftiger Einbruch folgte. Für 2023 steht ein Plus von +11,9% auf der Uhr, was immer noch ein sehr ordentliches Goldjahr darstellt. Nicht einmal auf dem Niveau des Allzeithochs wäre allerdings eine bessere Platzierung möglich gewesen. Dazu sind die Abstände zu den Nächstplatzierten einfach zu groß. Mögen Anfang Dezember durchaus auch finstere Mächte im Spiel gewesen sein, die den Preis unmittelbar nach dem Allzeithoch massiv unter Druck brachten, über das Gesamtjahr litt Gold vor allem unter einem steigenden Realzins – als Resultierende aus rückläufiger Inflation und nach oben getriebenem Nominalzins –, der das Halten von Gold unattraktiver macht. Aus Sicht eines Euro-Anlegers ist zudem zu berücksichtigen, dass die Kursentwicklung in US-Dollar, noch immer die Standardnotierung für den Goldpreis, immer etwas dramatischer aussieht als die in Euro. Da sich Gold und US-Dollar häufig gegenläufig entwickeln, sieht man in Euro meist nur einen gedämpften Verlauf. In Zukunft könnte allerdings bei einer weiter ausufernden Verschuldungssituation der USA das Gold als traditioneller Gegenspieler des US-Dollars höchst relevant werden.

Platz 4: DAX

Trotz eines massiven Schlussspurts seit Ende Oktober reichte es für den DAX mit einem Jahresgewinn (Stand: 19.12.23) von +17,7% nur für den vierten Platz. Wäre es in unserem Vergleich nur um die beiden letzten Monate gegangen, hätte der DAX sogar den zweiten Platz erreicht. Man darf also spekulieren, was ausgerechnet den deutschen Leitindex zuletzt derart nach oben getrieben hat. Da die Marktteilnehmer nach vorne blicken, müssen es also mögliche Ereignisse in der Zukunft sein, die hier bereits ihre Schatten vorauswerfen. Hoffnungen auf eine Zinswende beflügeln weltweit, sind also kein Thema, von dem der DAX zusätzlich profitieren dürfte. Die deutsche Wirtschaftslage ist desolat und die Aussichten trüben sich weiter ein. Ein Hochsteuerland, in dem zusätzliche Steuererhöhungen durchgesetzt und weitere Belastungen von Wirtschaft und Bürgern aggressiv gefordert werden, ist so ziemlich genau das Gegenteil von attraktiv. Weitere Verteilungskämpfe sind entbrannt – heute die Bauern und Lokführer, morgen die Genderforscher?! Auch die vielgerühmte deutsche Tarifpartnerschaft, die dem Land über Jahrzehnte rekordtiefe Streiktage beschert hatte, zerbröselt. Von der breiten Bevölkerung zunehmend entfremdet hat sich vor allem eine Regierung, bei der selbst das vom Steuerzahler finanzierte Edelstyling den Charakter als kleine Raupe Nimmersatt nicht länger kaschieren kann. Möglicherweise werden am deutschen Markt im Moment schon Wetten auf einen baldigen Zerfall der Berliner Koalition platziert. Die höchstrichterliche Rüge einer nur noch abenteuerlich zu nennenden Haushaltspolitik könnte rückblickend den Anfang vom Ende der Ampel markiert haben.

Platz 3: S&P 500

Nur knapp vor dem DAX mit einem Plus von +21,5% auf Euro-Basis landete der S&P 500. Der Unterschied zwischen der US-Dollar- und der Euro-Performance beträgt per Saldo gerade einmal -2,5%. Mit dieser Rate hat sich die Noch-Immer-Leitwährung gegenüber dem Euro im Betrachtungszeitraum abgeschwächt. Topperformer waren der Chiphersteller NVIDIA (WKN: 918422) und der Social-Media-Riese Meta Platforms (WKN: A1JWVX) mit Zuwächsen von +233% bzw. +186% auf Euro-Basis. Zu den schlechtesten Performern gehörten ausgerechnet einige jener Aktien, die sich eines geradezu orkanartigen politischen Rückenwindes sicher sein durften: SolarEdge (-65,5%), Moderna (-51,7%) und Pfizer (-46,1%) – vor den letzteren beiden hatten wir übrigens im Smart Investor Magazin ausführlich gewarnt.

Platz 2: NASDAQ 100

Wie sich schon im S&P 500 andeutete, war 2023 auch ein NASDAQ-Jahr. Denn die Starperformer NVIDIA und Meta Platforms sind hier Schwergewichte und machten dem US-Technologieindex mächtig Dampf. Insgesamt verzeichneten sieben der 100 Titel dreistellige prozentuale Kursgewinne auf Euro-Basis. Der Index selbst verbuchte ein sattes Plus von +50,3%. Man könnte hier also schon von Überhitzungserscheinungen sprechen, zumal US-Aktien nach wie vor nicht gerade preiswert sind – im S&P 500 liegt das Shiller-CAPE deutlich über 30, ein historisch sehr hoher Wert. Aus einer solchen Situation wäre unter normalen Umständen ein Kursrückgang wahrscheinlich. Allerdings, und hier schließt sich der Kreis zu den Zinshoffnungen, stehen wir mutmaßlich am Beginn eines Zinssenkungszyklus, was den Aktien Unterstützung bieten könnte. Sollte im Zuge von Zinssenkungen die Inflation erneut aufflackern, was insbesondere auch vor dem Hintergrund der inflationstreibenden Wirkung des Krieges möglich ist, dürfte sogar noch einmal eine regelrechte Flucht in die Aktien einsetzen. Wie die Chancen auf einen solchen Crack-up-Boom stehen, lesen Sie im neuen Smart Investor 1/2024.

And the winner is …

Falls Sie fleißig mitgezählt haben, wissen Sie bereits, wer der Gewinner des Börsenjahres 2023 ist. Es ist der Bitcoin. Mit einem Plus von sage und schreibe +149,8% auf Euro-Basis ging er unangefochten als Erster durch das Ziel. Wie an dieser Stelle schon öfter geschrieben, ist der Bitcoin weniger ein überzeugendes Zahlungsmittel als ein heißes Spekulationsobjekt. Voraussichtlich am 23. April nächsten Jahres steht hier das vierte sogenannte Halving an. Danach halbiert sich die Rate, mit der frische Bitcoins erzeugt werden, von aktuell 6,25 Bitcoins auf 3,125 Bitcoins pro geschürftem Block. Schon jetzt fiebern die Enthusiasten diesem Datum mit diversen Countdowns im Internet entgegen. Möglicherweise werden da ein paar Vorschusslorbeeren zu viel verteilt. Andererseits wäre der Bitcoin – neben Gold! – in einer heraufziehenden Krise des Fiatgelds wohl auch eines der Vehikel, in denen die Anleger Schutz suchen würden. Mit der Aktie von MicroStrategy* setzen wir im Musterdepot übrigens auf einen NASDAQ-Titel, der aus unserer Sicht eine reine Bitcoin-Spekulation darstellt.

Zu den Märkten

Noch einmal zeigen wir einen Chart des DAX, diesmal soll es aber vor allem um ein Detail gehen. In der letzten Ausgabe haben wir uns mit dem Kursverhalten im nicht kartografierten Gelände frischer Allzeithochs beschäftigt. Zwar ist das Fehlen echter Widerstände ein Pluspunkt, aber auch hier wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die Marktteilnehmer haben zunächst keinen Handlungsdruck, aber sie suchen nach Anhaltspunkten für mögliche Gewinnmitnahmen. Interessanterweise taten sie dies innerhalb der schon vor zwei Wochen von uns markierten rote Zone und sogar fast punktgenau an der durch die drei früheren Allzeithochs gezeichneten Begrenzungslinie.

Das könnte Zufall gewesen sein, was aber auffällt, sind die enormen Umsätze. Schon am Donnerstag, als diese Linie im Sitzungsverlauf kurzzeitig übersprungen wurde, schwollen die Umsätze deutlich an. Es waren Gewinnmitnahmen angesagt. Ein derart hohes Volumen am ersten nennenswerten Abwärtstag nach einem langen Aufwärtstrend dürfte die Anleger nachdenklich machen. Dass die Umsätze am Freitag, bei erneut fallenden Kursen noch weiter zulegten, war auch technisch bedingt. Denn an solchen großen Verfallsterminen, tanzen nicht nur die Hexen („Hexensabbat“), es gibt regelmäßig ein Hauen und Stechen um die Abrechnungskurse diverser Optionen und Futures. Wer weniger an den Tagesereignissen interessiert ist, sondern einfach am Markt insgesamt partizipieren möchte, für den gibt es Exchange Traded Funds (ETFs). Die ETF-Branche dürfte auch dieses Jahr wieder ein Rekordjahr aufstellen. Doch das „Investieren für Faule“ wird dann zum Problem, wenn die Märkte nicht mehr auf breiter Front anziehen. Dann dürfte einmal mehr die Stunde der Stock Picker schlagen.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute einen Jahresrückblick auf unser Musterdepot und ein kurzes Update zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Daneben geht es um einen neuen Kauf, einen aussichtsreichen Rohstoffwert, der mit einem Abschlag von fast 15% gegenüber seinem inneren Wert gehandelt wird. Die große Monatsübersicht inklusive Übersichtstabellen finden Sie in der Ausgabe 50/2023, die in der Vorwoche erschien. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Wir blicken zurück auf ein Jahr, das durch krisenhafte Entwicklungen geprägt war und auf ein Börsenjahr, an dem vieles davon abperlte. Börsentechnisch war es einer der besseren, wenn nicht guten Jahrgänge. Ob und wie sich dieser Widerspruch auflösen wird, werden wir im nächsten Jahr erfahren. Ein paar Ideen haben wir schon, welche Themen dann bestimmend sein werden. Die können sie im „Kapitalmarktausblick 2024“ im neuen Smart Investor 1/2024 lesen.

Für heute wünschen wir unseren Lesern ein Frohes Fest und einen guten Rutsch in ein friedvolles und ertragreiches 2024!

Ralf Flierl, Ralph Malisch

P.S.: Der nächste Smart Investor Weekly erscheint am 10.1.2024.

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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